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       # taz.de -- Bundesliga-Nordderby: Mit Nobodys gegen den Abstieg
       
       > Ein turbulentes Spiel zwischen Bremen und Hannover endet 3:3. Dabei
       > verspielt Werder hinten leichtfertig alles, was es sich vorn mühsam
       > aufbaut.
       
   IMG Bild: Grund zur Zufriedenheit: Bremens Zlatko Junuzovic (r.) jubelt mit Felix Kroos über sein Tor zum 1:1
       
       BREMEN taz | Kein Spiel in der laufenden Bundesliga-Saison stand so lange
       vorher im Fokus der Bremer Öffentlichkeit wie das Heimspiel gegen Hannover
       96. Es wurde erwartet, dass beim kleinen Nordderby erstmals der Beschluss
       der Bremer Bürgerschaft umgesetzt werden würde, Teile der Polizeikosten bei
       Risikospielen der deutschen Fußball-Liga in Rechnung zu stellen. Doch dann
       sorgte ausgerechnet das Zerwürfnis der Hannoveraner Ultras mit 96-Präsident
       Martin Kind dafür, dass der Ernstfall vorerst ausblieb: Die Gäste reisten
       ohne von der Polizei als gewaltbereit eingeschätzte Fans an, und Bremens
       Innensenator verzichtete darauf, das Spiel als Risikospiel auszuweisen.
       
       Die 96-Fans, die an die Weser gekommen waren, verlebten den größten Teil
       des Nachmittags im Hochgefühl, eine taktisch ausgereifte und gut
       organisierte Mannschaft anfeuern – und den Gegner mit Rufen demütigen zu
       können: „2. Liga – Bremen ist dabei.“ Dass nach dem Schlusspfiff keine
       Stadionseite jubelte und die Mannschaften mit Schweigen in die Kabinen
       verabschiedet wurden, lag daran, dass die Werder-Mannschaft nach dem
       2:3-Rückstand ihren letzten Trumpf ausspielten: die Willenskraft. Schon zum
       6. Mal in dieser Saison holten sie nach einem Rückstand noch mindestens
       einen Punkt.
       
       „Zumindest hat man gesehen, dass sie unbedingt wollten“, sagte Hannovers
       Trainer Tayfun Korkut nach dem Spiel und brachte damit unfreiwillig zum
       Ausdruck, dass es dem Bremer Spiel an Qualität fehlt. Entsprechendes gibt
       Werders Coach Viktor Skripnik seit seinem Amtsantritt unverhohlen und
       lapidar zu, wenn er immer wieder feststellt: „Wir haben jede Menge
       Defizite.“ Auch jetzt wusste er als positive Merkmale des Werder-Spiels nur
       „Wille und Herz“ zu nennen.
       
       Und diese Tugenden scheint Skripnik eher jungen Spielern zuzutrauen: Gegen
       Hannover 96 kamen mit Janek Sternberg, Levent Aycicek, Melvyn Lorenzen und
       Davie Selke gleich vier Spieler zum Einsatz, die Skripnik noch in der U 23
       unter seinen Fittichen hatte. Gemeinsam kamen sie vor diesem Spiel auf
       gerade mal 20 Bundesliga-Einsätze. Dafür saßen die Routiniers Santiago
       Garcia und Cedric Makiadi auf der Bank, Stürmer Nils Petersen war nicht
       einmal im Kader.
       
       Bereits in der 39. Minute bewies Skripnik, dass er sich selbst noch als
       Suchenden sieht: Er wechselte Sternberg, der auf der linken Abwehrseite
       mehrfach überlaufen worden war, wieder aus und brachte doch noch Garcia. Da
       führte 96 bereits durch Lars Stindl.
       
       In dieser Phase packte Werder die – neben der Willenskraft – zweite Waffe
       aus: Standardsituationen. Wie beim 4:0 gegen den SC Paderborn brachte
       Zlatko Junozovic einen Freistoß kunstvoll über die Mauer ins Tor. Mit
       diesem Erfolgserlebnis im Rücken zeigten die jungen Bremer nun auch ihr
       spielerisches Potenzial. Der Ball lief phasenweise schnell und kontrolliert
       durch die Angriffsreihen und Lorenzen, den vor dem Spiel nicht einmal der
       TV-Experte vom Pay-TV kannte, erzielte in der 55. Minute brillant die
       Bremer Führung.
       
       Wie kurz darauf die Gegentore durch Joselu und Hiroshi Kiyotake fielen, ist
       symptomatisch: Was die Werderaner sich vorn mit viel Einsatz und Aufwand
       aufbauen, machen sie sich hinten durch Schläfrigkeit selbst kaputt. Alle
       drei Tore wären zu verhindern gewesen.
       
       Durch Davie Selkes späten Ausgleich (88.) bleibt Bremen immerhin der letzte
       Tabellenplatz erspart – vorerst: Mit kommenden Gegnern wie Borussia
       Mönchengladbach und Borussia Dortmund könnte Werder aber dennoch
       Weihnachten mit der roten Laterne unterm Baum feiern müssen.
       
       14 Dec 2014
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Ralf Lorenzen
       
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