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       # taz.de -- Brandanschlag in Franken: Die dumme Wut auf „Asylaten“
       
       > Unbekannte zünden in Vorra ein geplantes Flüchtlingsheim an. Bei den
       > Tätern handelt es sich offenbar um Rassisten mit Rechtschreibschwäche.
       
   IMG Bild: Tatort Vorra: Hier brannte die geplante Asylbewerberunterkunft
       
       VORRA taz | Am Bahnhof von Vorra stehen mehr Polizeiwagen als Häuser. Das
       ist nicht schwer, denn so viele Häuser gibt es hier nicht, eigentlich nur
       das heruntergekommene Bahnhofsgebäude und ganz, ganz viele Bäume. Ein paar
       Meter die Straße runter liegt der Sportplatz und dann erst kommen die
       ersten Häuschen, klein mit großem Garten, mehr Deutschlandfahnen als
       Gartenzwerge. Eines dieser Dörfer, die vorbeifahrende Zugreisende vom
       glücklichen Landleben träumen lassen, ohne dass sie so genau wissen, ob es
       ein Wunsch- oder ein Albtraum ist.
       
       Heute ist es eher ein Albtraum. Denn in Vorra hat es gebrannt. In drei
       Häusern, den dreien, die eigentlich eine Flüchtlingsunterkunft werden
       sollten. Brandstiftung, so viel lässt sich inzwischen sagen. Vermutlich
       begangen von Rechtsextremen, darauf weisen die Schmierereien an einem der
       Gebäude hin.
       
       23 Brandanschläge auf Flüchtlingsunterkünfte habe es in diesem Jahr
       deutschlandweit gegeben, sagt die Amadeu-Antonio-Stiftung. Klare Beweise
       für rechtsextreme Hintergründe gab es in den meisten Fällen aber nicht:
       Normalerweise hinterließen die Täter keine Parolen – anders als in Vorra.
       
       Dabei hatte es ausgerechnet hier keine Proteste gegen die geplante
       Flüchtlingsunterkunft gegeben, im Gegenteil: Wöchentlich traf sich ein
       Willkommensbündnis. Man habe sich gefreut auf die neuen Einwohner, sagt
       Landrat Armin Kroder von den Freien Wählern. Und auch die Vorbeikommenden
       beteuern alle, es gebe keinerlei ausländerfeindlichen Tendenzen in Vorra.
       „Alle waren froh, dass die kommen“, sagt eine ältere Frau mit kurzen grauen
       Haaren, die seit Jahrzehnten in Vorra lebt. „Das Haus stand 15 Jahre leer.
       Wir haben uns gefreut, dass da jetzt endlich was mit passiert.“
       
       ## Der Schaden liegt bei etwa 700.000 Euro
       
       Vor dem Tatort trifft am Vormittag der bayerische Innenminister Joachim
       Herrmann ein. „Eine schändliche Tat“ sei das, was hier passiert ist, sagt
       Herrmann in die Kameras und erzählt dann, dass er gerade von der
       Innenministerkonferenz komme. Da habe man auch über Asyl gesprochen – und
       über die islamfeindlichen Demonstrationen von Pegida in Dresden. Solche
       Proteste und die Brandstiftung von Vorra dürfe man nicht in einen Topf
       werfen, betont er emsig.
       
       Herrmann steht direkt vor dem Gasthof zur Goldenen Krone, eines der Häuser,
       in denen die Brandanschläge verübt wurden. Im Dach klafft ein großes Loch,
       da, wo die Flammen herausgeschlagen sind. Den Fenstern darunter fehlen die
       Scheiben. Das zweite Haus steht direkt dahinter, auch hier fehlen die
       Scheiben, durch die geöffnete Tür kann man Feuerwehrmänner mit weißen
       Ganzkörperoveralls und Gasmasken im Gang hantieren sehen. Die Wände sind
       schwarz. Auf das kleine Vorhaus hat jemand mit roter Farbe zwei große
       Hakenkreuze geschmiert und dazwischen den fehlerhaften Schriftzug „Kein
       Asylat in Vorra“. Die Häuser waren alle frisch renoviert, jetzt sind sie
       unbewohnbar. Der entstandene Schaden liegt bei etwa 700.000 Euro.
       
       Auf den Straßen Vorras weiß jeder, was am Donnerstag passiert ist. Im
       Gasthaus des Ortes ist der Anschlag Thema Nummer eins, an der Straße stehen
       die Passanten und diskutieren. Alle sind schockiert, kein Einziger habe
       etwas gegen die geplante Unterkunft gehabt. Dass der oder die Täter aus dem
       Dorf kommen könnten, glaubt hier niemand. Wie geht es jetzt weiter? Da sind
       sich an diesem Vormittag alle einig: Vorra soll trotzdem eine
       Flüchtlingsunterkunft bekommen. Um den ganzen Leerstand im Dorf wäre es
       sonst schließlich zu schade.
       
       12 Dec 2014
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Laura Meschede
       
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