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       # taz.de -- Skandinavische Fluggesellschaft: Extremisten bestimmen Lektüre
       
       > Den norwegischen Rechtspopulisten passte ein Artikel in der Kundenzeitung
       > der Fluggesellschaft SAS nicht. Die zog gehorsam die ganze Auflage
       > zurück.
       
   IMG Bild: Wer hier mitfliegt, bekommt derzeit nichts zu lesen.
       
       Wer einen Link zur aktuellen pdf-Ausgabe von [1][Scandinavian Traveler]
       anklickt, erhält als Antwort „The requested page could not be found“.
       Mitten auf der Eingangsseite des Internetauftritts dieser Kundenzeitschrift
       der skandinavischen Fluggesellschaft SAS klafft eine auffallende Lücke. Bis
       vergangenen Freitag konnte man hier noch einen Hinweis zu einem Text zur
       historischen Entwicklung nationalistischer Parteien finden.
       
       Ebenfalls seit Freitag lässt SAS in Flugzeugen, Flughäfen und Hotels alle
       Nummern der Weihnachtsausgabe von Scandinavian Traveler einsammeln. Bis zum
       Erscheinen der ersten Nummer des neuen Jahres müssen die 1,4 Millionen
       LeserInnen auf diese Lektüre „for the modern traveler from Scandinavian
       Airlines“ verzichten.
       
       Das haben sie der „Fortschrittspartei“ zu verdanken. Norwegens
       rechtspopulistisch-ausländerfeindlicher Partei, die seit einem Jahr in Oslo
       mitregiert, hat nämlich ein Artikel nicht gepasst, der die geschichtlichen
       Wurzeln der rechtsextremen Parteien in den nordischen Ländern darstellt.
       Also Schwedens „Schwedendemokraten“, Finnlands „Wahren Finnen“, der
       „Dänischen Volkspartei“ und eben auch Norwegens „Fortschrittspartei“ (FRP).
       
       Konkret nahm Letztere daran Anstoß, dass in diesem Text, der eine Zeitlinie
       vom Mussolini-Faschismus bis zum Erfolg der „Schwedendemokraten“ bei den
       Wahlen im September zieht, auch Vidkun Quisling, Hitlers Statthalter in
       Norwegen, erwähnt wurde und im Printlayout auf gegenüberliegenden Seiten
       jeweils Fotos von Quisling und dem ehemaligen FRP-Vorsitzenden Carl I.
       Hagen platziert worden waren.
       
       „Keine Worte“ konnte FRP-Vizevorsitzender Per Sandberg „über das
       Abscheuliche, dass die SAS-Verantwortlichen so etwas veröffentlichen“,
       finden. Der Parteischarfmacher Carl I. Hagen – dem islamophobe Sprüche wie
       „Nicht alle Muslime sind Terroristen, aber alle Terroristen sind Muslime“
       nach den Terrortaten des Ex-FRP-Mitglieds Anders Behring Breivik böse auf
       die Zehen gefallen waren – meldete sich gleich mit Drohungen zu Wort: Wie
       könne ein Unternehmen, das tief der ökonomischen Krise stecke und dringend
       neues Eigenkapital brauche, es wagen, die FRP mit Quisling und Faschisten
       in eine Reihe zu stellen?
       
       ## Norwegens Finanzminister hat Mitspracherecht
       
       Dazu muss man wissen, dass SAS zur Hälfte im Eigentum der skandinavischen
       Staaten steht und Norwegens Finanzministerin ein entscheidendes
       Mitspracherecht über deren Wohl und Wehe hat. Sie heißt Siv Jensen und ist
       Vorsitzende der „Fortschrittspartei“.
       
       Bei SAS tat man sofort wie von der FRP gefordert und zog die Ausgabe ein.
       Recht allgemein mit „Reaktionen“ begründet SAS-Informationschef Tormod
       Sandstø den Beschluss: Man habe ihn gefasst, weil der Text „zu
       generalisierend und zusammen mit der Bildlösung zu unnuanciert“ gewesen
       sei.
       
       Was der Artikelverfasser Per Svensson, Ex-Kulturchef des Stockholmer
       Expressen, nicht versteht: Es sei da nämlich keine Gleichstellung von
       Quisling mit der FRP herauszulesen. Im Gegenteil stelle er dar, dass es
       rechtsextreme Parteien mit Wurzeln im Nazismus gebe – wie die
       „Schwedendemokraten“ – und andere, die Antisteuer-Protestbewegungen
       entsprungen seien, wie eben die FRP.
       
       Allerdings verweise er auch auf Gemeinsamkeiten wie Fremdenfeindlichkeit
       und Islamophobie. Svensson hält es „für absolut abenteuerlich“, dass ein
       Konzern wie SAS sich dem Zensurdruck einer einzigen norwegischen
       Regierungspartei beugt: „Das ist extrem unbehaglich. Was passiert mit der
       Meinungsfreiheit, wenn die noch mächtiger werden?“
       
       11 Dec 2014
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] http://www.scandinaviantraveler.com/
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Reinhard Wolff
       
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