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       # taz.de -- Aktivistin über Atommüll-Geschäft: „Die Transporte waren rechtswidrig“
       
       > Die Firma Urenco hat Atommüll nach Russland exportiert. Die Aktivistin
       > Olga Podosenova will die Firma zwingen, das exportierte Uranhexafluorid
       > zurückzubringen.
       
   IMG Bild: Olga Podosenova bei einer Demonstration vor der deutschen Atomanreicherungs-Anlage.
       
       taz: Frau Podosenova, Sie fordern die Staatsanwaltschaft Münster auf, ihre
       strafrechtlichen Ermittlungen gegen die Gronauer Firma Urenco
       wiederaufzunehmen. Warum? 
       
       Olga Podosenova: Urenco hat zwischen 1996 und 2009 insgesamt 27.000 Tonnen
       Atommüll, abgereichertes Uran, nach Russland exportiert. Da Atommüllexporte
       nach deutschem Recht verboten sind, habe ich Strafanzeige gegen Urenco
       gestellt. Einer der Bestimmungsorte dieses Mülls war die Stadt Nowouralsk,
       die von meiner Heimatstadt Jekaterinburg gerade einmal 80 Kilometer
       entfernt ist.
       
       Die Transporte aus Gronau sind 2009 doch eingestellt worden. 
       
       Das ist dem gemeinsamen Kampf deutscher und russischer Atomkraftgegner zu
       verdanken. Doch der Müll bleibt. In Nowouralsk liegen Dutzende oder
       Tausende von Tonnen dieses gefährlichen Atommülls aus Gronau auf Halde.
       Nowouralsk ist eine geschlossene Stadt. Auch ich darf sie nicht betreten.
       Deswegen wissen wir nicht, wie viel Atommüll aus Gronau und unter welchen
       Bedingungen er gelagert wird.
       
       Für Urenco und die Bundesregierung ist das nach Russland gelieferte
       Uranhexafluorid kein Atommüll, sondern „Wertstoff“, der sich in Zukunft
       einmal wird nutzen lassen. 
       
       Inzwischen hat ein Umdenken eingesetzt, zumindest bei der Bundesregierung:
       Im Entwurf des „Nationalen Entsorgungsplans“ wird das abgereicherte Uran
       aus Gronau erstmals bei der Planung eines Atommüll-Endlagers
       berücksichtigt. Und wenn Uranhexafluorid Atommüll ist, waren die Transporte
       nach Russland rechtswidrig.
       
       Deswegen muss die Staatsanwaltschaft Münster, die 2007 die Ermittlungen zu
       meiner Strafanzeige gegen Urenco wegen des Verdachts auf illegalen
       Atommüllexport eingestellt hatte, diese wieder neu aufnehmen.
       
       In Gronau haben Sie kürzlich gefordert, die Firma Urenco solle den nach
       Russland gelieferten Atommüll wieder zurücknehmen. 
       
       Ja, Urenco ist zur Rücknahme des exportierten Atommülls verpflichtet.
       Gleichzeitig wollen wir keine weiteren Atomtransporte. Ich erwarte jedoch,
       dass die Urenco Verantwortung zeigt für ihren Atommüll in Russland. Der
       wurde nach Russland als chemisch instabiles und gefährliches
       Uranhexafluorid geliefert. Das wird bei 57 Grad gasförmig und bildet dann
       in Verbindung mit Wasser und Feuchtigkeit die tödliche Flusssäure.
       
       In Gronau hat man Angst vor diesem gefährlichen und instabilen Müll.
       Deswegen wird dort das Uranhexafluorid vor der Lagerung in das chemisch
       ungefährliche Uranoxid umgewandelt. Es ist nicht einzusehen, dass wir unter
       Bedingungen leben müssen, die man der Bevölkerung von Gronau nicht zumuten
       möchte.
       
       Wie stehen die russischen Behörden zu Ihren Aktivitäten? 
       
       Als einzige Umweltorganisation ist Ecodefense vom russischen
       Justizministerium zum „ausländischen Agenten“ erklärt worden. Im September
       wurden wir zu einer Geldstrafe von 300.000 Rubel (rund 5.000 Euro)
       verurteilt, weil wir es versäumt haben sollen, uns selbst in die Liste der
       ausländischen Agenten einzutragen.
       
       Ich fürchte, dass die Geldstrafe auch bei der Berufungsverhandlung am 22.
       Dezember bestätigt wird. Dass wir von den russischen Behörden nicht geliebt
       werden, dürfte vor allem daran liegen, dass wir potenzielle Geldgeber von
       der Sinnlosigkeit von Krediten für das geplante AKW Kaliningrad überzeugen
       konnten.
       
       9 Dec 2014
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Bernhard Clasen
       
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