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       # taz.de -- CDU-Parteitag in Köln: Zerwürfnisse kaschieren
       
       > Nach einem Jahr GroKo wollen viele Mitglieder eine klarere Abgrenzung zur
       > SPD. Ein Knackpunkt bleibt das Verhältnis zur AfD – und eine Wende nach
       > rechts.
       
   IMG Bild: Bleibt wahrscheinlich CDU-Parteivorsitzende: Bundeskanzlerin Angela Merkel
       
       KÖLN taz | Am Dienstag ist Angela Merkel dran. Die Bundeskanzlerin kommt in
       ihrer Eigenschaft als Parteivorsitzende nach Köln. Sie wird sich
       wiederwählen lassen – bereits zum achten Mal. Das Ergebnis wird
       hervorragend sein. Und die Parteitagsstrategen werden dafür sorgen, dass
       alles in propere Bilder gepackt wird – Merkels Wiederwahl, aber auch die
       Wahl des Präsidiums und des Bundesvorstands. Ebenso die Aussprache zum
       Bericht der Vorsitzenden und die Debatte über den Leitantrag.
       
       Von den tiefen Zerwürfnissen in der CDU soll in Köln so wenig wie möglich
       sichtbar werden. Es ist ärgerlich genug, dass die Konfliktlinien überhaupt
       öffentlich geworden sind.
       
       Denn es kracht gerade ordentlich bei der Christlich Demokratischen Union
       Deutschlands. Der 27. Parteitag bietet Gelegenheit, diesen Frust wenigstens
       ein bisschen zu formulieren. Es geht um Posten und Positionen, aber auch um
       die Zukunftsfähigkeit einer alten Partei.
       
       Da ist die Frage, wo nach einem Jahr Große Koalition noch der identitär
       konservative Platz der CDU ist. Der Mindestlohn, die Rente mit 63, jetzt
       auch noch die Mietpreisbremse – Punkt für Punkt hat die Union die
       Großthemen der vergleichsweise kleinen SPD abgenickt. Das sind soziale
       Wohltaten, die vor allem den Jüngeren in der CDU quer im Magen liegen,
       schließlich wird da nach ihrem Verständnis für die Koalitionsräson ihre
       Zukunft verfrühstückt.
       
       ## Jüngere wollen mehr Einfluss
       
       Als Ausgleich fordern die Jungen nun Einfluss und sichtbare Zeichen des
       Umsteuerns. Da wäre zum einen die kalte Progression – eine
       Steuermehrbelastung der Arbeitnehmer, die Wirtschafts- und
       Arbeitnehmerflügel sowie die Junge Union noch in dieser Legislaturperiode
       abschaffen wollen. Zum anderen geht es um Posten. Jens Spahn, der 34 Jahre
       alte Gesundheitsexperte der CDU, tritt bei der Präsidiumswahl nicht nur
       gegen seinen NRW-Parteifreund und Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe,
       53, an – er profiliert sich auch als forsches Sprachrohr der
       Umverteilungskritiker.
       
       Das Signal des Kölner Parteitags werde sein, vom „Verteilen aufs
       Erwirtschaften“ umzuschalten, erklärt Spahn. Eine Große Koalition müsse
       „mehr schaffen als Geld verteilen und den Mindestlohn einführen“.
       
       Klar ist: Die von der Parteizentrale ausgerufene kommode Modernisierung der
       Partei reicht den Jüngeren nicht als Verheißung. Angela Merkels vierzig
       Jahre junger Generalsekretär Peter Tauber hat gerade alle Hände voll zu
       tun, das CDU-Profil zu schärfen und dabei den Laden zusammenzuhalten. Im
       Sommer hat Tauber der bald siebzig Jahre alten Partei eine Verjüngungskur
       verordnet. Die 464.000 Parteimitglieder sind im Schnitt 57,2 Jahre alt, nur
       jedes dritte Mitglied ist eine Frau. Tauber hat deshalb drei Zielgruppen
       definiert: Zuwanderer, Frauen, Junge. Zudem soll die Basis programmatische
       Grundsatzfragen diskutieren dürfen.
       
       Wohl auch, um die neue Mitmachkultur von Sigmar Gabriels SPD aufzugreifen,
       haben die Parteitagsstrategen sich deshalb etwas Neues überlegt: Nach der
       Wahl des Bundesvorstandes wird der Parteitag am Dienstagnachmittag
       unterbrochen und die 1.001 Delegierten werden zum Gespräch gebeten.
       
       ## Gesprächspunkt Mike Mohring
       
       In drei Foren darf dann zu den Themen Nachhaltigkeit, Bürgergesellschaft
       und Zukunft der Arbeit debattiert werden. Und damit auch hingegangen wird,
       hat das Konrad-Adenauer-Haus prominente Diskutanten eingeladen: den
       Historiker Paul Nolte, den ehemaligen Fußballprofi Christoph Metzelder
       sowie den Medizinentertainer Eckart von Hirschhausen. Inwiefern diese drei
       der CDU Rat geben können, steht dahin.
       
       Und dann ist da auch noch die Tagespolitik. Bei den Bundesvorstandswahlen
       tritt unter anderen der Thüringer CDU-Fraktionschef Mike Mohring an.
       [1][Der 43-Jährige hat gerade für ziemlichen Ärger gesorgt]. Laut einem
       Spiegel-Bericht hat er vor der Wahl des neuen Ministerpräsidenten mit der
       rechtslastigen AfD über einen gemeinsamen Kandidaten verhandelt. Dabei soll
       er sich auf eine – nach seinem Verständnis mittelbar gegebene – Zustimmung
       der Parteichefin Angela Merkel berufen haben.
       
       Die Geschichte dürfte im Konrad-Adenauer-Haus für viel Ärger gesorgt haben;
       schließlich hatte Generalsekretär Peter Tauber als Sprachrohr der
       Vorsitzenden mehrfach und auch noch einmal direkt vor der Erfurter
       Ministerpräsidentenwahl klargestellt, dass es mit der AfD keine
       Kooperationen geben darf.
       
       Vor diesem Hintergrund wird Mike Mohrings Wahlergebnis zu werten sein. Vor
       zwei Jahren erhielt der Thüringer mit dem kaum gezügelten Machtwillen 74,5
       Prozent der Stimmen. Wählen ihn nun die Delegierten mit deutlichem
       Stimmenzuwachs in den Bundesvorstand, wäre dies ein Hinweis darauf, wie die
       CDU-Basis es künftig mit der AfD halten möchte. Die Bundespartei hätte nach
       dem Parteitag gleich das nächste Problem.
       
       ## Frage der Orientierung nach rechts
       
       Um entsprechende Diskussionen zu umgehen, muss die Parteiführung sich also
       der Frage stellen, wie weit die Partei sich nach rechts zu orientieren
       bereit ist, um bei den anstehenden Landtagswahlen potenzielle AfD-Wähler
       doch noch von der CDU zu überzeugen. Und da die AfD gern mit den Ängsten
       der Bürger hantiert, geht ein Antrag des Bundesvorstandes in eben diese
       Richtung. Man wolle, heißt es in dem entsprechenden Entwurf, das Eigentum
       der Bürger vor kriminellen Banden und Internetkriminalität schützen, zudem
       den radikalen Islamismus bekämpfen.
       
       Das Papier verspricht eine bessere Ausstattung der Polizei sowie mehr
       Präventionsmaßnahmen gegen Jugendkriminalität. Zudem will man der
       erstarkenden fremdenfeindlichen Hooliganszene entgegentreten.
       
       Und dann ist da ja noch Angela Merkel. Tagesordnungspunkt 8, „Bericht der
       Vorsitzenden der CDU Deutschlands“, gibt ihr die Möglichkeit, das
       AfD-Problem direkt anzusprechen. Der sich anschließende Unterpunkt
       „Aussprache“ könnte dann spannend werden. Jedenfalls in jenem bescheidenen
       Rahmen, den die CDU unter öffentlicher Debattenkultur versteht.
       
       8 Dec 2014
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Vor-der-Ramelow-Wahl-in-Thueringen/!150839/
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Anja Maier
       
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