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       # taz.de -- Investigativjournalist über Überwachung: „Ich beneide Sie“
       
       > Der Brite Duncan Campbell über das, was sich nach Snowdens Enthüllungen
       > politisch getan hat und was ihn frustriert.
       
   IMG Bild: Snowdens Enthüllungen haben viel verändert, aber die Machtstrukturen nicht
       
       taz: Herr Campbell, sie haben schon vor Jahrzehnten die Existenz weltweiter
       Überwachungssysteme enthüllt. Konnte Edward Snowden Sie überhaupt noch
       schocken? 
       
       Duncan Campbell: Wer die Technologie verstand, wusste bereits vor
       Enthüllungen von Snowden, was alles möglich war. Was aber auch mich
       wirklich überraschte, war das tatsächliche Ausmaß der Überwachung. Wir
       konnten ja nicht ernsthaft davon ausgehen, dass sich die massenhafte
       Überwachung durch westliche Geheimdienste mehr oder weniger gegen alle
       Menschen richtet. Das ist ein Schock, ein ernster.
       
       Was hat sich seit den Snowden-Enthüllungen politisch getan? 
       
       Snowdens Name wird auf Jahrzehnte damit verbunden bleiben, ein neues
       gesellschaftliches Bewusstsein erzeugt zu haben. Welche politischen und
       rechtlichen Veränderungen damit einhergehen, lässt sich nicht abschließend
       sagen. Es sieht ja eher so aus, als gebe es enttäuschend wenige
       Konsequenzen. Für mich als Briten ist das besonders frustrierend.
       
       Wieso? 
       
       Wir haben die internationalen Menschenrechtskonventionen mit
       hervorgebracht, und heute versucht Großbritannien, sich davon abzuwenden.
       
       Wir sehen aber andererseits auch, dass staatsferne Institutionen wie
       Wikileaks große Macht entfalten können. Hat das nicht wirklich eine neue
       Qualität? 
       
       Ja, einerseits. Was sich dennoch nicht verändert hat, sind die
       grundlegenden Machtstrukturen. Der Einfluss der Finanzbranche auf die
       politische Sphäre ist nach wie vor ungebrochen. Das Gleiche gilt für die
       Architektur der globalen Geheimdienstzusammenarbeit. Es gibt zwischen
       Dutzenden westlichen Nachrichtendiensten Kooperationsverträge auf
       operativer Ebene, die ganz pragmatisch die Institutionen der
       repräsentativen Demokratien unterlaufen. Wir haben etwa in Großbritannien
       ein großes Problem, diese staatliche verfassungsrechtliche Kontrolle
       überhaupt herzustellen. In Deutschland haben Sie ja Glück gehabt.
       
       Wie meinen Sie das? 
       
       Es ist ja leider eine der Lehren aus der Geschichte, dass sich die großen
       Bewegungen, die sich gegen Unterdrückung zur Wehr gesetzt haben, oft erst
       aus echtem Leid entstanden sind. Die Erfahrungen mit dem Naziregime und der
       Stasi haben in Deutschland immerhin die Tradition begründet, gegenüber
       Überwachung äußerst skeptisch zu sein. Die Generation meiner Eltern hat im
       Zweiten Weltkrieg gegen Deutschland gekämpft. Heute ist die Bevölkerung,
       zumindest in dieser Hinsicht, in Deutschland weiter als in Großbritannien.
       Ich beneide Sie da.
       
       7 Dec 2014
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Martin Kaul
       
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