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       # taz.de -- Bankenverbandschef über Negativzinsen: „Vermögen der Sparer schmilzt“
       
       > Die Deutschen haben Angst vor Negativzinsen. Das sei unbegründet, sagt
       > Bankenverbandschef Michael Kemmer. Die Rücklagen schrumpfen dennoch.
       
   IMG Bild: Ein Bankschließfach ist womöglich besser als ein Sparkonto.
       
       taz: Herr Kemmer, haben Sie auch schon einen Tresor? 
       
       Michael Kemmer: Nein. Aber es stimmt: Bei einigen Banken werden die Tresore
       knapp, sodass die Preise für Schließfächer hier und da steigen.
       
       Viele Sparer haben Angst, dass demnächst „Guthabengebühren“ oder
       Negativzinsen bei Bankeinlagen anfallen. So kommen manche Sparer auf die
       Idee, sich alternativ einen Tresor zuzulegen. Ist diese Sorge übertrieben? 
       
       Absolut. Ich glaube, dass der Wettbewerb zwischen den Banken so stark ist,
       dass es keine Negativzinsen für Privatkunden geben wird.
       
       Aber die Ansagen der Finanzinstitute können sich schnell ändern. Zunächst
       hat die Commerzbank versprochen, sie würde keine Negativzinsen einführen.
       Nur zwei Wochen später müssen erste Firmenkunden doch zahlen. Warum sollte
       es diese Kehrtwende nicht auch bei Privatkunden geben? 
       
       Wie gesagt: Ich glaube, dass keine Negativzinsen für Privatkunden kommen
       werden. Eben wegen des Wettbewerbes zwischen den Banken.
       
       Wenn der Wettbewerb zwischen den Banken so groß ist: Warum werden
       Großkunden trotzdem mit Negativzinsen belastet? 
       
       Die Europäische Zentralbank erhebt ebenfalls Negativzinsen von 0,2 Prozent,
       wenn Banken dort Geld parken wollen. Diese Kosten reichen jetzt einige
       Banken an die Großkunden weiter, die zum Teil Milliarden auf den Konten
       liegen haben.
       
       Die Europäische Zentralbank hat derartige Negativzinsen aber schon im Juni
       eingeführt. Warum taucht dieses Thema erst jetzt auf – kurz vor Jahresende? 
       
       Das Jahresende könnte das Problem verstärken, weil der 31. Dezember für
       viele Unternehmen der Bilanzstichtag ist. Deswegen wollen die Firmen genau
       an diesem Tag besonders gesund aussehen – indem sie hohe Bargeldreserven
       ausweisen. Dieses Geld tragen sie dann zu ihrer Bank.
       
       Warum nehmen die Banken das Geld nicht einfach für ein paar Tage? 
       
       Für die Banken ist der 31. Dezember ebenfalls Bilanzstichtag. Die
       Bilanzsumme entscheidet aber, wie viel Eigenkapital man vorhalten muss und
       wie hoch bestimmte Kosten sind. Also sind die Banken nicht unbedingt daran
       interessiert, dass die Firmen sie ausgerechnet am Jahresende mit Geld
       fluten – und so die Bilanzsumme der Banken in die Höhe treiben.
       
       Also wird das Thema Negativzins nach dem 31. Dezember sofort wieder
       verschwinden? 
       
       Das weiß ich nicht. Bei diesem Thema kann man nur auf Sicht fahren.
       Allerdings muss man auch sehen: Der Negativzins spielt psychologisch eine
       wichtige Rolle, wird aber faktisch überbewertet. Für die Sparer sind die
       Realzinsen wichtig. Und die sind derzeit sowieso negativ. Ein Beispiel: Die
       Inflation liegt momentan bei 0,8 Prozent. Aber selbst 10-jährige
       Bundesanleihen werfen derzeit nur eine Rendite von 0,7 Prozent ab. Das
       Vermögen der Sparer schmilzt.
       
       5 Dec 2014
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Ulrike Herrmann
       
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