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       # taz.de -- Elite-Kino: "Keine Massenabfertigungen mehr"
       
       > In Hannover eröffnet der Cinemaxx-Gründer am Donnerstag ein Luxuskino.
       > Hans-Joachim Flebbe über die Zweiklassengesellschaft vor der Leinwand.
       
   IMG Bild: Platzbedienung und viel Beinfreiheit: Hans-Joachim Flebbe in seinem neuen Luxuskino in Hannover.
       
       HANNOVER taz | taz: Herr Flebbe, wieso beleben Sie das 2013 geschlossene
       Cinemaxx in Hannover jetzt mit dem Edelkino Astor Grand Cinema wieder? 
       
       Hans-Joachim Flebbe: Mit dem neuen Kino zielen wir auf ein älteres Publikum
       ab, das sich nicht drängeln und keine Schlange stehen will. Statt 3.250
       gibt es nur noch 2.200 Sitzplätze, wegen des großen Reihenabstandes. Man
       kann jetzt die Beine ausstrecken, in den Logen die Füße auf Hocker legen
       und es wird dort auch am Platz serviert.
       
       Dafür gibt es in Hannover ein Publikum? 
       
       Ich glaube ja. Für einen entspannten Abend werden die Leute etwas mehr Geld
       ausgeben. Aber die Besucher werden sich wieder aufteilen. Die jungen Leute
       werden das Multiplex am Raschplatz weiter mögen, weil da auch das Umfeld
       mit den Diskotheken stimmt. Unsere Zielgruppe der über 30-Jährigen erwartet
       ein bisschen mehr Komfort – etwa so wie früher mit der Taschenlampe an den
       Platz gebracht zu werden. Wir werden daher mehr Mitarbeiter haben, als in
       allen anderen Kinos.
       
       Heute geht es Ihnen um aufwendig renovierte und gestaltete Kinos. Karriere
       gemacht haben Sie aber als Gründer und Vorstand der Cinemaxx-Gruppe, der
       Sie heute nicht mehr angehören. Wie passt das zusammen? 
       
       Damals wollten wir zeigen, was das Kino besser konnte als das neu
       aufgekommene Privatfernsehen. Vor den Multiplex-Kinos in den 90er-Jahren
       war die deutsche Kinoszene von Filmkunstkinos geprägt. Das waren diese
       Schachtelkinos mit sehr kleinen Leinwänden. Da gingen immer weniger
       Menschen ins Kino. Durch die Multiplexe ging es in Deutschland wieder
       aufwärts und in den besten Jahren kamen rund 180 Millionen Besucher. Das
       hat sich seit fünf Jahren auf etwa 130 Millionen eingependelt. Eine stabile
       Größe, auf der man aufbauen kann.
       
       Das Kino in der Nikolaistraße in Hannover war 1991 Ihr erstes
       Cinemaxx-Kino. Es war das Muster-Multiplex. Wie sehr hat es Sie geschmerzt,
       da alles rauszureißen? 
       
       Überhaupt nicht. Es war alles ziemlich runtergekommen. Außerdem hat der
       Fußboden im Laufe der Zeit so viel Cola abbekommen, dass man festklebte.
       Nach 20 Jahren ist für ein Kino auch die Zeit gekommen, um renoviert zu
       werden. Lüftung, Heizung, Sanitär, neuer Brandschutz – alles neu. Wir
       investieren fast zehn Millionen Euro. 8,5 Millionen Euro war die Zielgröße,
       aber es wird leider immer etwas mehr.
       
       Laufen Ihre neuen Edelkinos wie die Astor Film Lounge in Berlin oder das
       neue Haus in Hannover auf eine Zwei-Klassen-Kinolandschaft in Sachen
       Eintrittspreis und Altersgruppe hinaus? 
       
       Vorerst sind nur für die Hamburger Hafencity und in zwei weiteren
       Großstädten solche Kinos geplant. Ich habe nichts mehr am Hut mit diesen
       Massenabfertigungen.
       
       Wie teuer wird denn der Luxuskino-Eintritt? 
       
       Der Grundpreis liegt bei zehn und zwölf Euro, mit den üblichen
       Ermäßigungen.
       
       Das liegt dann zwei bis vier Euro über dem aktuellen Durchschnittspreis für
       die Kino-Tickets. 
       
       Und damit noch unter den Preisen in Berlin beispielsweise. Dort ist der
       Eintrittspreis nie ein Problem gewesen.
       
       Sie haben bei Cinemaxx aufgehört und sofort das Astor in Berlin eröffnet.
       Hatten Sie das parallel vorbereitet? 
       
       Im September 2008 bin ich bei Cinemaxx ausgeschieden und im Dezember habe
       ich die Astor Film Lounge aufgemacht. Auch weil Cinemaxx das Kino nicht
       mehr wollte, weil man dich dort vollkommen auf den Multiplex-Bereich
       konzentriert hatte. Ich hatte das vorher schon ein bisschen geplant, klar.
       
       Der Medienkonsum im Internet steigt und Sie machen alte Kinos wieder flott.
       Wie kann das funktionieren? 
       
       Auch wenn das Internet unser größter Konkurrent ist, denke ich, dass ich
       mit der Edelkino-Idee ein Publikum wieder zurückhole, das mit der
       derzeitigen Situation unzufrieden ist. Im Astor in Berlin sagen mir die
       Besucher, dass sie nach 20 Jahren wieder angefangen haben, ins Kino zu
       gehen.
       
       Was hält Sie bei diesem Auf und Ab eigentlich auf Dauer bei Laune und beim
       Kino? 
       
       Ich bin aus Filmleidenschaft als Besucher zum Kino gekommen. Früher habe
       ich die Wochenschauen in Berlin gesehen, als Sophia Loren, Paul Newman oder
       Steve McQueen ihre Filme gezeigt haben. Und jetzt stehe ich selbst am roten
       Teppich und begrüße die Stars. Das ist ein tolles Gefühl. Auch weil ich
       merke, wie gut das Kino ankommt. Und wenn wir keinen Fehler machen, rechnet
       sich das auch in Hannover. Auch wenn in der Nikolaistraße die hohen
       Investitionen schon ein großes Risiko sind.
       
       Sie sind ja als Eigentümer der Immobilie für eine bezahlbare Miete
       verantwortlich. 
       
       In der Innenstadt von Hannover kann kein Kino-Betreiber die
       durchschnittlichen Quadratmeter-Mieten bezahlen. Ich konnte das Haus in der
       vom Zentrum abgelegenen Nikolaistraße wegen des großen Renovierungsstaus
       günstig kaufen und weil ich der einzige Interessent war. So können wir eben
       mehr reinstecken. Ich denke, wir werden auch deswegen Erfolg haben, weil
       Hannover nicht gerade verwöhnt ist, was Kinokultur angeht. Außer natürlich
       durch unsere Kinos.
       
       3 Dec 2014
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Beate Barrein
       
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