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       # taz.de -- Stresstest für Versicherer: Kein Grund zur Panik
       
       > Ein Belastungstest für Versicherungen sorgt für Aufruhr. Dabei zeigen die
       > Ergebnisse: Die Unternehmen halten die Niedrigzinsen noch eine ganze
       > Weile aus.
       
   IMG Bild: An die Kundengelder müssen die Versicherer nicht gehen, sagt Branchenkritiker Alex Kleinlein.
       
       BERLIN taz | Sie klingen alarmierend, aber eigentlich sind die Ergebnisse
       der europäischen Versicherungsaufsicht EIOPA eine gute Nachricht. „Eine
       Fortdauer der gegenwärtigen Niedrigzins-Bedingungen könnte bei einigen
       Versicherern dazu führen, dass sie in acht bis elf Jahren Schwierigkeiten
       bekämen, die Versprechungen gegenüber den Versicherten zu erfüllen“, heißt
       es im Bericht über den Stresstest für Versicherungsgesellschaften.
       
       Verbraucherschützer Axel Kleinlein vom Bund der Versicherten (BdV) findet
       diese Feststellung alles andere als dramatisch: „Die Ergebnisse zeigen,
       dass die Versicherungsbranche einen überraschend langen Zeitraum ohne
       Probleme durchhalten kann.“ Der BdV-Vorsitzende ist einer der versiertesten
       Branchenkritiker.
       
       In dem Stresstest hat EIOPA verschiedene Szenarien durchgespielt, um die
       Widerstandsfähigkeit der Gesellschaften zu prüfen. Zurzeit machen den
       Versicherern die anhaltend niedrigen Zinsen zu schaffen. Dem Test zufolge
       könnten bei unveränderter Lage 24 Prozent der 250 untersuchten europäischen
       Unternehmen die von der Aufsicht verlangten Kapitalanforderungen in acht
       bis elf Jahren nicht mehr erfüllen. Käme ein Absturz der Börsen dazu,
       hätten 44 Prozent ein ernsthaftes Problem. Gemessen am Marktanteil war die
       Hälfte der deutschen Versicherer am Stresstest beteiligt.
       
       Anders als in vielen anderen Ländern gewähren deutsche Versicherer Kunden
       etwa bei privaten Rentenpolicen lebenslange Garantien. Mit diesem
       Geschäftsmodell hat die Branche die private Altersvorsorge gegenüber der
       Politik durchgesetzt. Heute, in Zeiten niedriger Zinsen, will sie weg von
       den lebenslangen Garantien. Für Kunden sind sie aber gut: Wer einen alten
       Vertrag hat, bekommt auf sein angespartes Kapital bis zu vier Prozent
       Zinsen garantiert gutgeschrieben. Die Versicherer haben alte Wertpapiere,
       die so viel abwerfen. Aber wenn sie Geld neu anlegen müssen, wird es
       schwierig, so hohe Zinsen zu erzielen.
       
       Würden Versicherer ins Wanken geraten, hätte das für die private
       Altersvorsorge fatale Auswirkungen. Daher führen auch harmlose Ergebnisse
       von Stresstests regelmäßig zu Alarmmeldungen.
       
       ## Branchenkritiker und Verbände sind sich einig
       
       Die Branche wiegelt ab, denn gelten ihre Policen nicht als sicher, will sie
       keiner mehr. Die EIOPA-Ergebnisse zeigten die solide Kapitalausstattung der
       Versicherer, heißt es beim Gesamtverband der deutschen
       Versicherungswirtschaft. In dieser Frage besteht ungewöhnliche Einigkeit
       zwischen Branchenkritiker Kleinlein und dem Verband. „Die
       Versicherungswirtschaft ist ein stabilisierender Faktor in der Finanzwelt“,
       sagte Kleinlein.
       
       Gleichzeitig kommen der Branche Alarmmeldungen teilweise sogar entgegen.
       Denn sie nutzt die Niedrigzinsen gerne als Vorwand, um Gesetzesänderungen
       zu ihren Gunsten durchzusetzen. Erst im Sommer hat die Große Koalition eine
       Reform der Lebensversicherung beschlossen, die für Verbraucher hohe
       Verluste bedeutet. „Die Ergebnisse des Stresstests zeigen, dass es keine
       Notwendigkeit gegeben hat, an die Kundengelder zu gehen“, sagt Kleinlein.
       
       2 Dec 2014
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Anja Krüger
       
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