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       # taz.de -- Aids-Hilfe in Südafrika: Den Kämpfern fehlt das Geld
       
       > Südafrikas wichtigste Anti-Aids-Lobbygruppe, TAC, steht vor dem Bankrott.
       > Dabei ist die Lage in ländlichen Gebieten immer noch alarmierend.
       
   IMG Bild: Nirgendwo gibt es mehr Infizierte als in Südafrika
       
       JOHANNESBURG taz | Wenn am Welt-Aidstag am 1. Dezember zahlreiche
       Organisationen in Südafrika für eine bessere Vorbeugung gegen die
       HI-Virusinfektion werben, fragt sich Anele Yawa, Generalsekretär der
       Anti-Aids-Lobbygruppe „Treatment Action Campaign (TAC)“, nach dem Sinn der
       Aktionen. „Solche Kampagnen zeigen wenig Wirkung. Das Geld sollte besser
       direkt in die Gemeinden fließen, denn dort gibt es immer noch
       Stigmatisierung, und junge Mädchen zwischen 14 und 25 Jahren stecken sich
       mit dem Virus an.“
       
       Wer hätte noch vor etwa zehn Jahren gedacht, dass TAC den groß angelegten
       Aufklärungskampagnen einmal kritisch gegenüberstehen könnte. Doch
       Südafrikas erfolgreichste Anti-Aids-Lobbygruppe steht vor dem Bankrott.
       Enorme Geldsummen sind nötig, um die wichtige Arbeit der TAC-Mitglieder
       besonders in den armen Gemeinden des Landes voranzutreiben. „Der Kampf
       gegen Aids ist nicht vorbei“, sagt Yawa.
       
       Doch die 1998 gegründete Organisation fürchtet, dass zu wenig Spendengelder
       für das Haushaltsjahr 2015 eingehen werden: „Wir haben erst 6 Prozent
       unseres 36 Millionen Rand (2,6 Millionen Euro) umfassenden Budgets
       gesichert“, sagt Yawa. Das Finanzjahr 2014 sei gerade noch abgedeckt, doch
       Verträge mit Gebern, die eine Laufzeit von fünf Jahren haben, müssen bis
       März 2015 erneuert werden.
       
       Viele Spender seien im Glauben, Südafrika gewinne den Kampf gegen Aids,
       meint Yawa und nennt damit einen Grund für die ausbleibenden Gelder.
       Darüber hinaus werde Südafrika als ein Land mit steigendem mittlerem
       Einkommen gesehen. Doch die meisten Aidskranken seien arm. „Es sterben laut
       Statistiken immer noch fast 1.000 Menschen pro Tag an Aids und durch Aids
       ausgelöste Krankheiten“, sagt Yawa. „Wenn wir dichtmachen, dann haben wir
       gegenüber den Menschen versagt.“
       
       ## Meilenstein im Kampf gegen Aids
       
       TAC, die effektivste Aidsgruppe mit 182 Filialen im Land, spielte bisher im
       Kampf gegen die Krankheit eine wichtige Rolle. TAC zog im Jahr 2001 gegen
       die Regierung vor das Verfassungsgericht und erstritt den Zugang der
       Kranken zu Medikamenten. Die Pharmaindustrie musste generische
       Aidsmedikamente zu günstigeren Preise zulassen und die Regierung die
       Medikamente zur Verfügung stellen. Die Tür zu einem landesweiten
       Aidsprogramm war geöffnet.
       
       Der juristische Erfolg von TAC war ein Meilenstein im Kampf gegen Aids.
       Seither nimmt Südafrika eine führende Rolle gegen HIV/Aids ein. Derzeit
       nehmen laut Gesundheitsministerium 2,6 Millionen Menschen Medikamente gegen
       Aids. Ein Aidsrat wurde eingerichtet, und das öffentliche Bewusstsein über
       Risiken von HIV/Aids ist gestiegen.
       
       Doch in ländlichen Gebieten bleibt die Stigmatisierung von Betroffenen ein
       Problem. Viele Menschen fallen aus dem Aidsprogramm heraus. 37 Prozent
       derjenigen, die Medikamente nehmen, sind wegen falscher Namen und Adressen
       nicht für die Nachsorge zu erreichen.
       
       Im ländlichen Ostkap oder in KwaZulu-Natal gehen Menschen kilometerweit zu
       Fuß, um ihre Medikamente zu erhalten. Oftmals sind sie dann nicht vorrätig.
       Es herrscht Ärztemangel; manche Kliniken schließen. In Schulen fehle es an
       Kondomen und es gebe keinen Sexualunterricht, sagt Yawa. Mädchen werden
       häufig schwanger, oft durch ihre Lehrer.
       
       Laut Gesetz dürfen keine Kondome verteilt werden, um Sex nicht zu fördern.
       „Aber das ist Realität“, sagt Yawa. „Wenn TAC schließt, werden viele
       Menschen in Südafrika sterben.“
       
       1 Dec 2014
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Martina Schwikowski
       
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