# taz.de -- Verdeckte Ermittlerin in der Roten Flora: Einsatz ohne Tabus
> Sechs Jahre ermittelte „Iris Schneider“ undercover in der linken Szene
> Hamburgs. Grenzen hat es dabei kaum gegeben.
IMG Bild: Vor allem im Umfeld der Roten Flora hatte die Beamtin von 2000 bis 2006 ermittelt.
HAMBURG taz/dpa | Immer mehr Details werden zum Fall der verdeckten
Ermittlerin in Hamburgs linker Szene bekannt. So soll es beim Einsatz von
„Iris Schneider“ keine Grenzen gegeben haben. „Das Auftreten eines
Verdeckten Ermittlers unter einer Legende kann auch den Kontakt zu
Berufsgeheimnisträgern beinhalten“, schreibt der SPD-Senat in einer Antwort
auf eine Kleine Anfrage der Hamburger Grünen-Innenpolitikerin Antje Möller.
Auch Liebesbeziehungen waren demnach kein Tabu. „Private Beziehungen
unterschiedlicher Intensität“ gehörten zur Aufrechterhaltung einer Legende,
sofern sie dem „Romeo Urteil“ des Bundesgerichtshof nicht widersprächen und
Kriterien der vorsätzlichen Verführung nicht erfüllten. Ob „Iris Schneider“
die Verführerin gespielt hat, um an Informationen zu kommen, werde derzeit
polizeiintern geprüft, so der Senat. Die heute 41-jährige Iris P. war
zuletzt beim LKA Staatsschutz Islamismus beschäftigt.
Zur Aufklärung von Brandanschlägen war die damals 28-jährige
Staatsschützerin Iris P. als „nicht offen ermittelnde Polizeibeamtin“ -
also als verdeckte Ermittlerin - unter dem Decknamen „Iris Schneider“ in
die linke Szene und in den linken Radiosender Freies Sender Kombinat
eingeschleust worden. Insgesamt war sie von 2000 bis 2006 undercover
unterwegs um die Aktivisten in ihrer persönlichen Umgebung und Intimsphäre
zu bespitzeln.
Zu Anfang war der Staatsschutz des Landeskriminalamt (LKA 8) zur
Gefahrenabwehr nach dem Hamburgischen Polizeigesetz zur Datenverarbeitung.
(DPolG) dafür verantwortlich, wie der Hamburger SPD Senat erklärt. Ende
2001 habe Generalbundesanwalt Kay Nehm die Federführung unter Einbindung
des Bundeskriminalamts (BKA) übernommen, um Brandanschläge und
Sachbeschädigungen aufzuklären. Heute schweigen Bundesanwaltschaft und
Bundesjustizministerium sich zum Einsatz aus.
Laut der Antwort des SPD-Senats hat das Ministerium in Berlin Informationen
verweigert, weil es wie die Bundesanwaltschaft nicht „der parlamentarischen
Kontrolle der Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg“ unterliege.
Der Senat könne somit die Geschehnisse von 2001 bis 2006 nicht bewerten -
zumal die Ermittlungsverfahren, welche Grundlage des Einsatzes der
verdeckten Ermittlerin waren, vom Generalbundesanwalt geführt worden seien,
heißt es.
Die innenpolitische Sprecherin der Grünen, Antje Möller, ist mit der
Antwort des Senats nicht zufrieden. „Die lange Dauer und die Gründe und
Ansätze der Ermittlungen bleiben weiter im Dunkeln“, so Möller der taz.
„Zur wichtigen Rolle des Hamburger LKA sagt der SPD-Senat lieber gar
nichts.“ Die Aufarbeitung werde nicht funktionieren, wenn der Senat sich
weiter hinter der Bundesebene verstecke, so Möller. Der Einsatz wird
offenkundig Wahlkampfthema in Hamburg. Am 9. Dezember gibt zudem es eine
Sondersitzung des Innenausschuss der Bürgerschaft zu dem Einsatz.
29 Nov 2014
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DIR Kai von Appen
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