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       # taz.de -- Schweizer Ecopop-Volksabstimmung: Fremdenhass, ökologisch fundiert
       
       > Am Sonntag stimmen die Schweizer über die Initiative „Ecopop“ ab, die den
       > Zuzug von Ausländern begrenzen will – angeblich aus ökologischen Gründen.
       
   IMG Bild: Die „Anderen“ sind schuld an den Schweizer Problemen
       
       GENF taz | Zum neunten Mal seit Ende des Zweiten Weltkriegs entscheiden
       über fünf Millionen Eidgenossen am Sonntag über eine Begrenzung der
       Zuwanderung in die Schweiz. Erstmals allerdings kommt eine solche
       ausländerfeindliche Initiative nicht aus dem rechtspopulistichen oder offen
       rassistischen Spektrum.
       
       Die sogenannten Ecopopler geben sich fortschrittlich, ökologisch und
       solidarisch mit den Menschen in ärmeren Ländern. Unter dem Slogan „Stopp
       der Überbevölkerung“ fordern sie eine Beschränkung der jährlichen
       Zuwanderung in die Schweiz auf maximal 0,2 Prozent der Bevölkerung. Statt
       derzeit etwa 90.000 pro Jahr dürften dann nur noch knapp 17.000 Menschen in
       die Schweiz einwandern.
       
       Zugleich verlangt die Initiative, dass künftig mindestens 10 Prozent der
       jährlichen Entwicklungshilfegelder für „freiwillige“ Programme zur
       Geburtenreduzierung in Ländern des Südens verwendet werden. Ihre Forderung
       nach strikter Begrenzung der Zuwanderung begründet die Ecopop mit dem
       zunehmenden „Dichtestress“ in den Städten, der Zersiedelung der Landschaft
       und der „Übernutzung“ natürlicher Ressourcen.
       
       „Die Initiative verquickt auf gefährliche Weise rechtsextreme und
       rassistische mit ökologischen Argumenten“, kritisiert Baltasar Glättli. Der
       Kovorsitzende der Schweizer Grünen und Abgeordnete im Nationalrat ist der
       aktivste Gegner der Initiative. Seit August tourt er mit seinem Buch „Die
       unheimlichen Ökologen“ durch die Lande. Das Buch zeigt, in welch
       bedenklicher Tradition die auch von Linken und Grünen vertretenen
       ökodiktatorischen Forderungen die Ecopopler stehen.
       
       ## Offiziell breite Ablehnung für Ecopop
       
       „Doch das Verführerische an dieser Initiative ist, dass sie reale Probleme
       anspricht“, meint Glättli. Die Verantwortung und Schuld für diese Probleme
       schiebe die Initiative aber auf „die anderen, die Ausländer und die
       Menschen im globalen Süden, die angeblich zu viele Kinder in die Welt
       setzen“. Zumindest zu Beginn der Abstimmungskampagne im September stieß die
       Ecopopinitiative noch auf große Zustimmung bei den Anhängern von Glättlis
       eigener Partei.
       
       In einer Umfrage sprachen sich damals noch 53 Prozent aller Befragten
       ebenso wie 53 Prozent der Grünen-WählerInnen sowie 84 Prozent der
       SVP-SympathisantInnen für die Initiative aus. Die letzte Umfrage vom 18.
       November erbrachte nur noch eine gesamte Zustimmung von 36 Prozent (Grüne
       34). Eine Mehrheit (73 Prozent) gab es nur noch bei den Anhängern der
       Schweizer Volkspartei (SVP). Offiziell lehnen alle Parteien,
       Wirtschaftsverbände und Gewerkschaften die Initiative ab.
       
       ## Abstimmung auch über Steuerprivilegien
       
       Unter die 50-Prozent-Marke gefallen ist nach letzten Umfragen auch die
       Zustimmung zur Initiative „Schluss mit den Steuerprivilegien für
       Millionäre“. Sie verlangt die Abschaffung der Pauschalbesteuerung reicher
       AusländerInnen, die in der Schweiz leben. Diese Personen werden nicht nach
       ihrem realen Vermögen und ihren im Ausland erzielten Einkünften veranlagt,
       sondern nach einer steuerlichen Vereinbarung. Derzeit genießen rund 5.700
       reiche AusländerInnen diese Privilegien. Die Mehrheit lebt in der
       Westschweiz.
       
       „Die steuerliche Bevorzugung einzelner Personen verletzt die
       Rechtsgleichheit und ist daher verfassungswidrig“, argumentiert die
       Initiative zur Abschaffung der Pauschalsteuern.Die Kantone Zürich,
       Schaffhausen, Appenzell Ausserrhoden, Basel-Stadt und Basel-Land haben
       diese Steuerprivilegien bereits per kantonaler Volksabstimmung beseitigt.
       Doch die Steueroase Zug sowie die Westschweizer Kantone werden am Sonntag
       wohl den Ausschlag geben für das Scheitern der Initiative.
       
       29 Nov 2014
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Andreas Zumach
       
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