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       # taz.de -- Rechtsextremes Forum Thiazi.net: Virtuelle Hetze mit juristischen Folgen
       
       > In Rostock beginnt das Verfahren gegen Betreiber des ehemals größten
       > rechtsextremem Szeneportals. Die Anklage umfasst 342 Seiten.
       
   IMG Bild: Völkische Schuhmode: Thiazi.net hatte mehr als 30.000 Nutzer.
       
       HAMBURG taz | Im Hort „Villa Kunterbunt“ waren das Entsetzen groß. Vor zwei
       Jahren erfuhren die Mitarbeiter des städtischen Kinderhorts in Barth, dass
       ihr Kollege Werner R. einer der Hauptbetreiber des rechtsextremen
       Internetportals Thiazi.net war. Am Freitagvormittag beginnt vor dem
       Landgericht Rostock das Verfahren gegen den Erzieher sowie gegen zwei
       weitere Mitstreiter und eine Mitstreiterin. Die Staatsanwaltschaft wirft
       den Beschuldigten die Bildung einer kriminellen Vereinigung in Tateinheit
       mit gemeinschaftlich begangener Volksverhetzung in mehreren hundert Fällen
       vor.
       
       Um 9.30 Uhr soll die Verhandlung vor der Großen Strafkammer mit der
       Verlesung der Anklageschrift gegen den 33-jährigen Werner R., die
       32-jährige Daniela W., den 28-jährigen Denny S. und den 33-jährigen Dominik
       S. beginnen. „Die Verlesung dürfte die ersten beiden Verhandlungstage in
       Anspruch nehmen“, sagt Michael Mack, Pressesprecher der Landgerichts – denn
       die Anklageschrift umfasse 342 Seiten, die zu verlesen seien.
       
       Die Anklage war bereits im Mai vergangenen Jahres erhoben worden. Die
       notwendige Sichtung von rund 70.000 Seiten Material habe aber zu der späten
       Verfahrenseröffnung geführt. Da die Beschuldigten nicht in
       Untersuchungshaft waren bestanden zudem keine Fristen, erklärte das Gericht
       unlängst.
       
       Am frühen Morgen des 14. Juni 2012 waren auf Weisung der Staatsanwaltschaft
       Polizeikräfte gegen 26 mutmaßliche Betreiber des Forums in elf
       Bundesländern vorgegangen. Sie alle standen im „Verdacht der Bildung einer
       kriminellen Vereinigung“. Außer Werner R. kamen drei weitere Personen
       vorerst in Haft.
       
       ## Backanleitungen für SS-Torten
       
       Bis zu dem staatlichen Eingreifen war Thiazi mit mehr als 30.000
       registrierten Personen das größte Szeneportal. Fast 1,5 Mio. Beiträge seien
       entstanden, so Mack. In verschiedenen Rubriken konnten sich die User über
       Szeneveranstaltungen von Rechtsrockkonzerten bis NPD-Veranstaltungen
       austauschen, auch Schnittmuster für Hakenkreuzfahnen und Backanleitungen
       für SS-Torten finden oder sich über Szenethemen von Feindbeschreibungen bis
       Strategiedebatten unterhalten.
       
       Seit 2007 wurden hier auch in erheblichem Umfang Schriften und Tonträger
       mit strafrechtlich relevantem Inhalt veröffentlicht. Auf dem Portal kam es
       in den Jahren immer wieder zu Gesetzesverstößen. Da der Server aber im
       Ausland lag, blieb es jahrelang ohne rechtliche Folgen.
       
       Im Juni 2014 gingen Polizeikräfte erneut gegen weitere 35 Nutzer des
       Portals vor. 38 Wohnungen und Büros in zwölf Bundesländern ließ die
       Staatsanwaltschaft Rostock durchsuchen. Weitere 14 Anklagen wegen Bildung
       oder Unterstützung einer kriminellen Vereinigung liegen vor. Für das
       Verfahren vor dem Landgericht Rostock sind 32 Verhandlungstage vorgesehen –
       bisher.
       
       28 Nov 2014
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Andreas Speit
       
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