# taz.de -- Friedensaktivist über Montagsdemos: „Höchst problematisches Spektrum“
> Otmar Steinbicker warnt vor einer Unterwanderung der Friedensbewegung
> durch Neurechte und Verschwörungstheoretiker.
IMG Bild: Der friedensbewegte Montagsdemonstrant Ken Jebsen im Jahr 2013
taz: Herr Steinbicker, warum wollen Sie nicht am 13. Dezember mit Sahra
Wagenknecht und Reinhard Mey für den Frieden demonstrieren?
Otmar Steinbicker: Gegen die beiden hätte ich ja gar nichts. Aber so, wie
die Demonstration geplant ist, will ich mich daran nicht beteiligen.
Haben Sie Probleme damit, dass die neue Friedensbewegung den
Bundespräsidenten zum Adressaten ihres Protestes erkoren hat?
Die Äußerungen von Herrn Gauck in den letzten Monaten zu Fragen von Krieg
und Frieden sind auf jeden Fall zu kritisieren. Eine solche Kritik kann
auch in Form einer Demonstration vorgetragen werden. Das ist nicht mein
Problem.
Was denn dann?
Ich habe bereits im Frühjahr dieses Jahres sehr eindringlich auf die Gefahr
rechter Unterwanderung der Friedensbewegung durch die sogenannte
Mahnwachenbewegung hingewiesen. Das manifestiert sich jetzt in den
„Friedenswinter“-Aktionen. Da will ich nicht mitmachen.
Was haben Sie denn dagegen, wenn sich die alte mit der sogenannten neuen
Friedensbewegung verbindet?
In der Mahnwachenbewegung gibt es ein höchst problematisches Spektrum. Das
macht sich an Personen wie Ken Jebsen oder Lars Mährholz fest. Beiden wird
aus meiner Sicht zu Recht der Vorwurf gemacht, neurechte
Verschwörungstheoretiker zu sein. Mit solchen Leuten möchte ich nichts zu
tun haben.
Das sehen viele Ihrer alten Mitstreiter offenkundig anders: Die rufen
gemeinsam mit Jebsen und Mährholz zu der Demo zum Schloss Bellevue auf …
Unter dem Berliner Aufruf stehen zweifellos auch die Namen honoriger
Menschen. Leider sehen sie die Problematik nicht in der Schärfe, wie ich
sie sehe. Mit vielen habe ich jahrzehntelang gut zusammengearbeitet. Nun
erhoffen sie sich eine Stärkung der Friedensbewegung durch neu
hinzukommende Leute aus der Mahnwachenbewegung. Ich halte das für einen
Irrweg.
Machen Sie das auch inhaltlich an dem Aufruf selbst fest?
Der Aufruf ist sicherlich diskussionswürdig. Er enthält einige
Einseitigkeiten, die auch von mehreren Friedensorganisationen kritisiert
werden. Sie betrachten ihn als zu russlandfreundlich. Mir geht es aber bei
meiner Ablehnung der Aktion Friedenswinter nicht vorrangig um den Text des
Aufrufs, sondern um die damit erfolgte Öffnung der Friedensbewegung nach
rechts. Das ist für mich das größere Problem.
Welche Konsequenzen haben Sie aus Ihrer Kritik am Friedenswinter gezogen?
Ich kann nicht in einem Zusammenschluss sein, der mit Leuten
zusammenarbeitet, die Verschwörungstheorien anhängen und neurechte
Positionen vertreten. Deswegen habe ich jetzt die bundesweite Kooperation
für den Frieden verlassen. Das ist sicherlich schade. Aber ich habe in
meiner jahrzehntelangen friedensbewegten Arbeit festgestellt:
Glaubwürdigkeit ist im Zweifelsfall wichtiger, um Menschen zu überzeugen,
für zivile Konfliktbearbeitung statt militärische Aktionen einzutreten.
26 Nov 2014
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DIR Pascal Beucker
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