# taz.de -- Gütesiegel in der Biobranche: Bayerische Bananen
> Neben Biostandards soll das neue Label „Ecowellness“ auch Nachhaltigkeit
> und positive Folgen für die Gesundheit garantieren. Reichen die Kriterien
> aus?
IMG Bild: Hier will das Siegel hin: in die Biosupermärkte, wo sich die kritische Einkäuferin herumtreibt.
BERLIN taz | Bananen und Papayas aus Bayern? Klingt nach vorgezogenem
Klimawandel, spart aber jede Menge CO2, und gesund sind sie auch noch. So
jedenfalls stellen sich die Initiatoren eines neuen Ökosiegels die Produkte
vor, die in Zukunft unter dem Namen „[1][Ecowellness“] oder „Ökowellness“
zertifiziert werden sollen.
Vergeben wird das Siegel von der Integrated Art Holding AG, die sich
wiederum von einem wissenschaftlichen Beirat begleiten lässt. „Wir haben
die Biobranche neu erfunden“, behauptet Regina Richter vom Managementteam.
Tatsächlich neu ist, dass der Ecowellness-Standard praktisch eine
Rundumgarantie erteilen will: Zertifizierte Produkte sollen nicht nur
Biostandards einhalten, sondern auch soziale und ethische, sie sollen
regional produziert werden und gesundheitsfördernd sein.
Das grün-orange Label mit der Sonne in der Mitte ist seit Oktober 2013
Mitglied in der Internationalen Vereinigung der ökologischen
Landbaubewegungen (Ifoam). Für das Abwärme nutzende Gewächshaus „Klein
Eden“ im bayerischen Tettau, in dem die erwähnten Bananen und Papayas
gedeihen, läuft die Zertifizierung. Trotzdem steht der Standard noch ganz
am Anfang – so am Anfang, dass sich Verbraucherschutzzentralen und Verbände
wie Foodwatch oder Label online noch keine Einordnung vornehmen können.
Entsprechend zögerlich sind auch die Bioläden.
Die Zertifizierung läuft so: Die Ökostandards sollen durch andere Biosiegel
sichergestellt werden, die ebenfalls Mitglied in der Ifoam sind. Für die
sozialen Kriterien wie das Verbot von Kinderarbeit verlangt die Plattform
die Einhaltung des internationalen Sozialstandards SA 8000 oder auch der
umstrittenen wirtschaftsgetriebenen Business Social Compliance Initiative
(BSCI).
Die NGOs Kampagne für saubere Kleidung und Südwind e. V. kritisieren die
BSCI als reine Selbstverpflichtung der Unternehmen, die zu wenig
transparent, oft nicht nachvollziehbar und zudem nur von einem schwachen
Monitoring überwacht sei. Noch löchriger sind die Anforderungen an die
Regionalität von Produkten. Zwar sollen alle Bestandteile für Produkte, die
in der EU verkauft werden, auch aus EU-Ländern stammen. Das gilt aber nicht
mehr, wenn diese „nicht in der gewünschten Qualität und Quantität innerhalb
der EU verfügbar“ sind. Der gesundheitliche Nutzen wird vor allem durch
einen Qualifizierungsausschuss bewertet, der aus Fachleuten wie Ärzten,
Ernährungswissenschaftlern oder auch Architekten besteht.
## Spannend wird's bei Kreuzfahrtschiffen
Wie viele andere Ökosiegel zielt auch „Ökowellness“ besonders auf die
typische Kundschaft der Bioläden, die bereit ist, für gesündere und
nachhaltigere Produkte mehr Geld auszugeben. Neben Biolebensmitteln und
Biokosmetika sollen aber auch Arztpraxen oder Hotels und sogar
Kreuzfahrtschiffe zertifiziert werden können.
Auf Letzteres kann man ganz besonders gespannt sein: Bis jetzt fällt die
Ökobilanz der Riesenkähne mit ihrer vielfachen Umweltbelastung – angefangen
von der Entsorgung von Abfällen und Abwässern ins Meer, über meist
schwefelhaltige Treibstoffe bis zu einem CO2-Fußabdruck pro
Passagierkilometer, der dreimal so groß ist wie der eines Flugs – nicht
gerade positiv aus.
Noch hat der „Qualitätsausschuss“ des Siegels erst drei Unternehmen
bewertet, zehn weitere stehen an. Trotzdem hält Jürgen Vormann,
Ernährungswissenschaftler aus dem Qualitätsausschuss, die Marktchancen für
„recht gut“: Schließlich biete das Siegel eine Möglichkeit, sich von der
Konkurrenz abzusetzen.
24 Nov 2014
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DIR [1] http://www.ecowellness.eu/
## AUTOREN
DIR Stefanie Mnich
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