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       # taz.de -- Vermeintlicher Ebola-Fall in Berlin: Fatale Falschmeldung
       
       > Medien setzten einen vermeintlichen Ebola-Fall in Berlin in Verbindung
       > mit der Botschaft Sierra Leones. Die wollte das korrigieren. Keiner hörte
       > zu.
       
   IMG Bild: Sierra Leone ist eines der am stärksten von Ebola betroffenen Länder.
       
       BERLIN taz | Ebola in Berlin? In der Nacht auf Dienstag war ein Mann aus
       Neukölln mit Ebolasymptomen unter hohen Sicherheitsvorkehrungen in das
       Berliner Virchow-Klinikum eingeliefert worden. Der Verdacht bestätigte sich
       am Ende nicht.
       
       Unter anderem der TV-Sender n-tv und die Berliner Morgenpost hatten am
       Dienstag berichtet, dass es sich bei dem Mann um einen Übersetzer handeln
       soll, der für die Botschaft der Republik Sierra Leone in Berlin arbeitet.
       Die westafrikanische Republik ist eines der am stärksten von Ebola
       betroffenen Länder. Doch bei der Verbindung des Mannes zu der Botschaft in
       Berlin handelt es sich um eine Falschmeldung.
       
       Noch am Dienstag hatte die Botschaft Sierra Leones eine Pressemitteilung
       veröffentlicht, in der sie der Berichterstattung widerspricht. Der
       Informations-Attaché der Botschaft, Umaru Jah, hatte das Statement zudem
       persönlich an verschiedene Medien verschickt, darunter auch die Morgenpost
       und n-tv. „Ich kenne den Mann nicht, ich weiß nicht, wer er ist, ich weiß
       noch nicht einmal, ob es sich um einen Bürger Sierra-Leones handelt“, sagte
       Umaru Jah am Donnerstag der taz.
       
       Wie die Medien darauf kommen würden, könne er nicht erklären. Weder vor,
       noch nach der Veröffentlichung sei die Botschaft kontaktiert worden, um die
       Verbindung zu dem vermeintlich Kranken zu bestätigen. „Niemand hat
       angerufen, um das nachzuprüfen: Keine Zeitung, kein Sender, überhaupt kein
       Journalist hat bei uns angerufen“, sagte Jah, der zudem versucht hatte, die
       Chefredaktion von n-tv telefonisch zu erreichen. Er wurde nicht
       durchgestellt. „Man sagte mir, ich könne nicht mit dem Chefredakteur
       sprechen, aber dass man meine Nachricht weiterleiten würde. Als ich nach 20
       Minuten wieder anrief, hieß es, der Chefredakteur werde mich zurückrufen“.
       Dieser Rückruf erfolgte nie.
       
       ## Anrufe, Mails, nichts half
       
       Über mehrere Tage versuchte Jah, einen Kontakt zur Redaktion von n-tv
       herzustellen. Er rief an, schickte Mails und auch ein Fax. Weiterhin wurde
       auf den Webseiten von n-tv und der Morgenpost behauptet, bei dem
       vermeintlichen Ebolainfizierten handele es sich um einen Mitarbeiter der
       Botschaft. „Die Identität einer solchen Person muss geklärt werden, denn
       der Effekt solcher Nachrichten ist groß“, sagt Jah. Die Leute hätten nun
       Angst vor der Botschaft. Mehr als 50 Anrufe seien dort eingegangen, sowohl
       von Deutschen als auch von Bürgern Sierra Leones. „Die Leute wollten
       wissen, ob wir tatsächlich Ebola hätten“, sagt Jah, „und selbst als wir das
       verneint haben, glaubten die Menschen uns nicht. Sie dachten, wir würden
       etwas vertuschen.“
       
       Zudem würden seit der Nachricht kaum noch Leute in die Botschaft kommen.
       Normalerweise hätte die Vertretung täglich viele Besucher: Menschen, die
       Pässe, Visa oder Geburtsurkunden beantragen. Seit Montag hätten sich selbst
       regelmäßige Botschaftsbesucher nicht mehr gezeigt. Lediglich der Postbote
       sei gekommen.
       
       ## „Keine Aufforderung zur Richtigstellung“
       
       Auf Anfrage der taz sagte Bettina Klauser, Leiterin der Pressestelle von
       n-tv: „Wir müssen einräumen, das wir die Falschmeldung Dienstagvormittag
       zwei Mal im Programm hatte. Wir haben den Beitrag dann auch raus genommen,
       als er falsifiziert wurde.“ Falsifiziert wurde allerdings die Nachricht,
       dass der Patient Ebola hätte. Für wen er arbeitet, wurde nicht korrigiert
       oder richtiggestellt. Dabei sei das Statement der Botschaft in der
       Redaktion angekommen und zur Kenntnis genommen worden. Es erreichte die
       Redaktion auf einem altmodischen Weg: „Das Fax kam am Dienstag an, enthielt
       aber keine Aufforderung zu Richtigstellung. Und darum haben wir auch keinen
       weiteren Handlungsbedarf gesehen“, sagte Klauser.
       
       Dass auf der Webseite von n-tv bis Donnerstagnachmittag immer noch zu lesen
       war, dass es sich bei dem vermeintlichen Ebola-Patienten um einen
       Mitarbeiter der Botschaft handele, führt Klauser auf ein
       „Kommunikationsproblem mit der Online-Abteilung zurück“. Wie ein solches
       Kommunikationsproblem entstanden sei, ließe sich intern nicht mehr
       nachvollziehen, sagte Klauser. Auch warum sich bei der Recherche für die
       Geschichte niemand berufen sah, bei der Botschaft anzufragen, „können wir
       leider intern nicht mehr nachvollziehen.“ Man werde sich aber mit Umaru Jah
       in Verbindung setzen, um solche Missverständnisse in Zukunft zu vermeiden.
       
       Auch die Berliner Morgenpost reagierte am Donnerstag auf eine Anfrage. Das
       Statement der Botschaft sei falsch weitergeleitet worden, heißt es aus der
       Presseabteilung der Funke Medienruppe. Online wurde der Artikel bereits
       korrigiert und mit einer [1][Richtigstellung] versehen. Eine weitere ist
       für die Printaugabe vom Freitag geplant. Außerdem wurde die Geschichte
       online in die Rubrik „leider falsch“ aufgenommen.
       
       21 Nov 2014
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] http://www.morgenpost.de/bezirke/neukoelln/article134448921/Ebola-Verdacht-in-Berlin-Neukoelln-hat-sich-nicht-bestaetigt.html
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Francesco Giammarco
       
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