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       # taz.de -- Stadtprojekte: Kleine Revolutionen
       
       > Nachhaltige Entwicklung, wo sie am nötigsten ist: Beispiele erfolgreicher
       > Ansätze in den Armenviertel aus Lateinamerika.
       
   IMG Bild: TransMilenio nennen sich die knallroten Busse, die 160 Fahrgäste bis in die entlegensten Favelas transportieren können
       
       Bogotás Exbürgermeister Enrique Peñalosa erklärte einmal: Ökologischer
       Stadtumbau sei nur möglich, wenn soziale Gerechtigkeit und Gleichheit
       angestrebt und die Favela-Bewohner an den städtischen Errungenschaften
       beteiligt werden. Seine Ziele: die bestehende Infrastruktur auf die
       Armenviertel ausdehnen, die schulische Betreuung verbessern, ein
       effizientes Bildungssystem entwickeln
       
       Eine weitere Aufgabe heißt "Bibliored", ein Bibliotheksnetz, das aus drei
       großen und vielen kleinen Bibliotheken besteht. Durch massive Investitionen
       in die Bildung konnte der unorthodoxe Bürgermeister nach drei Jahren
       Amtszeit einen beachtlichen Erfolg erzielen: In den Armenvierteln ließ er
       zahlreiche neue Schulen errichten, bereits bestehende wurden renoviert.
       Plötzlich nahmen 34 Prozent mehr Kinder am Unterricht teil - insgesamt über
       180.000 zusätzliche Schüler.
       
       Eine weitere Revolution in Bogotá ist mit dem Namen TransMilenio verbunden.
       TransMilenio nennen sich die knallroten Busse, die 160 Fahrgäste bis in die
       entlegensten Favelas transportieren können. Heute fühlen sich die Bewohner
       der Favelas durch TransMilenio, der sogar in die entlegensten Winkel
       Bogotás fährt, nicht mehr gettoisiert. In den letzten Jahren wurde das
       Modell Bogotá erfolgreich von Medellíns Bürgermeister Sergio Fajardo und
       Alonso Salazar übernommen. Beide gehören zur intellektuellen Elite des
       Landes, beide arbeiten als Schriftsteller und Journalisten und sind
       Mitglieder der Partido Verde.
       
       Fajardo und Salazar beendeten den schlechten Ruf Medellíns als
       Mordmetropole und Mafiahochburg. Die beiden Politiker erreichten, dass die
       gesamte Stadt heute über moderne Schulen, Bibliotheken und Parks verfügt.
       Einzigartig für ganz Lateinamerika: 40 Prozent des Haushalts werden für
       Bildung und Kultur ausgegeben.
       
       Eine Revolution in den hügeligen Armenvierteln ist verbunden mit dem Namen
       "Metrocable". Die Seilbahn bringt heute 3.000 Favela-Bewohner zur
       Arbeitsstelle in die Innenstadt. An der Seilbahnstation Santo Domingo wurde
       vor einigen Jahren auch die Biblioteca España errichtet. Die mehrfach
       ausgezeichnete Bibliothek ist ein sozialer Treffpunkt mit Freizeitangeboten
       wie Ausstellungen und Theater. Nachts strahlt sie wie ein Leuchtturm über
       ein Meer von Lehm- und Ziegelbauten. Andere lateinamerikanische Metropolen
       sind dem kolumbianischen Vorbild gefolgt. Meist geht es um die verbesserte
       soziale Integration von Armenvierteln, wie etwa des Mexiko-Stadt-Vororts
       Miravalle, der von der Alfred Herrhausen-Stiftung unterstützt wird.
       
       Hubert Klumpner und Alfredo Brillembourg vom Urban Think Tank folgen
       hingegen Jaime Lerners Akupunkturmethode. Sie haben das Modell eines
       ökologischen Sandwichpavillons entwickelt, die den Favela-Bewohnern
       sportliche und künstlerische Aktivitäten anbieten. Nach einem ersten
       Prototyp im venezolanischen Caracas bauen die Architekten derzeit die
       fünfgeschossige "Fábrica da Música" in São Paulos Favela Paraisópolis. Nach
       sinnvollen Freizeitaktivitäten haben sich 50.000 Bewohner der Armensiedlung
       lange gesehnt.
       
       22 Nov 2014
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Klaus Englert
       
       ## TAGS
       
   DIR Lateinamerika
   DIR Erinnerungskultur
       
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