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       # taz.de -- Politische Debattenkultur in Südafrika: Chaos ohne Ende im Parlament
       
       > Vertreter der Regierungspartei ANC und der Opposition streiten über
       > Präsident Zuma. Erst kommt es zur Rangelei, dann zum Polizeieinsatz.
       
   IMG Bild: Lautstarke Unmutsbekundungen von EFF-Abgeordneten im Parlament.
       
       KAPSTADT taz | Chaos ist auch in der kommenden Woche im südafrikanischen
       Parlament programmiert. Sah sich Parlamentspräsidentin Baleka Mbete bereits
       vor wenigen Tagen heftigen verbalen Angriffen der Opposition ausgesetzt,
       wird sie bei der nächsten Sitzung am Dienstag ebenfalls keinen leichten
       Stand haben. Denn die Opposition weigert sich, die Autorität der
       Präsidentin anzuerkennen, nachdem es zu einem Polizeieinsatz in der
       Versammlung gekommen war.
       
       Am Donnerstag schrien Parlamentsmitglieder auf Mbete ein und forderten ihre
       Amtsniederlegung. Es kam zu Handgreiflichkeiten zwischen Mitgliedern der
       Regierungspartei und der Opposition. Plötzlich tauchte Polizei auf und
       führte rebellierende Oppositionsmitglieder unter Protest aus dem Parlament
       ab.
       
       Die Ursachen für die jüngsten Ereignisse sind Frustration gegenüber der
       Regierungspartei des Afrikanischen Nationalkongresses (ANC) und Südafrikas
       Präsidenten Jacob Zuma. Oppositionsparteien werfen ihm vor, er verweigere
       sich der Nationalversammlung, um keine Rechenschaft ablegen zu müssen. Die
       Modernisierung von Zumas Wohnsitz in seiner Heimat Nkandla in KwaZulu-Natal
       mit Staatsgeldern in Höhe von rund 17 Millionen Euro ist besonders der
       größten Oppositionspartei, der Demokratischen Allianz (DA) und der neuen
       Partei der Ökonomischen Freiheitskämpfer (EFF) ein Dorn im Auge. Zuma war
       dem Parlament seit Ende August ferngeblieben: Damals hatten EFF-Mitglieder
       gefordert, er solle das Geld zurückzahlen.
       
       Die Oppositionsparteien hatten sich aus Protest von der parlamentarischen
       Untersuchungskommission zum „Nkandla-Gate“ distanziert. Der ANC legte somit
       allein einen Bericht vor und sprach darin den Präsidenten von jeglichen
       Korruptionsvorwürfen frei. Als die Oppositionsparteien am vergangenen
       Donnerstag dazu Stellung nehmen wollte, verkürzte die Parlamentspräsidenten
       die Zeit für Anträge der Opposition, die dann mit Unmutsäußerungen die
       Annahme des Berichts im Parlament verhinderten.
       
       ## Übertragungskameras abgeschaltet
       
       Mbete befahl den Politikern, die Versammlung zu verlassen. „Sie müssen
       gehen“, riefen EFF-Mitglieder, den Zeigefinger auf die
       Parlamentspräsidentin gerichtet. Ein EFF-Mitglied beschimpfte den
       Präsidenten als Dieb. Die Polizei hatte Mühen, die Politikerin aus dem Saal
       zu schaffen, denn DA-Mitglieder stellten sich in den Weg. In dem Moment
       wurden auch die Übertragungskameras abgeschaltet.
       
       DA und EFF wollen den ANC im Fall der Nkandla-Affäre offenbar nicht aus der
       Verantwortung entlassen. Die EFF unter Führung des populistischen Julius
       Malema zog genau dafür ins Parlament ein: Um Unruhe zu stiften. Seine
       Partei beschuldigt die Polizei, das in der Verfassung verankerte Recht zu
       missachten, das Parlamentsmitglieder von der Festnahme wegen ihres
       Verhaltens im Parlament ausschließt.
       
       Die DA hat jetzt vier Klagen wegen Körperverletzung gegen die Polizei und
       einen Vize-ANC-Minister eingereicht. „Einige unserer Leute sind verletzt
       worden, und ANC-Mitglieder haben die Polizei angefeuert“, sagte
       DA-Fraktionschef John Steenhuisen.
       
       Vizepräsident Cyril Ramphosa traf danach die Oppositionsführer zu einem
       Krisengespräch. Würde und Respekt sollten wieder im Parlament hergestellt
       werden. Die DA meint jedoch, der ANC wolle Präsident Zuma schützen. Am
       Dienstag soll das Parlament wieder ein heikles Thema behandeln: Einen
       Bericht, der den zeitweiligen Ausschluss von 20 EFF-Mitgliedern aus dem
       Parlament wegen verbaler Angriffe auf Zuma im August empfiehlt. Aber
       Ramaphosa hat den Punkt angeblich von der Tagesordnung streichen lassen.
       
       19 Nov 2014
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Martina Schwikowski
       
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