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       # taz.de -- Todesstrafe für hohen Offizier im Kongo: Mamadou und die Generäle
       
       > Seit dem Mord an Armeeoberst Mamadou Ndala ist Kongos Militär wieder eine
       > Chaostruppe. Jetzt erhält ein Oberstleutnant dafür die Todesstrafe.
       
   IMG Bild: Oberst Mamadou Ndala wurde Anfang des Jahres getötet.
       
       KAMPALA taz | Für den Osten der Demokratischen Republik Kongo, wo sonst
       zumeist Straflosigkeit herrscht, war es ein besonderer Prozess. Birocho
       Nzanzu Kosi, Oberstleutnant der kongolesischen Armee, wurde am späten
       Montag von einem Militärgericht in der Stadt Beni wegen Teilnahme an einer
       terroristischen Rebellion zum Tode verurteilt, zudem soll er 2,7 Millionen
       Dollar Entschädigung bezahlen.
       
       Das Geld ist für die Hinterbliebenen von Armeeoberst Mamadou Ndala
       bestimmt, der Anfang dieses Jahres nahe Beni bei einem Anschlag getötet
       wurde. 19 mutmaßliche Täter waren bei dem Militärprozess angeklagt, das
       Mordkomplott geplant und durchgeführt zu haben, darunter hochrangige
       Offiziere.
       
       Oberst Mamadou Ndala war ein regelrechter Volksheld. Der junge Kommandant
       der Spezialeinheiten der kongolesischen Armee hatte 2013 in der
       Provinzhauptstadt Goma die Operationen gegen die Rebellenarmee M23
       (Bewegung des 23. März) angeführt, bis sich die Tutsi-Rebellen geschlagen
       nach Uganda zurückzogen.
       
       Zum ersten Mal seit Beginn der Kongo-Kriege hatte damit die marode Armee
       einen Sieg über eine Rebellentruppe erzielt. Mamadou und sein Vorgesetzter,
       General Julien Bahuma, wurden von der Bevölkerung als Befreier gefeiert.
       
       Zum Jahreswechsel 2013/2014 startete Mamadou unter Befehl Bahumas in den
       Bergen nördlich von Beni Operationen gegen die ugandische Rebellenbewegung
       ADF (Vereinigte Demokratische Kräfte), die sich in den Rwenzori-Bergen an
       der Grenze zwischen Kongo und Uganda verschanzt. Noch bevor der erste
       Schuss gefallen war, traf eine Panzerabwehrrakete das Auto des Obersts auf
       dem Weg an die Front aus nächster Nähe.
       
       Mamadou, der auf dem Beifahrersitz saß, und zwei Leibwächter waren sofort
       tot. General Bahuma starb wenige Monate später, angeblich an einem
       Herzleiden. Mamadous Fahrer, wegen unterlassener Hilfsleistung angeklagt,
       wurde am Tag nach Prozessbeginn tot in seiner Zelle aufgefunden.
       
       ## 27.000 US-Dollar von der ADF?
       
       Der jetzt verurteilte Birocho stammt selbst aus der Region. Er galt bei
       seinen Kameraden als korrupter Geschäftemacher. Während des Verfahrens
       sagten Zeugen aus, er habe 27.000 Dollar erhalten, um den Mord an Ndala
       vorzubereiten. Zwei ADF-Kämpfer wurden wegen Teilnahme am Mord verurteilt –
       einer hatte ausgesagt, sie hätten Birocho 27.000 Dollar bezahlt, um den
       Mord durchzuführen.
       
       Oberstleutnant Jocker Kamulete erhielt 20 Jahre Haft, zwei Hauptmänner
       wurden für Missbrauch und Diebstahl von Waffen für schuldig erklärt.
       Auffällig ist: Für die direkte Ausführung des Mordes selbst wurde niemand
       für schuldig befunden.
       
       Es kursierten von vornherein Gerüchte, Ndala und auch Bahuma seien gezielt
       umgebracht worden, um die neu gewonnene Effektivität der Armee zu
       untergraben. Rund um die Militäroperationen gegen die M23, die von der
       UN-Mission aktiv unterstützt wurden, gab es an der Armeespitze scharfe
       Rivalitäten.
       
       Sollte das Ziel des Mordanschlags gewesen sein, die Armee zu schwächen, hat
       es funktioniert: Die Operationen gegen die ADF dauern bereits fast ein Jahr
       und noch immer sind die Rebellen nicht geschlagen. Hunderte von Soldaten
       sind gefallen.
       
       ## Neue Rebellion in Nord-Kivu
       
       Schlimmer noch: Seit der Mordprozess begann, sind rund um Beni über 120
       Zivilisten brutal massakriert worden. Die meisten wurden mit Macheten
       niedergemetzelt – Tausende stationierte Soldaten und UN-Blauhelme blieben
       untätig.
       
       Für all dies wird die ADF verantwortlich gemacht. Die hat in den
       vergangenen Jahren vermehrt Kongolesen der Nande-Ethnie rund um Beni
       rekrutiert und sich damit anscheinend in eine kongolesische Rebellengruppe
       mit guten Kontakten zu Geschäftsleuten und Armeeoffizieren verwandelt.
       
       Kongos Regierung beschuldigt den mächtigsten Nande-Politiker Mbusa
       Nyamwisi, früher selbst Rebellenführer in Beni und später Minister in
       Kinshasa, hinter dieser Verwandlung zu stecken.
       
       Aufgrund der Unsicherheit formieren sich jetzt lokale
       Selbstverteidigungsmilizen – eine gefährliche Entwicklung. Erneut zeigt
       sich, dass die Bevölkerung kein Vertrauen in die Armee hat. Oberst Mamadou
       Ndala hatte bewiesen, dass erfolgreiche Armeeeinheiten bejubelt werden
       können. Aber er ist tot.
       
       18 Nov 2014
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Simone Schlindwein
       
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