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       # taz.de -- Unis sparen trotz Milliardenförderung: „Nicht im Sinne der Erfinder“
       
       > Die Hochschulen sind sauer. Die Länder können jährlich 1,2 Milliarden
       > Euro zusätzlich in Schulen und Unis stecken. Doch oft ist das Geld
       > verplant.
       
   IMG Bild: Uni Leipzig: Der Archäologie und den Theaterwissenschaften droht die Schließung.
       
       BERLIN taz | Lehramtsstudierende der Universität des Saarlandes werden wohl
       bald eine Dreiviertelstunde ins Nachbarland Rheinland-Pfalz pendeln müssen.
       Denn die Lehramtsausbildung in Saarbrücken soll in weiten Teilen gestrichen
       oder gekürzt werden. So sieht es ein Entwurf der regierenden Parteien SPD
       und CDU vom Juli dieses Jahres vor. Die kürzlich im Bundestag
       verabschiedete Änderung des Gesetzes zur Ausbildungsförderung, Bafög, ist
       da schon eingepreist.
       
       Demnach bekommen nicht nur Studierende ab dem Wintersemester 2016 einen
       Bafög-Zuschlag von sieben Prozent. Die Bundesländer haben sogar schon ab
       Januar jährlich 1,2 Milliarden zusätzlich zur Verfügung, um Schulen und
       Hochschulen zu finanzieren. Das ist der Anteil an den Bafög-Kosten, den sie
       bisher beisteuerten und den ab Januar vollständig das
       Bundesbildungsministerium übernimmt. „Die größte nachhaltige Verbesserung
       der Bildungsfinanzierung für die Länder seit einem Jahrzehnt“, lobte
       SPD-Fraktionsvize Hubertus Heil.
       
       Doch die Universität des Saarlandes wird davon wenig spüren. In einer der
       taz vorliegenden Grundsatzposition bekräftigt das Präsidium der Universität
       des Saarlandes stattdessen, dass es aufgrund der „landesseitig deutlich
       zurückgehenden Mittelzuweisungen“, künftig 20 Prozent in zentralen
       Einrichtungen und der Verwaltung und 15 Prozent bei den Fakultäten
       einzusparen gedenkt. Das ist mehr als das von Landeschefin und
       Wissenschaftsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) vorgegebene
       Einsparvolumen von maximal 12 Prozent.
       
       Universitätssprecherin Friederike Meyer zu Tittingdorf begründete die
       Differenz mit steigenden Energiekosten und Gehältern, die die Uni von dem
       gleichbleibenden Etat ebenfalls bestreiten müsse. Bereits in diesem Jahr
       erhält die Hochschule fünf Millionen Euro weniger als im Vorjahr, nämlich
       184 Millionen Euro. Im nächsten Jahr senkt das Land die Zuschüsse um
       weitere fünf Millionen. Die Ausgaben sollen dann bis 2020 auf diesem Niveau
       bleiben.
       
       ## Lehramtsstudiengänge eingespart
       
       Dank der Übernahme des Bafögs durch den Bund spart das Saarland aber
       jährlich sechs Millionen Euro, und fünf Millionen davon sollen den beiden
       saarländischen Hochschulen zugutekommen. Die Geld sei in die Sparpläne der
       Uni schon eingerechnet, sagte Meyer zu Tittingdorf. Voraussichtlich werden
       also trotz der Entspannung in der Landeskasse ab nächstem Jahr die
       Lehramtsstudiengänge in Geografie, Italienisch und Latein eingespart, auch
       der Master für Maschinenbau soll nicht mehr angeboten werden.
       
       Auch andere Hochschulen, denen Einsparungen angedroht wurden, rechnen trotz
       der Bafög-Milliarden mit Kürzungen. In Leipzig droht den Instituten der
       Archäologie und der Theaterwissenschaft die Schließung. Laut
       Koalitionsvertrag will die neue schwarz-rote Regierung zwar auf den Abbau
       von 754 Stellen ab 2017 verzichten, doch nur unter der Voraussetzung, dass
       sich Hochschulen und Freistaat bis 2016 auf einen
       „Hochschulentwicklungsplan 2025“ verständigen. „Am bis einschließlich 2016
       von den Hochschulen zu leistenden Stellenabbau ändert sich also erst mal
       nichts“, meint Uni-Sprecher Carsten Heckmann.
       
       Auch in Berlin herrscht die Sorge, dass die Bafög-Millionen nicht vorrangig
       den Schulen und Hochschulen zugutekommen könnten, sondern einfach zur
       Entlastung des Haushalts dienen. So plant die Berliner Finanzverwaltung,
       mit den gesparten 80 Millionen Euro die durch das Steigen der Schülerzahl
       entstehenden Kosten aufzufangen, was ohnehin bereits Aufgabe des Landes
       ist. „Das Geld zur Finanzierung von Pflichtleistungen zu verwenden war
       nicht im Sinne der Erfinder“, warnt der SPD-Haushaltsberichterstatter im
       Bundestag, Swen Schulz.
       
       19 Nov 2014
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Anna Lehmann
       
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