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       # taz.de -- Debatte Klimaschutz der „dreckigen Drei“: Beginnt das Saubermachen?
       
       > Die USA, China und die EU akzeptieren endlich ihre Klimaverantwortung.
       > Die Zahlen mögen enttäuschen, das Signal ist dennoch bedeutend.
       
   IMG Bild: Chinas CO2-Peak ist planmäßig noch lange nicht erreicht: Kohlekraftwerk nahe Peking
       
       Viele atmen jetzt auf. Nach der EU haben sich nun endlich auch die beiden
       Verschmutzungsgroßmächte, die USA und China, dazu durchgerungen, das
       drängende Problem des Klimawandels anzuerkennen, anzupacken und ihre
       Führungsrollen zu akzeptieren. Mit jahrelanger Verspätung tun sie, was der
       Rest der Welt von ihnen schon lange fordert: Verantwortung übernehmen.
       Rechtzeitig vor der UN-Konferenz in Lima in zwei Wochen ist damit der Weg
       frei für echte Verhandlungen.
       
       Wer bei dem Deal von Barack Obama und Xi Jinping nur auf die Zahlen schaut,
       wird sich trotzdem enttäuscht abwenden. Die USA versprechen, ihren Ausstoß
       von Treibhausgasen bis 2025 um etwa 27 Prozent gegenüber 2005 zu
       verringern. Nicht schlecht für die notorischen Energieverschwender, aber
       nur halb so ambitioniert wie das Ziel der EU. Und China hat eigentlich nur
       versprochen, was es schon immer sagt: Bis 2030 sollen die Emissionen aus
       dem Reich der Mitte ihren Höhepunkt erreichen. Alle wissen, dass dieser
       „Peak“ früher kommen kann und muss.
       
       Man sollte diese Zahlen nicht überbewerten. Sie sind Mindestgebote im Poker
       bis Paris, wo in einem Jahr die Entscheidung fallen soll. Wichtig ist das
       politische Signal: Zum ersten Mal in der Geschichte haben die drei großen
       Emissionsblöcke der Welt, die zusammen die Hälfte aller Treibhausgase
       ausmachen, verbindliche Zahlen und Daten auf den Tisch gelegt.
       
       Die Welt hat sich verändert, seit an der amerikanisch-chinesischen Blockade
       2009 der Kopenhagen-Gipfel scheiterte. Der Klimaschutz hat fünf Jahre
       verloren, die uns noch bitter leidtun werden: Die Emissionen sind
       gestiegen, Milliarden sind in die falsche Infrastruktur geflossen. Und auch
       die jetzigen Ziele reichen für echten Klimaschutz bei Weitem nicht aus. Sie
       bringen uns bis 2100 in eine Welt, die bei 4 Grad Erwärmung das Leben
       unserer Kinder überall auf dem Globus massiv erschweren wird. Die großen
       Worte aus Peking, Washington und Brüssel sind also im besten Fall der
       Einstieg in den Ausstieg aus dem alten Energiesystem.
       
       ## Die Schlacht wird auf der Straße entschieden
       
       Gleichzeitig wird die Schlacht gegen den Kohlenstoff nicht auf den
       Klimakonferenzen, sondern auf der Straße entschieden. Denn US-Präsident
       Obama wird eine aggressive amerikanische Umweltbewegung im Rücken brauchen,
       um gegen die mächtige Koalition aus Republikanern und Ölkonzernen zu
       bestehen. Auch die neue EU-Kommission muss erst durch direkten Druck in
       Brüssel und über die Mitgliedstaaten dazu gebracht werden, im täglichen
       Nahkampf nicht gegenüber den Kohlebaronen einzuknicken. Und in China
       entscheiden der Smog und das Ausmaß des Protests in den großen Städten
       darüber, wie schnell der KP beim Klimaschutz der Atem ausgeht.
       
       Zusätzlich braucht es den ökonomischen Druck. Wer den Zukunftsmarkt
       „saubere Energie“ besetzt, hat im 21. Jahrhundert die Nase vorn: In Europa
       müssen sich endlich die Firmen und Branchen, die von einem funktionierenden
       Emissionshandel profitieren, offen gegen die Bremser stellen, mit denen sie
       in den gleichen Handelskammern sitzen. In den USA muss sich die Wirtschaft
       klar darüber werden, dass eine Reindustrialisierung nicht mehr auf billigen
       fossilen Energien, sondern nur auf den Techniken der Zukunft gründen kann.
       
       Und in China wird entscheidend sein, wie schnell das Land den Sprung vom
       dreckigen Kohleland zum relativ sauberen Dienstleister vollziehen kann. Die
       Regierung wird dafür alle technische Hilfe brauchen, die sie kriegen kann.
       Sie wird sie bekommen, wenn sie das geistige Eigentum ausländischer
       Investoren besser schützt, die mit ihren Innovationen für ein deutlich
       grüneres Wachstum sorgen können.
       
       Wenn dieser Druck zusammenkommt, können die Vorschläge der drei großen
       Verschmutzer das gegenseitige Vertrauen stärken und der Beginn eines großen
       Saubermachens sein.
       
       16 Nov 2014
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Bernhard Pötter
       
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