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       # taz.de -- Haftstrafen für Al-Qaida-Anhänger: Vier Zellen für die Terrorzelle
       
       > In Düsseldorf sind vier Männer verurteilt worden, weil sie für al-Qaida
       > Anschläge in Deutschland planten. Ob die NSA bei den Ermittlungen half,
       > ist unklar.
       
   IMG Bild: Der Anführer der Zelle, Abdeladim El-K., im Gerichtssaal.
       
       DÜSSELDORF taz | Mit Haftstrafen zwischen neun und viereinhalb Jahren für
       die vier Angeklagten ist der Mammut-Prozess um die als „Düsseldorfer Zelle“
       bekannt gewordene Al-Qaida-Gruppe zu Ende gegangen. Das Oberlandesgericht
       Düsseldorf sah es nach 162 Verhandlungstagen als erwiesen an, dass die
       Angeklagten als Mitglieder von al-Qaida Anschläge in Deutschland
       vorbereitet haben, sagte Richterin Barbara Harliza. Der Prozess war das
       erste Verfahren in Deutschland, das Einblicke in die
       Entscheidungsstrukturen der Al-Qaida-Führung und ihr Zusammenspiel mit
       dezentralen Zellen ermöglicht.
       
       Der Hauptangeklagte Abdeladim El-K. ist zu neun Jahren Gefängnis verurteilt
       worden. Er hatte bei einem Aufenthalt im afghanisch-pakistanischen
       Grenzgebiet von der Al-Qaida-Führung den Auftrag bekommen, in Deutschland
       weitere Kämpfer zu rekrutieren und Anschläge zu organisieren. Das Gericht
       stützt sich bei dieser Einschätzung auf einen Brief, den US-amerikanische
       Ermittler 2011 bei Osama bin Laden sichergestellt hatten, nachdem
       US-Einheiten den Al-Qaida-Führer in Pakistan aufgespürt und getötet hatten.
       
       In dem Brief schreibt der Al-Qaida-Kommandeur Junis al-Mauritari, dass man
       einen „intelligenten und sehr vernünftigen Bruder“ habe, der sich mit
       Freunden nach dem Dschihad sehne und der entsprechende Anweisungen erhalten
       habe. „Die in dem Brief genannte Person ist zweifelsfrei El-K.“, sagte die
       Richterin.
       
       Der 1981 in Marokko geborene El-K. kam 2001 nach Deutschland, studierte
       erst in Krefeld, dann in Bochum Mechatronik. 2009 brach er sein Studium mit
       dem erklärten Ziel ab, in den Dschihad zu ziehen.
       
       ## Sammeln für den Bombenbau
       
       Mauretari hatte er in einem Al-Qaida-Ausbildungslager in Waziristan
       kennengelernt, in dem er die Techniken wie konspiratives Verhalten,
       Bombenbauen und das Herstellen von Bekennervideos lernte. Zurück in
       Deutschland wurde er nach Marokko abgeschoben, weil seine
       Aufenthaltsgenehmigung abgelaufen war. Wenig später kehrte er mit
       gefälschten Papieren zurück, die sein Freund Jamil S. besorgt hatte, den
       El-K. für al-Qaida rekrutiert hatte. S. wurde zu sieben Jahren Haft
       verurteilt.
       
       Für die Zelle rekrutierte El-K. ebenfalls den in Bochum geborenen Amid C.,
       dessen politische Auffassungen er aus der gemeinsamen Zeit in einer Moschee
       kannte. Der Student wurde zu fünf Jahren und sieben Monaten Haft
       verurteilt. Zu der Gruppe stieß auch Halil S., der sich im Frühjahr 2011
       gerade auf sein Abitur vorbereitete.
       
       In der Düsseldorfer Zelle sammelten die vier Material für den Bombenbau.
       Sie lösten Grillanzünder auf, um Hexamin für Sprengstoff zu gewinnen –
       allerdings enthielt der Anzünder diese Chemikalie nicht. Die Ermittler
       hörten mit, auch als El-K. und S. gemeinsam Berichte über einen Anschlag in
       Marrakesch anschauten. Die Attentäter hätten mehr Menschen töten können,
       waren sich die beiden einig. Sie hätten nur eine zweite Bombe nach
       Eintreffen der Rettungskräfte zünden müssen. Wenig später wurden die beiden
       und der ebenfalls in der Wohnung anwesenden C. verhaftet. S. wurde Ende
       2011 in Bochum festgenommen.
       
       ## Rolle des US-Geheimdienstes unklar
       
       Das Gericht blieb mit den Strafen leicht unter den Anträgen der
       Staatsanwaltschaft. „Der Senat hatte auch zu entscheiden, ob die
       Erkenntnisse des BKA verwendet werden dürfen“, sagte die Richterin. Nach
       dem Tipp eines Informanten aus Pakistan, der sich später als zwielichtig
       herausstellte und die Ermittler eher zufällig auf die Spur der Düsseldorfer
       Zelle gebracht hatte, waren El-K. und S. von den Behörden abgehört worden.
       Die Überwachung sei engmaschig, aber nicht lückenlos gewesen, deshalb
       könnten die Ergebnisse verwertet werden, sagte die Richterin. Allerdings
       hätten Bundeskriminalamt und Verfassungsschutz nicht alle Informationen und
       Quellen offenbart.
       
       Während des Prozesses hatte der Präsident des Verfassungsschutzes,
       Hans-Georg Maaßen, für Irritationen gesorgt. Im Bundestagsinnenausschuss
       hatte er gesagt, dass auch die NSA Informationen über das Quartett
       geliefert haben soll. Ob der US-Geheimdienst involviert war, habe nicht
       festgestellt werden können, sagte die Richterin. Das Gericht hatte sich um
       die Freigabe von geheimen Dokumenten bemüht, aber wenig Erfolg. Das betraf
       vor allem den Angeklagten S., sagte die Richterin. Seine Rolle konnte das
       Gericht daher nicht zweifelsfrei klären. „Das hat das Gericht für den
       Angeklagten gewertet“, sagte sie. S. bekam vier Jahre und sechs Monate.
       
       13 Nov 2014
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Anja Krüger
       
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