# taz.de -- Korruption bei der Fifa: Geronten mit Hang zum Luxus
> Scheintransparenz ist typisch für die Fifa: Der eigene Ethikrat fand
> heraus, dass bei der WM-Vergabe alles mit rechten Dingen zuging – eine
> Farce.
IMG Bild: Nur einer gewinnt immer: Joseph S. Blatter
Wie viel kostet eigentlich die Stimme eines Fifa-Funktionärs? Nun, die
Preise sind recht unterschiedlich. Der eine Sportboss verlangt 1,6
Millionen Euro, der andere nur 570.000. Nach Eingang der Zahlung verspricht
er, für den gewünschten WM-Bewerber zu votieren. Diese kleine Übersicht
über die marktüblichen Preise lieferte im Jahr 2010 die englische Sunday
Times, die verdeckt agierte.
Die Zeitungsreporter hatten einen guten Riecher, denn die vermeintlichen
Absprachen fanden im Vorfeld der Vergabe der Fußball-WM an Russland und
Katar statt. Beide Länder hatten im Vergleich zu den anderen schlechte
Bewertungen bekommen, wurden aber trotzdem erwählt.
Komisch auch das Prozedere der Kür: Es fand in einem Aufwasch im schönen
Zürich, dem Sitz der Fifa, statt. Das alles mutete merkwürdig an, doch
jetzt, nach einer Untersuchung der Fifa-Ethikkommission, wissen wir: Es
hatte alles seine Ordnung. Keiner wurde korrumpiert, bestochen oder mit
Bakschisch (arab., Trinkgeld) geschmiert, jedenfalls nicht so, dass ihm die
Fifa Mauschelei zugunsten der Russen oder Katarer nachweisen kann. Oder
will.
Wie merkte doch der deutsche Chef des Fifa-Ethikrates, Hans-Joachim Eckert,
so schön an: „Anzunehmen, dass zum Beispiel Umschläge voller Bargeld im
Austausch für WM-Stimmen überreicht werden, ist naiv. Korruption, auch in
der normalen Geschäftswelt, wird auf viel intelligentere Weise
vorgenommen.“ Was will er uns damit sagen? Dass die Fifa mit den Jahren
dazugelernt hat und nicht mehr so offensichtlich trickst? Dass die
Fifa-Funktionäre keine Geldkoffer mehr annehmen, dafür aber Überweisungen
auf Offshore-Konten, die gut versteckt sind in irgendwelchen
Steuerparadiesen?
Oder wollte die Fifa dann doch nicht zu tief in den Sumpf abtauchen, weil
ihr die Ausrüstung und der Wille dazu fehlte? Seit einigen Jahren versucht
sich die Fifa den Anstrich der Seriosität zu verleihen. Sie verfügt über
den bereits erwähnten Ethikrat, überdies über ein Independent Governance
Committee zur Überwachung der Unternehmenskultur.
## Wer gegen Sepp ist, fliegt
Besonders korrupte Mitglieder wie Jack Warner aus Trinidad und Tobago, den
US-Amerikaner Chuck Blazer oder den Katarer Mohammed bin Hammam ist die
Fifa losgeworden, aber die haben es in der Vergangenheit eben auch zu wild
getrieben – oder sich als Gegenspieler von Sepp Blatter selbst in die
Bredouille gebracht.
Dass die olle Fifa eine Untersuchung über die WM-Doppelvergabe anstrengte,
galt manchen als kleine Sensation. Aber die Ermittlungen des amerikanischen
Rechtsanwalts Michael Garcia und des Schweizers Cornel Borbély haben nicht
viel gebracht, ganz zu schweigen davon, dass ihre gesammelten Erkenntnisse
gar nicht zugänglich sind. Mit fadenscheinigen Argumenten hat Blatter eine
Veröffentlichung der Garcia-Papiere verhindert und nur ein popeliges
Eckert-Exzerpt zugelassen. Man müsse Persönlichkeitsrechte beachten, heißt
es.
So schafft die Fifa eine Scheintransparenz, die ihrem Image in der
Öffentlichkeit gerecht wird: Im Zweifelsfall machen es die alten Herren
unter sich aus. Die Kräfte der Reaktion haben von einem Reförmchen doch
wieder nur ein symbolpolitisches Nichts übrig gelassen. So ist und bleibt
die Reputation des Fußballweltverbandes verheerend.
Blatter und Co. scheint es egal zu sein, was die Welt von ihnen denkt.
Steigbügelhalter von Autokraten und Ölmilliardären? Wurscht. Geronto-Klub
mit Hang zum fremdfinanzierten Luxus? Nun ja. Aber eines muss man der Fifa
lassen: Alle vier Jahre bringt sie Fußballfans zum Toben. Diese Massen sind
es, die letztlich das Treiben der Fifa legitimieren.
13 Nov 2014
## AUTOREN
DIR Markus Völker
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