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       # taz.de -- Gerhart-Hauptmann Schule: Noch ein Flüchtling darf in der Schule bleiben
       
       > Auch das Amtsgericht untersagt Bezirksamt Kreuzberg einstweilig die
       > Räumung der Hauptmann-Schule.
       
   IMG Bild: Flüchtling vor der Gerhart-Hauptmann-Schule.
       
       Beim Versuch, die 45 Bewohner der besetzten Gerhart-Hauptmann-Schule vor
       die Tür zu setzen, hat das Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg eine weitere
       Schlappe kassiert. Das für Zivilstreitigkeiten zuständige Amtsgericht
       Tempelhof-Kreuzberg hat am Mittwoch einem Bewohner in einem einstweiligen
       Verfügungsverfahren recht gegeben. Der Mann weigert sich – wie die anderen
       Flüchtlinge auch – auszuziehen.
       
       Am Freitag hatte das Verwaltungsgericht bereits einem Eilantrag eines
       anderen Bewohners der Schule stattgegeben: Die Schule dürfe nicht geräumt
       werden, bevor das Gericht eine abschließende Entscheidung getroffen hat, so
       die Entscheidung. Rechtsanwalt Ralph Monneck, der die beiden Kläger
       vertritt, freute sich am Mittwoch über die positiven Beschlüsse. „Aber die
       Kuh ist damit noch nicht vom Eis“, sagte er. Denn: Das Bezirksamt
       Friedrichshain-Kreuzberg habe bislang keine Zusage zu einem generellen
       Räumungsstopp bis zum Abschluss der Verfahren gegeben.
       
       Rein theoretisch kann sich der Bezirk auf den Standpunkt stellen, dass die
       Gerichtsbeschlüsse nur für die beiden Kläger gelten und die übrigen 43
       Hausbewohner räumen lassen. „Auch wenn das Verwaltungsgericht hinterher
       sagt, die Räumung war rechtswidrig“, sagte Monneck, „wäre es zu spät.“ Dem
       gelte es vorzubeugen.
       
       In der Gerichtsverhandlung hatten die Bezirksamtsvertreter keine Erklärung
       abgeben wollen, von einer Räumung vorerst Abstand zu nehmen. Obwohl
       Amtsrichterin Marianne Krause vorgeschlagen hatte, die Gelegenheit zu einer
       Einigung zu nutzen. Anwalt Monneck hatte angeregt, die offenstehenden
       Fragen ein für alle Mal in einem Musterverfahren zu klären, damit nicht
       jeder der 45 Hausbewohner einzeln vor Gericht ziehen müsse.
       
       Ohne der Entscheidung vorzugreifen, hatte die Amtsrichterin schon in der
       Verhandlung durchblicken lassen, dass sie in der Sache der Argumentation
       des Klägers zuneige: Hassan E. war in Begleitung von zwei Anwälten und
       einem Dolmetscher erschienen. E. verfügt über eine aufenthaltsrechtliche
       Duldung. Im Frühjahr 2014 war er nach der Räumung des Zeltdorfs auf dem
       Oranienplatz in die Schule gezogen. Ein vom Bezirksamt ausgestellter
       Hausausweis weist ihn als Bewohner aus.
       
       Für den Bezirk waren der Wirtschaftsstadtrat Peter Beckers (SPD), die
       Finanzstadträtin Jana Borkamp (Grüne) und der Justiziar Heinrich Baasen
       erschienen. Baasen war der Meinung, das Amtsgericht sei gar nicht
       zuständig: Am Mittwochmorgen habe das Landgericht in einem der anderen fünf
       offenen Verfahren in dieser Sache entschieden, dass das Verwaltungsgericht
       zuständig sei, weil es sich um eine Streitigkeit des öffentlichen Rechts
       handele.
       
       „Ich halte mich für zuständig“, entgegnete Amtsrichterin Krause. Es gehe um
       Privatrecht. Der Bezirk habe dem Kläger den Verbleib in dem Gebäude in dem
       Juli 2014 geschlossenen Einigungspapier eingeräumt. Die Vorgeschichte, dass
       die Schule besetzt gewesen sei, spiele keine Rolle, so die Richterin. Zumal
       das Bezirksamt die Besetzung monatelang geduldet habe. Aber spätestens mit
       der Unterschrift in dem Einigungspapier habe der Bewohner ein
       selbstständiges Besitzrecht an den Räumlichkeiten der Schule erworben.
       
       Der Einigungsvertrag sei in einer Notsituation zustande gekommen,
       argumentierte Finanzstadträtin Jana Borkamp am Mittwoch vor dem
       Amtsgericht. Zehn nervenaufreibende Tage hätten damals im Sommer hinter den
       Beteiligten gelegen. „Wenn Menschen damit drohen, sich das Leben zu nehmen,
       dann ist das keine Verhandlung auf Augenhöhe“, so Borkamp in Anspielung auf
       die Drohung der Hausbewohner im Falle einer Räumung, vom Dach zu springen.
       Etliche Zugeständnisse habe man seinerzeit nur gemacht, um die schwierige
       Situation zu beenden.
       
       Bezirkssprecher Sascha Langenbach sagte nach der Gerichtsverhandlung, der
       Bezirk wolle sich das Hausrecht in der Schule nicht nehmen lassen. Sollten
       die Flüchtlinge dem Bezirk den Zugang zur Schule verwehren, werde man sich
       Hilfe von außen holen, also die Polizei um Amtshilfe bitten. „Wir müssen
       uns einen Überblick über die Fluchtwege verschaffen.“ Auch seien die
       Zugänge zum Dach wieder aufgebrochen worden. Wenn die Begehung der Schule
       ohne Probleme stattfinde, werde es zunächst keine Räumung geben, so
       Langenbach.
       
       12 Nov 2014
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Plutonia Plarre
       
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