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       # taz.de -- Russlands Medienoffensive „Sputnik“: Der Selbstdarstellungs-Satellit
       
       > Russland startet die Medienoffensive „Sputnik“. Auch in Deutschland
       > sollen bald Alternativen zur „westlichen Propaganda“ zu sehen sein.
       
   IMG Bild: Präsident Putin zu Besuch im Studio von „Russia Today“.
       
       MOSKAU taz | Sphärenklänge und Bilder des flackernden Universums erfüllen
       den großen Saal des internationalen Pressezentrums in Moskau, wo Russland
       sein neues gigantisches Medienprojekt „Sputnik“ präsentiert. Dahinter
       verbirgt sich ein Multimedia-Angebot, das in und aus 130 Städten in 34
       Ländern und 30 Sprachen berichten wird.
       
       Sputnik soll einen Gegenpol zur „aggressiven westlichen Propaganda“ bilden,
       sagt Russlands Chefpropagandist Dmitri Kisseljow vor leuchtend kosmischem
       Hintergrund. Vor einem Jahr hatte Präsident Wladimir Putin den 60-jährigen
       Journalisten zum Direktor der neuen zentralisierten staatlichen Megabehörde
       „Russland heute“ ernannt.
       
       Sputnik soll nicht nur „das Ungesagte sagen“, so die offizielle Losung.
       Seine Aufgabe wird vor allem sein, der vermeintlich „russlandfeindlichen
       Haltung“ westlicher Medien mit alternativen Information entgegenzuwirken.
       Ein französisches TV-Programm ist ab nächstem Jahr geplant, ein deutsches
       ebenfalls.
       
       Und Deutschland ist für den Kreml nach wie vor wichtig. Das ließ sich schon
       bei der Kontaktaufnahme mit den Auslandsbüros auf der Veranstaltung
       entnehmen. Nach China, dem zurzeit in Russlands Wunschvorstellung
       bedeutendsten außenpolitischen Verbündeten, folgte Berlin an zweiter
       Stelle.
       
       Bislang war Deutschland als außenpolitischer Mediator und
       Wirtschaftspartner gefragt, inzwischen hat der Kreml noch etwas erkannt:
       Die deutsche Auseinandersetzung über Russlands Rolle im Ukrainekrieg
       offenbarte, dass die Öffentlichkeit links wie rechts für russische
       Deutungsmuster besonders empfänglich ist. Mit Globalisierungsgegnern,
       Antieuropäern, Pazifisten und Schwulengegnern lasse sich „ziemlich effektiv
       arbeiten“, meinte ein russischer Polittechnologe.
       
       Moskau nämlich will innenpolitisch Unruhe stiften, die EU schwächen und
       langfristig das Verhältnis der Europäer zu den USA unterminieren. Mit dem
       Front National verfügt Moskau bereits über einen engen Vertrauten in Paris.
       Michail Laiko, Leiter des Berliner Büros, setzt auch in Deutschland auf
       verstärkte Nachfrage: das Vertrauen der Öffentlichkeit in die eigenen
       Medien sei mit der Ukrainekrise geschwunden. Nicht zuletzt wegen fehlender
       Professionalität deutscher Journalisten, behauptet Laiko.
       
       ## 263 Millionen Euro mehr für Russia Today
       
       Sputnik – auf Deutsch: Satellit – bedeutet eigentlich Begleiter und
       Weggefährte, er nimmt so etwas wie eine Schutzfunktion wahr. Als Medium
       dürfte Moskaus Begleitung wie beabsichtigt eher Verwirrung stiften und
       Fakten im schwarzen Loch des Universums verschwinden lassen.
       
       Zunächst soll es ein Hörfunkprogramm geben, das von unterschiedlichen
       Formaten in den sozialen Medien begleitet wird. Geplant ist auch der Ausbau
       des Auslandssenders „Russia Today“. Als Chefin des erfolgreichen Kanals
       konnte Margarita Simonjan seit fast zehn Jahren Erfahrungen im Umgang mit
       russlandfernen Öffentlichkeiten sammeln.
       
       Die Offensive startet mit einer Finanzspritze: Für den Ausbau des
       internationalen TV-Angebots erhält Simonjan 2015 mit rund 263 Millionen
       Euro. Etwa 40 Prozent mehr Geld als vorher. Der Kreml lässt sich die
       Erweiterung der medialen Einflusssphäre einiges kosten, trotz finanzieller
       Schwierigkeiten. Auch in den postsowjetischen Staaten wurden
       Niederlassungen gegründet.
       
       Ansonsten versammelt der Sender weltweit eloquente Verschwörungstheoretiker
       aus allen erdenklichen marginalen Gegenöffentlichkeiten. Propagandist
       Kisseljow und Senderchefin Simonjan geht es auch nicht um eine möglichst
       genaue Abbildung der Realität. Guter Journalismus zeichne sich dadurch aus,
       dass er der patriotischen Sache diene.
       
       13 Nov 2014
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Klaus-Helge Donath
       
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