URI: 
       # taz.de -- Weltkriegsveteran und das US-Militär: 92-Jähriger an der Homophobie-Front
       
       > Rupert Starr hat als US-Soldat schon im Zweiten Weltkrieg gekämpft. Heute
       > engagiert sich der 92-jährige Schwule für mehr Offenheit im US-Militär.
       
   IMG Bild: „Ich bin stolz auf dieses Land“: Schwulenrechte-Aktivist Rupert Starr
       
       UPPER ARLINGTON ap | Sein Lebenslauf entspricht dem vieler US-Bürger, die
       in den 1940er Jahren wehrtauglich waren: Rupert Starr kämpfte für die
       amerikanischen Streitkräfte im Zweiten Weltkrieg, war einige Monate in
       deutscher Kriegsgefangenenschaft, kehrte in seine Heimat zurück und wurde
       dort für seine Verdienste ausgezeichnet. Der mittlerweile 92-Jährige trug
       dabei lange ein Geheimnis mit sich herum: Er ist homosexuell. Seit seinem
       Coming-Out engagiert er sich dafür, dass Schwule innerhalb der Streitkräfte
       anerkannt und akzeptiert werden.
       
       Seit Anfang der 90er Jahre verfolgte das Pentagon eine Politik nach dem
       Motto „Don't ask, don't tell“ („Fragt nicht, sagt nichts“) – Homosexuelle
       wurden verpflichtet, ihre Sexualität nicht öffentlich zu machen. Wer
       dagegen verstieß, konnte strafversetzt oder sogar aus der Armee entlassen
       werden.
       
       Erst 2011 wurde die Direktive aufgehoben. Trotzdem halten sich hartnäckig
       Stereotypen. „Man sagt, Homosexuelle hätten nicht genug Mut oder Nerven, um
       in Gefechten eingesetzt zu werden“, sagt Starr. Sie seien nicht in der
       Lage, ihre Kameraden zu schützen, weil sie schnell aufgäben. „Und das ist
       nicht wahr“, betont er. „Ich kann es beweisen.“
       
       Starr ist tatsächlich so etwas wie der lebendige Gegenbeweis. Als Sohn
       eines Zahnarztes und einer Lehrerin im US-Staat Ohio geboren, meldete er
       sich 1943 zum Militär. Seine Ausbildung schloss er als Unterleutnant ab.
       Als Verbindungsoffizier des 422. Regiments der 106. Infanteriedivision
       setzte er im Oktober 1944 zunächst nach England, dann nach St. Vith in
       Belgien über. Als er nach der Ardennenschlacht zusammen mit einem anderen
       Soldaten auf dem Rückweg ins Hauptquartier war, nahmen ihn die Deutschen am
       21. Dezember 1944 gefangen.
       
       ## Das Haus ist voller Erinnerungen
       
       Tagelang eingepfercht mit anderen Gefangenen in einem Güterwaggon,
       Fußmärsche bei eisigen Temperaturen – dann kam Starr in ein
       Kriegsgefangenenlager in Deutschland. Als im Februar 1945 die Russen
       anrückten, flüchteten seine Bewacher. Starr schlug sich Richtung Westen
       durch und kehrte am 20. April 1945 heim in die USA. Dort arbeitete er
       zunächst für den Konsumgüterkonzern Procter & Gamble in Ohio, später in dem
       Staat für einen Immobilienmakler. In dieser Branche machte er sich
       selbstständig und war ein bekannter Immobilienexperte. Zudem war er als
       Kommunalpolitiker aktiv.
       
       1954 lernte er den Innenarchitekten Allan Wingfield kennen, bis zu dessen
       Tod 2007 waren die beiden 53 Jahre lang ein Paar. Starrs Hobby ist das
       Reisen, er war in 154 Ländern, sein Haus in Upper Arlington ist voller
       Erinnerungen.
       
       2004 lernte Starr den Filmemacher Patrick Sammon kennen, Mitglied der
       sogenannten „Log Cabin Republicans“, die sich innerhalb der
       Republikanischen Partei für die Bürgerrechte von Homosexuellen engagieren.
       Sammon überredete Starr dazu, sich an der Kampagne gegen das Prinzip „Don't
       ask, don't tell“ zu beteiligen und in einem Video seine Geschichte zu
       erzählen.
       
       ## „Don't ask, don't tell“
       
       Jeder Abgeordnete des Senats und des Repräsentantenhauses in Washington
       bekam dieses Video zu sehen. Es gilt als bedeutender Beitrag dazu, dass die
       „Don't ask, don't tell“-Direktive 2011 aufgehoben wurde. „Man hört nicht
       oft etwas über diese mutige Generation und über die Tatsache, dass einige
       von ihnen schwul oder lesbisch waren“, sagt Sammon.
       
       Hatte Starr Jahrzehnte vorher nur heimlich an einem Umzug von Homosexuellen
       teilgenommen, beteiligte er sich 2009 an dem Umzug in Columbus in führender
       Position. Und er wird nicht müde, seine Geschichte zu erzählen – über seine
       Sexualität, seinen Kriegseinsatz und über seine Überzeugung, dass
       diejenigen, die beim Militär dienen wollten, dies auch dürfen sollten. „Ich
       bin stolz auf mein Land“, sagt er. „Und ich bin stolz, dass ich meinen
       Beitrag geleistet habe, dass mein Land heute so ist, wie es ist.“
       
       16 Nov 2014
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Andrew Welsh-Huggins
       
       ## TAGS
       
   DIR Schwerpunkt Gender und Sexualitäten
   DIR Homophobie
   DIR Aktivismus
   DIR US-Army
   DIR Veteranen
   DIR Transgender
   DIR USA
   DIR USA
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Gleichberechtigung im US-Militär: Auch Trans-Personen dürfen dienen
       
       Es ist ein wichtiger Schritt zur Gleichberechtigung von Trans-Menschen: Sie
       können künftig offen im US-Militär dienen. Das gefällt nicht jedem.
       
   DIR Militär in den USA: Elitesoldatinnen willkommen
       
       Kämpfende Soldatinnen bei den Navy Seals? Das war lange undenkbar. Jetzt
       wird es Realität. US-Präsident Obama ist sich sicher: Das macht die Truppe
       stärker.
       
   DIR Konservative Homo-Gegner in den USA: Die Rückwärtsgewandten
       
       Sie stemmen sich gegen den Trend im Land: Gegner der Homo-Ehe in den USA
       rufen am Donnerstag zum „Marsch für die Ehe“ auf.
       
   DIR Statement zur Homo-Ehe: Jubel über Obamas Coming-out
       
       Das lang ersehnte Statement kommt mitten im Wahlkampf: US-Präsident Obama
       hat sich für die gleichgeschlechtliche Ehe ausgesprochen. Die Republikaner
       freut's nicht.
       
   DIR USA setzen sich für Homo-Rechte ein: Immer auf die anderen zeigen
       
       Die USA wollen sich mit der Vergabe von Entwicklungshilfe künftig für
       Schwule und Lesben einsetzen. Aber was ist mit den Rechten Homosexueller in
       den USA?
       
   DIR US-Gericht erlaubt Outing: Auch GIs dürfen jetzt schwul sein
       
       "Don't ask, don't tell" hat ausgedient, urteilt ein US-Bundesgericht.
       Homosexuelle SoldatInnen dürfen sich in den USA ab sofort offen zu ihrer
       sexuellen Orientierung bekennen.