# taz.de -- Rechter Aufmarsch: Der Hass zurück in Hellersdorf
> Wieder demonstrieren Neonazis im Berliner Stadtteil Hellersdorf gegen ein
> geplantes Flüchtlingsheim. Von einer "bedrohlichen Stimmung“ sprechen
> Beobachter.
IMG Bild: Geht das jetzt wieder los? Rechte und ihre dumpfen Parolen im vergangenen Jahr in Hellersdorf
Die Neonazi-Szene versucht erneut, in Hellersdorf Fuß zu fassen. Schon zum
zweiten Mal innerhalb eine Woche rief die „Bürgerbewegung Marzahn“ zu einer
„Montagsdemonstration“ in Hellersdorf auf. Bereits letzten Montag hatten
sich laut Aussage von „Hellersdorf hilft e. V.“ rund 150 Menschen,
„darunter Neonazis von NPD, Die Rechte und der freien Kameradschaftsszene“
versammelt, um gegen „Asylmissbrauch“ und die geplanten Containerdörfer für
Flüchtlinge in Hellersdorf zu demonstrieren.
Man kann nicht behaupten, dass es lange ruhig gewesen wäre im Bezirk
Marzahn-Hellersdorf. Schon vergangenes Jahr hatten die Parteien
ProDeutschland und NPD vor dem Flüchtlingsheim in der Carola-Neher-Straße
gegen „Asylschmarotzer“ gehetzt – das sorgte deutschlandweit für
Schlagzeilen. Auch ein Berliner Nazi-Rapper nutzte das Heim als Kulisse für
ein Musikvideo.
Nun gibt es mit den Wohncontainern ein neues Hassobjekt für die Rechten in
Hellerdorf. Wie schon vergangene Woche spielten sich bedrohliche Szenen ab.
Gruppen von Gegendemonstranten wurden von Teilnehmern des Aufzugs
angefeindet und verjagt. Dazu wurden „HoGeSa“-Rufe skandiert – in Anlehnung
an die „Hooligans gegen Salafisten“-Proteste in Köln. Journalisten wurden
bedroht und flüchteten. Gegen 19 Uhr hatten sich rund 500 Flüchtlingsgegner
am Treffpunkt Blumberger Damm/ Landsberger Allee eingefunden. Schon auf
Facebook hatten die „Bürgerbewegung Marzahn“ ihre Demonstration beworben.
„Störungsfrei“ sei der Abend verlaufen, schätzte die Polizei gegenüber der
taz ein. 340 Beamte waren laut Polizei sowohl für die Flüchtlingsgegner als
auch für den Gegenprotest eingesetzt. „Es war eine absolut bedrohliche
Stimmung“, beschrieb hingegen ein Sprecher vom Asta der Alice Salomon
Hochschule den Abend. Immer wieder seien Gruppen von Antifaschisten durch
die Flüchtlingsgegner bedroht worden.
Auch für Journalisten sei der Abend nicht ungefährlich gewesen. „Da laufen
noch welche frei rum, fangt die doch mal ein!“, habe eine Frau mit rot
gefärbten Haaren aus der Masse gerufen und auf ein kleine Gruppe
Journalisten am Rand gezeigt, die zuvor bereits als „Lügenpresse“
beschimpft wurde. Die Gruppe konnte sich in einen nahen Supermarkt
flüchten, nachdem sich zwei Männer auf sie zubewegten.
Selbst die Abreise war für vermeintliche „Feinde“ wie Journalisten und
Antifaschisten nicht ungefährlich. Erst nach vier Stunden war es der
Initiative „Hellersdorf hilft e. V.“ geglückt, eine Spontandemonstration
zum U-Bahnhof Hellersdorf anzumelden, um einen geschützten Heimweg für die
200 Gegendemonstranten zu gewährleisten. „Die Nazis konnten weitestgehend
unbehelligt durch Hellersdorf laufen“, so Stephan Jung von der Initiative.
Diese hatte sich im Sommer 2013 gegründet, als es erste Proteste gegen das
Flüchtlingsheim gab, und beteiligt sich seitdem an verschiedenen
Kundgebungen. Am Montag hatten Vertreter von „Hellersdorf hilft e. V.“ zum
ersten Mal eine eigene Demonstration angemeldet.
Für Samstag, 22. November, mobilisieren erneut drei rechte Gruppen,
darunter die Bürgerbewegung Hellersdorf, für eine Veranstaltung, die den
Slogan „Gemeinsam sind wir stark“ benutzt. Ein Slogan, mit dem auch schon
„HoGeSa“-Gruppen in sozialen Netzwerken geworben hatten.
11 Nov 2014
## AUTOREN
DIR Katrin Katjuscha
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