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       # taz.de -- Wohnungsbau mit Haken: Hochhaus weg, Wohnungen her
       
       > Auf der Grenze zwischen Ottensen und Bahrenfeld soll ein neues,
       > verdichtetes Wohnquartier dort entstehen, wo bislang das Hermes-Hochhaus
       > steht.
       
   IMG Bild: Weniger Etagen, mehr Wohnraum: das Hermes-Hochhaus soll weg.
       
       HAMBURG taz | Das „Wahrzeichen von Bahrenfeld“ liegt eigentlich knapp in
       Ottensen. Doch das ist bald egal – denn seine Tage sind gezählt. Das
       Hermes-Hochhaus, welches an der Friedensallee, nahe der Grenze zwischen
       beiden Stadtvierteln thront, soll spätestens 2018 abgerissen werden. Weil
       eine Sanierung des 86 Meter hohen 23-Stöckers – der schlecht gedämmt
       immense Energie schluckt – aus Sicht von Euler-Hermes zu teuer ist, will
       der Versicherungskonzern auf ein benachbartes Gelände an der Gasstraße
       umziehen und dort neu bauen.
       
       Der Kreditversicherer ist bereits im Besitz von entsprechenden
       Grundstücken. Auf dem bisherigen Gelände soll der Immobilienkonzern
       Quantum, der das Gelände für einen zweistelligen Millionenbetrag ersteht,
       derweil 500 bis 600 neue Wohnungen erstellen. Als Projektentwickler ist die
       in ganz Deutschland tätige Hamburger „D&K drost consult GmbH“ mit an Bord.
       
       Dieses städtebauliche Hermes-Paket hat sich jetzt auch die Altonaer SPD zu
       eigen gemacht, die mit den anderen Fraktionen der Altonaer
       Bezirksversammlung (BV) im Oktober von Euler-Hermes über die Abriss- und
       Neubaupläne ausführlich informiert wurde. Die Sozialdemokraten wollen nun
       auf der BV-Sitzung am 27. November die Einleitung eines entsprechenden
       Bebauungsplan-Verfahrens anstoßen und können dabei mit breiter Zustimmung
       rechnen.
       
       ## Sozialer Wohnungsbau
       
       Das Ziel der Sozis: Auf der Fläche am S-Bahnhof Bahrenfeld sollen 30
       Prozent der geplanten Wohneinheiten im sozialen Wohnungsbau entstehen.
       „Darauf müssen wir achten, um die Akzeptanz des Projekts zu bewahren“, ahnt
       der Altonaer SPD-Fraktionschef Thomas Adrian. Er geht davon aus, das der
       Bebauungsplan im kommenden Jahr soweit vorangeschritten ist, dass im Herbst
       2015 ein zweistufiger Architektenwettbewerb eingeleitet werden kann.
       
       2016 könnten dann die ersten Baugenehmigungen erteilt werden. Neben der
       Neuen Mitte Altona (3.600 Wohnungen) und den Othmarscher Höfen (1.000
       Wohnungen) würde damit innerhalb kurzer Zeit ein drittes großes und zentral
       gelegenes Neubauquartier in Altona in Angriff genommen werden. Altona hätte
       damit seine Wohnbauverpflichtungen gegenüber dem Senat auf absehbare Zeit
       übererfüllt.
       
       Allerdings erfordert die Erstellung von 600 Wohnungen auf dem etwa drei
       Hektar großen Areal eine sehr dichte oder hohe Bebauung. Sowohl SPD als
       auch CDU können sich an dieser Stelle auch Wohnblöcke mit mehr Stockwerken
       vorstellen, als in Hamburg derzeit üblich. Hier aber blockt die Linke, die
       das Ottensener Wohnprojekt ansonsten begrüßt. „Einer Bebauung mit mehr als
       sechs Geschossen werden wir an dieser Stelle definitiv nicht zustimmen“,
       kündigt Linken-Fraktionschef Robert Jarowoy an.
       
       Und es gibt noch weitere Probleme: Direkt neben dem geplanten Wohngebiet
       entsteht auf dem ehemaligen Kolbenschmidt-Gelände derzeit im Rahmen des
       Bebauungsplans Ottensen 66 ein neues Gewerbegebiet, in dem auch
       lärmintensivere Zünfte – etwa eine Motorradwerkstatt – ihren Platz finden
       sollen.
       
       Doch die vertragen sich schlecht mit der geplanten Wohnbebauung, die auf
       der anderen Seite zudem durch die S-Bahn-Gleise begrenzt wird. „Das wird
       architektonisch eine sportliche Aufgabe“, glaubt Thomas Adrian. Möglich sei
       etwa ein zusätzlicher Gewerbe- oder Büroriegel zwischen dem Kolbenschmidt-
       und dem Hermes-Gelände als Lärmschutzwall, aber auch eine Wohnbebauung, die
       Küchen, Bäder, Flure und Abstellkammern in Richtung Gewerbe ausrichtet, die
       Wohn- und Schlafräume aber in Richtung Wohngebiet.
       
       Die Linke hingegen setzte im Planungsausschuss Anfang November durch, das
       sogenannte „störende“, weil laute Gewerbe innerhalb des
       Kolbenschmidt-Areals so von der geplanten Wohnbebauung weg zu verlagern,
       dass sich die absehbaren Nachbarschaftsprobleme minimieren.
       
       11 Nov 2014
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Marco Carini
       
       ## TAGS
       
   DIR Sozialer Wohnungsbau
   DIR Hamburg
       
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