URI: 
       # taz.de -- Antisemitismus-Streit führt bis zur Toilette: Eklat im Bundestag
       
       > Der US-Journalist Max Blumenthal stellt dem Linkspolitiker Gregor Gysi
       > nach. Zuvor war eine Nahost-Veranstaltung mit ihm in Berlin abgesagt
       > worden.
       
   IMG Bild: Der Journalist Max Blumenthal lauert Gregor Gysi auf.
       
       BERLIN taz | Der Tag endete mit einem Eklat. Nachdem der US-Journalist Max
       Blumenthal und sein Mitstreiter, der israelische Antirassismus-Aktivist
       David Sheen, am Montag in einem Konferenzraum des Bundestags einen gut
       besuchten Vortrag hielten, zu dem die Linke-Abgeordnete Inge Höger
       eingeladen hatte, suchten beide das Büro von Gregor Gysi auf.
       
       Sie wollten den Vorsitzenden der Links-Fraktion zur Rede stellen und
       fragen, warum dieser sich geweigert hatte, ihnen den Sitzungssaal seiner
       Fraktion zur Verfügung zu stellen, und ihnen einer Lokalzeitung gegenüber
       angeblich Antisemitismus unterstellt habe.
       
       Doch Gysi wollte nicht. Als er aber sein Büro verließ, um auf die Toilette
       zu gehen, stellten ihm Blumenthal und Sheen nach und machten ihm lautstark
       Vorwürfe. Die Handy-Aufnahme dieser Szene macht inzwischen im Internet die
       Runde.
       
       Max Blumenthal, 37, ist ein US-amerikanischer Journalist, Blogger und
       Buchautor und für Provokationen bekannt. [1][Mit einem Video], das kurz vor
       Barack Obamas Staatsbesuch in Israel entstand, sorgte er vor fünf Jahren
       für Furore. Der Clip zeigte jüdisch-amerikanische Jugendliche in Jerusalem,
       die sich unverhohlen rassistisch über den US-Präsidenten äußerten.
       
       ## Bericht aus dem Gazastreifen
       
       Blumenthal ist der Sohn eines Beraters von Bill und Hillary Clinton. Im
       vergangenen Oktober veröffentlichte er das Buch „Goliath. Life and Loathing
       in Greater Israel“, das von Rassismus in Israel handelt. Das Simon
       Wiesenthal Center erklärte ihn daraufhin zu einem der zehn „schlimmsten
       Antisemiten des Jahres 2013“. Im Sommer war Blumenthal während des jüngsten
       Krieges in Israel und reiste während einer Feuerpause in den Gazastreifen
       ein. Um darüber zu berichten, kam er vor einigen Tagen zu einer
       Vortragsreise nach Deutschland.
       
       Am Sonntag sollte er auch in der Berliner Volksbühne auftreten. Doch Volker
       Beck (Grüne), Petra Pau von der Linken und der Präsident der
       Deutsch-Israelischen Gesellschaft, der SPD-Politiker Reinhold Robbe,
       forderten das Theater am Freitag in einem offenen Brief dazu auf, ihm und
       David Sheen keinen Raum zur Verfügung zu stellen, weil sie „antisemitische
       Ressentiments bedienen“ würden. Sie störten sich auch an dem Termin, dem
       Jahrestag der Pogromnacht vom 9. November 1938. Die Volksbühne sagte die
       Veranstaltung daraufhin in letzter Minute ab, diese musste spontan in ein
       linkes Anti-Kriegs-Café verlegt werden.
       
       Blumenthal ist wütend. „Die intellektuelle Feigheit mancher Politiker hier
       ist erstaunlich. Gregor Gysi zum Beispiel kann kein Englisch. Er kann mein
       Buch nicht gelesen haben. Es ist mir schleierhaft, wie er zu seinem Urteil
       über mich kommt“, sagte er der taz.
       
       ## „Hebräische Nazis“
       
       Er verteidigt sich damit, dass auch der Schriftsteller Amos Oz radikale
       Siedler einmal als „hebräische Neonazis“ bezeichnet habe, ohne dass man ihm
       deshalb Vorwürfe mache. Und dass er „konsequent antisemitische Vergleiche
       zwischen Israel mit dem Nationalsozialismus“ ziehe, wie Beck und Pau
       behaupten, weist er von sich. „Man muss sich schon viel Mühe geben und
       etwas fabrizieren, um solche falschen Anschuldigungen erheben zu können.
       Das sind Stasi-Methoden“, wirft Blumenthal seinen Kritikern vor.
       
       „Man kann nicht immer kontrollieren, von welcher Seite man Zuspruch
       erhält“, räumt Blumenthal ein. Aber er wende sich gegen jede Form von
       Rassismus und habe sich selbst schon gegen Leute ausgesprochen, die in
       ihrer Kritik an Israel antisemitische Argumentationsmuster bedienten,
       verwahrt er sich gegen Applaus von der falschen Seite. Das Büro von Gregor
       Gysi wollte die Angelegenheit nicht kommentieren.
       
       12 Nov 2014
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] http://www.mojvideo.com/video-feeling-the-hate-in-jerusalem-on-eve-of-obama-s-cairo-addres/aea441d039edf753afe0
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Daniel Bax
       
       ## TAGS
       
   DIR Antisemitismus
   DIR Max Blumenthal
   DIR Gregor Gysi
   DIR Schwerpunkt Nahost-Konflikt
   DIR Simon-Wiesenthal-Center
   DIR Die Linke
   DIR Israel
   DIR Schwerpunkt Nahost-Konflikt
   DIR Max Blumenthal
   DIR Die Linke
   DIR Berliner Mauer
   DIR Mauerfall
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Liste des Wiesenthal-Zentrums: Platz 4 für israelfeindliche Linke
       
       Wegen des „Toilettengate“ landen vier Linke-Abgeordnete auf der
       Antisemitismus-Liste des Wiesenthal-Zentrums. Ihre Aktion habe Hass gegen
       Israel geschürt.
       
   DIR Linken-Politikerin Höger über Klo-Affäre: „Das war mir so nicht klar“
       
       Sie hat die Journalisten zu Gregor Gysi geführt. Die Linken-Abgeordnete
       Inge Höger sagt, sie habe sich dafür bei ihm entschuldigt, aber
       zurücktreten werde sie nicht.
       
   DIR Die Linke und die Klo-Affäre: „Ein Akt der Ausgrenzung“
       
       Sollte die Klo-Affäre um Gregor Gysi Folgen für die Initiatoren der Aktion
       haben? Natürlich nicht, finden sie selbst. Und sehen sich neuen Vorwürfen
       ausgesetzt.
       
   DIR Konsequenzen aus der Klo-Affäre: Linke gegen Linke
       
       Linke-Politiker starten eine Kampagne gegen die eigenen Kollegen, die an
       der Nahost-Veranstaltung teilgenommen haben, bei der Gregor Gysi bedrängt
       worden ist.
       
   DIR Max Blumenthal und die Klo-Affäre: „Ich bin empört“
       
       Max Blumenthal fühlt sich als Antisemit diffamiert. Im Interview erklärt
       er, warum er Linken-Fraktionschef Gysi auf dem Weg zur Toilette bedrängte.
       
   DIR Antisemitismus-Streit in der Linkspartei: Klo-Affäre hat Konsequenzen
       
       Linke-Abgeordnete entschuldigen sich für eine Filmattacke ihrer Gäste auf
       Fraktionschef Gregor Gysi. Manchen in der Partei geht das nicht weit genug.
       
   DIR 25 Jahre Mauerfall: 7.000 Luftballons und ein Sorry
       
       Berlin feiert den Jahrestag des Mauerfalls. Die Führung der Linkspartei
       verurteilte unterdessen „staatliches Unrecht“ in der DDR und entschuldigte
       sich für die Rolle der SED.
       
   DIR Mauergedenken im Bundestag: Biermann gibt den Wolf
       
       Wolf Biermann kann es nicht lassen: Während der Feierstunde zum Mauerfall
       zieht er über die Linkspartei her. Dann singt er noch ein Lied.