# taz.de -- Gabriel will an Kohlestrom festhalten: Ohne Kohle geht nix
> Welche Kohlekraftwerke am Netz bleiben, sollen laut Wirtschaftsminister
> Gabriel die Unternehmen entscheiden. Einen Komplettausstieg hält er für
> unmöglich.
IMG Bild: Weiß Bescheid: Der komplette Verzicht auf Kohle ist unmöglich, findet Energieminister Gabriel.
BERLIN afp/rtr/dpa | Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) hält
Kohleverstromung für ein Gelingen der Energiewende in Deutschland für
unverzichtbar. „Wir müssen endlich mal Schluss machen mit den Illusionen in
der deutschen Energiepolitik. Man kann nicht zeitgleich aus der Atomenergie
und der Kohleverstromung aussteigen“, erklärte Gabriel nach Angaben des
Wirtschaftsministeriums vom Dienstag in Berlin.
Damit stellte sich der SPD-Chef auch gegen Bundesumweltministerin Barbara
Hendricks (SPD), die zum Erreichen der Klimaschutzziele den Abbau von
Kohlekraftwerkskapazitäten will. Gabriel erklärte, wer aus der
Kohleverstromung aussteige, sorge für explodierende Stromkosten,
Versorgungsunsicherheit und die Abwanderung großer Teile der deutschen
Industrie.
Als SPD-Chef sehe er gerade seine Partei in der Verantwortung, die
Energiewende mit bezahlbaren Strompreisen und sicherer Stromversorgung für
die deutsche Wirtschaft zu verbinden. Dafür sei aber auf längere Sicht
gerade auch die Kohle- und Gasverstromung nötig.
„Erneuerbare Energien und konventionelle Kraftwerke gegeneinander
auszuspielen, ist einfach töricht“, sagte der Wirtschaftsminister. „Denn
wenn wir 2035 55 bis 60 Prozent erneuerbare Energien haben wollen, dann
werden wir für den Rest die Kohle- und Gasverstromung brauchen.“
## „Einstieg in den Ausstieg“
Bei der Entscheidung darüber, welche Kohlekraftwerke vom Netz genommen
werden sollen, seien die Firmen am Zug. „Ich bin allerdings sicher, dass
die Frage, welche Kraftwerke am Netz bleiben und welche stillgelegt werden,
die Unternehmen entscheiden sollen und nicht der Staat“, erklärte Gabriel.
Die Umwelt- und Entwicklungsorganisation Germanwatch warf Gabriel „billigen
Kohlepopulismus“ vor. Der Politische Geschäftsführer von Germanwatch,
Christoph Bals, wies in Bonn darauf hin, dass „kein relevanter Akteur im
Land den sofortigen Ausstieg aus der Kohleverstromung fordert“. Worum es
aber gehe, sei ein „Einstieg in den Ausstieg“. Ziel müsse „ein klima- und
wirtschaftspolitisch ausgewogener Energiemix mit immer weniger Kohle“ sein.
Bals warnte, ohne eine Reduzierung des Kohlestroms seien die deutschen
Klimaziele nicht zu halten.
Widerspruch erfuhr Gabriel auch aus den Reihen von Greenpeace. Bei einer
Rede des Wirtschaftsministers auf dem Effizienzkongress der Deutschen
Energieagentur (Dena) am Dienstag protestierten Mitglieder der Organisation
gegen die „klimaschädliche Politik von Sigmar Gabriel“.
Auch Eberhard Brandes vom Vorstand der Naturschutzorganisation WWF
erklärte, der Bundeswirtschaftsminister werde „immer mehr zum Bremser der
Ernergiewende und des Klimaschutzes.“ Der Verzicht auf Kohlenutzung dürfe
nicht den Unternehmen überlassen werden, da diese „logischerweise nach
betriebswirtschaftlichen Kriterien entscheiden“, so Brandes.
11 Nov 2014
## TAGS
DIR Erneuerbare Energien
DIR Kohlekraftwerke
DIR Umweltschutz
DIR Atomausstieg
DIR Sigmar Gabriel
DIR Greenpeace
DIR WWF
DIR Germanwatch
DIR Intransparenz
DIR Sigmar Gabriel
DIR Energiewende
DIR Kohle
DIR Kohle
DIR Sellafield
DIR Energiewende
DIR Schwerpunkt Klimawandel
DIR Braunkohle
DIR Schwerpunkt Klimawandel
## ARTIKEL ZUM THEMA
DIR Intransparenz bei Strompreisen: Verivox am Pranger
Dem Stromvergleichsportal Verivox wird Intransparenz bei Preisangaben
vorgeworfen. Das Unternehmen dementiert die Vorwürfe.
DIR Kommentar deutsches Klimaprogramm: Ein Etappensieg für Hendricks
Die Koalition hat in Sachen Klimapolitik viel geleistet. Es ist
ungerechtfertigt, dass die Opposition die Regierungspläne derart
verteufelt.
DIR Umbau bei Eon: Atomstrom? Tschüss!
Der Energiekonzern Eon plant eine radikale Umstrukturierung. Das Geschäft
mit Kohle, Gas und Atomkraft soll ausgegliedert werden.
DIR Wirtschaftsminister versucht Klimapolitik: Ein klein bisschen Kohleausstieg
Sigmar Gabriel verhandelt über Kraftwerke: Sie sollen 22 Millionen Tonnen
mehr CO2 einsparen – aber sicher vor weiteren Forderungen sein.
DIR Abschaltung von Kraftwerken: Weniger Kohle, mehr Geld
Ein Institut verspricht eine „doppelte Dividende“ bei der Stilllegung von
Kraftwerken. Auch die EEG-Umlage zur Förderung der Erneuerbaren sinke.
DIR Marode Atomanlage in Sellafield: Klar wie Kernbrühe
Heruntergekommene Becken unter freiem Himmel: So sind Brennelemente in der
Atomanlage im englischen Sellafield untergebracht.
DIR Energiewende: Offshore-Windpark am Netz
Bei Helgoland nimmt der Windpark Meerwind Süd/Ost den Betrieb auf. Schon im
Jahr 2020 soll dort zehnmal soviel sauberer Strom erzeugt werden wie heute.
DIR Politisches Buch zum Klimaschutz: Ein Ort namens Blockadia
Naomi Klein gibt Klimaskeptikern in ihrem neuen Buch recht: Echten
Klimaschutz gebe es nur, wenn der Kapitalismus verändert wird.
DIR Klimapolitik in Deutschland: Ordentlich Koks vor der Hütte
Greenpeace-Aktivisten haben Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel acht Tonnen
Braunkohle vor seine Haustür gekippt. Sie werfen ihm die Schonung der
Kohlelobby vor.
DIR Neuer UN-Klimabericht: Weltrettung zum Spottpreis
Der UN-Klimarat warnt drastisch wie nie zuvor vor dem Klimawandel. Die
Folgen könnten katastrophal sein – und die Gegenmaßnahmen billiger als
gedacht.