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       # taz.de -- Proteste im mexikanischen Acapulco: Die Wachen gegen die Müden
       
       > Nach dem Massaker an 43 Studenten in Mexiko werden die Verstrickungen von
       > Staat und Kriminalität immer deutlicher. Die Menschen fordern
       > Konsequenzen.
       
   IMG Bild: Am Flughafen von Acapulco kommt es zu Auseinandersetzungen zwischen Demonstranten und Polizei.
       
       MEXIKO-STADT dpa/afp | Nach dem mutmaßlichen Mord an Dutzenden Studenten in
       Mexiko haben Hunderte Menschen in der Hafenstadt Acapulco Aufklärung
       gefordert. Die vermummten und mit Stöcken und Macheten bewaffneten
       Demonstranten marschierten am Montag zum Flughafen des Badeorts.
       
       Sie skandierten: „Lebend habt ihr sie uns genommen, lebend wollen wir sie
       zurück.“ Der Flughafen werde für drei Stunden geschlossen bleiben, sagte
       Felipe de la Cruz, ein Sprecher der betroffenen Familien. An einer
       Polizeisperre kam es zu gewaltsamen Auseinandersetzungen. Maskierte
       Demonstranten griffen die Sicherheitskräfte mit Steinen und Brandsätzen an.
       Elf Polizisten wurden dabei nach Behördenangaben verletzt. Die
       Bundespolizei gab den Weg nach Verhandlungen schließlich frei.
       
       Die Studenten waren Zeugenaussagen zufolge Ende September von der Polizei
       verschleppt, Mitgliedern der kriminellen Organisation „Guerreros Unidos“
       übergeben und getötet worden. Drahtzieher der Tat soll das
       Bürgermeisterehepaar der Stadt Iguala sein.
       
       Er soll das Vorgehen gegen die Studenten angeordnet haben, um zu
       verhindern, dass sie eine geplante Rede seiner Frau stören. Nach
       mehrwöchiger Flucht wurde das Paar, das Verbindungen zur Drogenmafia
       unterhalten soll, am vergangenen Dienstag in Mexiko-Stadt gefasst.
       
       Insgesamt gab es bislang 74 Festnahmen in dem Fall, darunter 36 Polizisten
       und mehrere Mitglieder von Guerreros Unidos. Der Fall führt deutlich wie
       selten vor Augen, wie eng staatliche Institutionen und das organisierte
       Verbrechen in Mexiko zusammenarbeiten.
       
       ## DNA-Proben fast unmöglich
       
       Ob die Tat jemals vollständig aufgeklärt werden kann, ist allerdings
       fraglich. Nur zwei am Tatort gefundene Knochen seien in einem Zustand, der
       eine DNA-Probe zulasse, sagte Generalstaatsanwalt Jesús Murillo Karam am
       Montag im Fernsehsender Televisa. Sie würden nun an der Universität
       Innsbruck untersucht.
       
       Zwei Angehörige der „Guerreros Unidos“ hatten eingeräumt, die Studenten
       getötet, mit Benzin übergossen und angesteckt zu haben. Die Leichen sollen
       14 Stunden lang gebrannt haben. Nach Einschätzung der Ermittler herrschten
       auf dem Scheiterhaufen Temperaturen bis zu 1600 Grad. Das macht die meisten
       Überreste für die Analyse unbrauchbar.
       
       Angesichts der grausamen Tat machen sich in Mexiko Wut, Trauer und Empörung
       breit. „Wir sehen uns einem nationalen Notstand wegen der schlechten
       Sicherheitslage gegenüber“, sagte am Sonntag der Sprecher der Bewegung
       43x43, José Alcaraz García. Aus Solidarität mit den Opfern waren 43
       Vertreter sozialer Organisationen – einer für jeden Studenten – vom
       Bundesstaat Guerrero aus rund 200 Kilometer nach Mexiko-Stadt marschiert.
       
       ## Der Aufklärung müde
       
       „Iguala hat das Fass zum Überlaufen gebracht. Im ganzen Land passiert das
       Gleiche und wir haben es satt“, sagte der Demonstrant Carlos Ventura der
       Zeitung La Jornada. Für Empörung hatte auch Generalstaatsanwalt Murillo
       Karam gesorgt, der die Pressekonferenz über die jüngsten
       Ermittlungsergebnisse mit den Worten „Ya me cansé“ („Genug, ich bin müde“)
       abgebrochen hatte. „Die Bewegung 43x43 verlangt den Rücktritt jener, die zu
       müde sind“, sagte Alcaraz García. Die staatlichen Institutionen hätten sich
       angesichts der Tragödie als ineffizient herausgestellt.
       
       „Unser Kampf muss in friedlichem Widerstand bestehen. Nur so können wir das
       Land verändern“, sagte Alcaraz García. Am Vortag hatten aufgebrachte
       Demonstranten versucht, den Nationalpalast in der Hauptstadt zu stürmen.
       Sie legten Feuer an einer der Pforten des Gebäudes am zentralen Platz
       Zócalo und skandierten: „Es war der Staat.“ Auch in Guerreros Hauptstadt
       Chilpancingo hatten Studenten den Sitz der Regionalregierung angegriffen
       und mehrere Autos in Brand gesetzt.
       
       Präsident Enrique Peña Nieto verurteilte die Ausschreitungen. „Ayotzinapa
       ist ein Ruf nach Gerechtigkeit, nach Frieden und Einheit – nicht nach
       Gewalt und Konfrontation“, sagte er am Sonntag auf dem Weg zum Apec-Gipfel
       in China. „Es ist inakzeptabel, diese Tragödie zu benutzen, um Gewalt zu
       rechtfertigen.“
       
       11 Nov 2014
       
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