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       # taz.de -- Kaum Regisseurinnen bei ARD und ZDF: Das männliche Treueprinzip
       
       > Eine Studie zeigt: Nur 11 Prozent der Regiearbeiten für das Abendprogramm
       > der öffentlich-rechtlichen Sender stammen von Frauen.
       
   IMG Bild: Hier könnte eine Frau sitzen.
       
       Dem Fernsehen fehlen die Frauen. Gar nicht unbedingt vor, sondern eher
       hinter der Kamera, im Regieraum. Der Bundesverband Regie (BvR) hat
       untersuchen lassen, wie viele Sendeminuten im fiktionalen
       Primetime-Programm der Öffentlich-Rechtlichen zwischen 2010 und 2013 von
       Regisseurinnen stammen. Das Ergebnis: 11 Prozent.
       
       Im deutschen Kinospielfilm, den der BvR auch untersucht hat, sind es
       immerhin 22 Prozent. „Dass es vor allem im Fernsehen so wenig sind, hatte
       ich nicht erwartet“, sagt Jürgen Kasten, Geschäftsführer des BvR. Im Jahr
       2013 hatte die Vollversammlung des Verbands beschlossen, die Studie in
       Auftrag zu geben – auch gegen den Widerstand einzelner männlicher
       Mitglieder. Bisher nämlich gibt es keine Statistiken über die Beteiligung
       von Regisseurinnen in Film und Fernsehen.
       
       Der Bericht des BvR ist sehr detailliert: 14,4 Prozent der Vorabendserien
       im Öffentlich-Rechtlichen stammen von Regisseurinnen. An 18 der 40 Serien
       war keine einzige Frau beteiligt, darunter auch die viel gelobte Krimiserie
       „Mord mit Aussicht“ um die Kriminalkommissarin Sophie Haas.
       
       ## Im Hauptabendprogramm nur 11 Prozent
       
       Auch im Hauptabendprogramm stammen nur 11 Prozent der Produktionen von
       Frauen. Beim „Tatort“ und „Polizeiruf“ am Sonntagabend sind es 9 Prozent,
       auf dem Konkurrenzsendeplatz, dem ZDF-Herzkino am Sonntagabend, 14 Prozent.
       
       Esther Gronenburg sieht die geringe Beteiligung vor allem als ökonomische
       Gefahr für Frauen: „Fernsehen ist für die meisten der Einstieg in den
       Markt. Serien sichern ein regelmäßiges Einkommen.Wenn Frauen hier
       ausgeschlossen werden, fehlt ihnen eine der wichtigsten Lohnquellen.“
       
       Warum so wenige Regisseurinnen von den Öffentlich-Rechtlichen engagiert
       werden, hat die BvR-Studie nicht untersucht. Daran, dass es zu wenige
       Regisseurinnen gibt, kann es nicht liegen: Gut 40 Prozent der
       AbsolventInnen an Filmhochschulen sind weiblich, laut der
       Verwertungsgesellschaft Bild-Kunst sind 34 Prozent der in Deutschland
       arbeitenden RegisseurInnen weiblich.
       
       ## Kein Bewusstsein für das Problem
       
       Allerdings gebe es bei vielen Produktionsfirmen und Sendern kein
       Bewusstsein für das Problem, schreiben die AutorInnen der Studie. Außerdem
       scheint bei den Sendeanstalten ein Treueprinzip zu gelten: Wenn bisher
       hauptsächlich Männer für eine Serie gearbeitet haben und dabei kreativ und
       erfolgreich waren, werden sie wieder engagiert.
       
       Für Frauen ist es dann schwer, in die Teams aufgenommen zu werden. Die
       Krimiserie „Der Alte“ zum Beispiel läuft seit knapp 40 Jahren. Mehr als 380
       Folgen gibt es mittlerweile, an keiner einzigen war eine Regisseurin
       beteiligt.
       
       Was machen die restlichen Regisseurinnen also, die nicht für das
       Öffentlich-Rechtliche oder verwandte Produktionsgesellschaften arbeiten?
       Esther Gronenborn kann nur vermuten: „Frauen haben brüchigere Lebensläufe,
       oft längere Pausen zwischen Aufträgen und sind gezwungen, sich mit
       kleineren Projekten über Wasser zu halten. Andere wechseln komplett in
       andere Berufe oder sind arbeitslos.“
       
       Der Diversitätsbericht ist nun schon der zweite Vorstoß für die
       Gleichstellung von Frauen in der Regie. Vor knapp vier Wochen ist der
       Verband Pro Quote Regie mit einem Appell an die Öffentlichkeit getreten.
       
       Im Unterschied zum BvR vertritt Pro Quote Regie ausschließlich weibliche
       Regisseurinnen, 220 haben sich dem Verband bisher angeschlossen. Sie
       fordern eine Quote für die Vergabe von Regieaufträgen im Fernseh- und
       Filmbereich: 30 Prozent in den nächsten drei Jahren und 50 Prozent in den
       nächsten zehn Jahren.
       
       ## Bisher keine politischen Forderungen
       
       Der BvRweiß noch nicht, welche politischen Forderungen er aus der Studie
       ableitet. Eine Quote lehnen die meisten Mitglieder aber ab. In einem
       künstlerischen Metier könne sie keine Lösung sein, meint
       BvR-Geschäftsführer Jürgen Kasten. „Wir müssen vermeiden, dass ein Riss in
       den Verband kommt. Wir vertreten Männer und Frauen gleichermaßen und dürfen
       nicht mit der politischen Forderung ’Quote‘ die Beschäftigungssituation der
       Männer gefährden.“
       
       Kasten glaubt, dass thematische Ausschreibungen oder spezielle
       Förderprogramme eher zu mehr Frauenbeteiligung führen können. Ob das
       tatsächlich gelingt, liegt aber auch an den öffentlich-rechtlichen Sendern.
       Die haben laut Verfassung Programmhoheit und entscheiden selbst, an wen sie
       Aufträge vergeben. Kasten hofft, dass der Bericht ihnen einen Anstoß gibt,
       die Vergabepraxis zu überdenken.
       
       Im kommenden Jahr will der BvR mit seinem Diversitätsbericht über die
       Untersuchung der Geschlechter hinausgehen. Dann sollen auch Alter und der
       ethnisch-kulturelle Hintergrund der RegisseurInnen untersucht werden. Auch
       da vermutet Esther Gronenborn eklatante Ungleichheiten. „Unsere
       Gesellschaft ist so divers. Diese Diversität muss sich auch im Fernsehen
       widerspiegeln.“ Die ZuschauerInnen, glaubt Gronenborn, würden es den
       Sendern danken.
       
       10 Nov 2014
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Anne Fromm
       
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