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       # taz.de -- Finanzierung von Atomwaffen: Das Geschäft läuft bombig
       
       > Großbanken und Versicherungen stecken laut einer Studie Milliarden in
       > nukleare Technologien. Mit dabei ist auch die Deutsche Bank.
       
   IMG Bild: Die Deutsche Bank ist großer Unterstützer von Unternehmen, die Panzer herstellen
       
       HAMBURG taz | Vor den entscheidenden Gesprächen über das iranische
       Atomprogramm, die an diesem Wochenende im Golfstaat Oman beginnen, rückt
       die Finanzindustrie ins Rampenlicht: Große Banken und Versicherungen
       finanzieren weiterhin den Bau von Atomwaffen und deren Trägersystemen mit
       Milliardensummen. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie der Internationalen
       Kampagne für die Abschaffung von Atomwaffen, [1][kurz ICAN], die am Freitag
       veröffentlicht wurde.
       
       Seit 2011 haben demnach mehr als 400 Finanzdienstleister schätzungsweise
       402 Milliarden Dollar für die Atomwaffenindustrie zur Verfügung gestellt.
       Bei den 26.000 Atomsprengköpfen in den Waffenlagern auf dieser Erde spielen
       Banken und auch Versicherungen im Hintergrund eine tragende Rolle.
       
       Möglich ist dies, weil die Atomrüstung in den meisten Ländern nicht mehr
       allein vom Staat gemanagt wird: Viele Nuklearwaffen-Staaten vergeben
       Aufträge an private Rüstungsfirmen, etwa an BAE Systems in Großbritannien,
       an Lockheed Martin und Northrop Grumman in den Vereinigten Staaten, Thales
       in Frankreich oder Larsen & Toubro in Indien. Banken und Versicherer
       wiederum finanzieren solche potentiell besonders profitable Firmen.
       
       Diesen militärisch-finanziellen Atomkomplex durchleuchtet die ICAN, deren
       Mitglieder aus 90 Ländern stammen, in ihrer Studie „Don’t Bank on the
       Bomb“: 411 Banken, Versicherer, Fonds und Investoren verdienen danach heute
       am Geschäft mit der Bombe. Mit klassischen Firmenkrediten, der Ausgabe und
       den Besitz von Aktien und Anleihen oder Projektfinanzierungen werden 28
       Atom-Konzerne in Frankreich, Holland, Indien, Großbritannien, Vereinigte
       Staaten und Deutschland unterstützt.
       
       Hierzulande profitieren vor allem die „Zulieferer“ Thyssen-Krupp und Airbus
       davon. Die zehn größten Geldgeber für die Atomindustrie in den Jahren
       zwischen 2011 und 2014 stammen aus den USA; mit Ausnahme der französischen
       BNP Paribas, welche die Rangliste der europäischen Investoren anführt,
       gefolgt von der Royal Bank of Scotland und Barclays aus Großbritannien.
       
       ## Starke Beteiligung von Landesbanken
       
       Unter den Geldgebern sind laut Studie auch zehn deutsche Kreditinstitute
       und Versicherer. Sie unterhalten Finanzbeziehungen in der Größenordnung von
       circa 7,2 Milliarden Euro zu zwanzig verschiedenen Herstellern. Auffällig
       ist demnach die starke Beteiligung öffentlicher Institute wie der
       Landesbanken aus Baden-Württemberg, Hamburg/Schleswig-Holstein und Hessen
       sowie der bundeseigenen KfW-Förderbank.
       
       Stärker als alle anderen hiesigen Finanzinstitute unterstützt die Deutsche
       Bank laut dem ICAN-Report Unternehmen, die Atomsprengköpfe, nukleare
       U-Boote oder Panzer herstellen oder instand halten. Mehr als einem Dutzend
       Unternehmen stellt sie Finanzmittel von 3,1 Milliarden Euro zur Verfügung.
       Auf Platz zwei landet die Commerzbank (2,2 Milliarden), auf Platz drei
       Allianz (0,7), gefolgt von der Bayerischen Landesbank (0,6).
       
       Die Deutsche Bank dementiert. Ein Sprecher des Geldinstituts teilte mit,
       die Bank habe „schon seit vielen Jahren Geschäfte mit ABC-Waffen
       ausgeschlossen“. ABC steht für atomare, biologische und chemische Waffen.
       
       Bislang hatten deutsche Finanzdienstleister ihre Engagements immer
       gerechtfertigt. Bau, Wartung und Ersatz von Atomtechnologien erfolge
       schließlich in Staaten, „die a) westliche Demokratien sind und b) auch dem
       Atomwaffensperrvertrag beigetreten sind, seit langen Jahren“, hatte ein
       Allianz-Sprecher zum letzten ICAN-Report gesagt. Rüstung sei zwar kein
       Schwerpunkt der Allianz-Kapitalanlagen, aber bislang sah man auch keinen
       Grund zu einem Rückzug.
       
       Andere Finanzinstitute fühlten sich zu unrecht an den Pranger gestellt. Bei
       allen von ICAN identifizierten Atomwaffenherstellern handelt es sich um
       Mischkonzerne, die meistens weit überwiegend zivile Produkte herstellen.
       Das gilt etwa für Thyssen-Krupp und Airbus. Eine Finanzierung sei daher
       kein Rüstungsgeschäft. Ähnlich argumentiert eine Pressesprecherin der
       Commerzbank: „Wir finanzieren auch Unternehmen, die neben anderen
       Geschäftsfeldern zu einem geringen Teil auch im Rüstungsgeschäft aktiv
       sind. In diesen Fällen können wir als weltweit tätige Großbank nicht das
       Geschäft insgesamt einstellen, wie es einige NGOs fordern.“ Diese Forderung
       halte das Institut für „undifferenziert“.
       
       Ganz von der Hand kann auch ICAN diese Argumente nicht weisen:
       Berücksichtigt man nur den militärischen Umsatzanteil, schrumpft die
       bombige Unterstützung durch deutsche Finanzinstitute von 7,2 auf 1,95
       Milliarden Euro.
       
       7 Nov 2014
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] http://www.icanw.org/
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Hermannus Pfeiffer
       
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