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       # taz.de -- Konflikt in Libyen: Parlament für illegal erklärt
       
       > Nach einem Urteil des Obersten Gerichts hat das Land jetzt zwei
       > unrechtmäßige Vertretungen. Die Spaltung des Landes bleibt bestehen.
       
   IMG Bild: Sicherheitsleute bewachen den Eingang des Obersten Gerichts.
       
       TUNIS taz | Das Oberste Verfassungsgericht Libyens hat das international
       anerkannte neue Parlament für illegal erklärt. Die in Tripolis tagenden
       Richter erklärten den siebten Artikel der sogenannten Februar-Kommission
       für unrechtmäßig. Dieser besagt, dass der Parlamentspräsident binnen 45
       Tagen vom Parlament gewählt werden muss; diese Frist wurde jedoch versäumt.
       Die Februar-Kommission hatte im Auftrag des Vorgängerparlaments die Wahl
       für das Repräsentantenhaus vorbereitet, das am 25. Juni gewählt wurde.
       
       Libyen hat damit zwei konkurrierende Volksvertretungen und Regierungen,
       rechtlich legitimiert ist aber keine von beiden. Das Repräsentantenhaus im
       ostlibyschen Tobruk und der seit Sommer 2012 tagende Nationalkongress – so
       der Name des Vorgängerparlaments – , dessen Mandat im Frühjahr abgelaufen
       ist, beanspruchen beide die Macht für sich.
       
       Beide Parlamentswahlen waren ohne große Zwischenfälle verlaufen. Die
       zuletzt im Nationalkongress dominierenden Islamisten erkennen Beschlüsse
       des mehrheitlich liberalen Repräsentantenhauses jedoch nicht an, die sich
       gegen die Milizen richten. Außerdem waren dessen Angeordnete der
       Übergabezeremonie in Tripolis aus Angst vor den islamistischen Milizen
       ferngeblieben und tagen nun im Osten des Landes.
       
       Die islamistischen Milizen aus Misrata, ehemalige Kämpfer gegen Gaddafi,
       übernahmen daraufhin im Sommer die Kontrolle über Tripolis und setzten die
       Regierung unter Premierminister Omar al-Hassi ein, die in den Ministerien
       nun die Fäden zieht. Die Minister der Regierung Abdullah Thinni, die in der
       ostlibyschen Stadt Beida residiert, sind trotz internationaler
       Unterstützung weitgehend machtlos.
       
       ## Keine neutrale Entscheidung?
       
       Der Sprecher des Nationalkongresses in Tripolis, Salah Makhzoum, erklärte,
       man akzeptiere die nun endgültige Entscheidung der Richter und wolle bis zu
       einer Lösung „die Verantwortung übernehmen“. Unklar ist, wie viele der
       ursprünglich 200 Abgeordneten sich noch treffen. In der Hauptstadt feierten
       mehrere hundert Demonstranten auf dem Märtyrerplatz den Sieg über die „mit
       Ägypten verbündeten antireligiösen Kräfte in Tobruk“, wie der oberste Mufti
       Sadik Ghariani das Repräsentantenhaus kürzlich nannte.
       
       Aus Tobruk hieß es, die Milizen in Tripolis hätten keine neutrale
       Gerichtsentscheidung zugelassen. Zwei Verfassungsrichter, Farash Maharouf
       und Bashir al-Zaeini, traten am Vorabend der Entscheidung zurück und
       verließen mit ihren Familien die Hauptstadt.
       
       Der politische Aktivist Mohamed Eljahr verlangte vom Repräsentantenhaus in
       Tobruk, das Urteil dennoch zu akzeptieren, „um nicht auch noch die letzten
       legitimen Institutionen im Land zu zerstören.“ Internationalen Diplomaten
       könnte das Urteil nun ermöglichen, offiziell mit den verfeindeten
       Parlamenten zu verhandeln. Nach dem Abzug fast aller Ausländer will die
       UN-Mission in Libyen Ende des Monats ihre Beobachtermission wieder
       aufnehmen.
       
       6 Nov 2014
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Mirco Keilberth
       
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