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       # taz.de -- Gesetz gegen geplanten Verschleiß: Knast für Murks
       
       > In Frankreich sollen Hersteller, deren Produkte vorschnell kaputtgehen,
       > bestraft werden. In Deutschland wurde ein Gesetzentwurf bereits
       > abgelehnt.
       
   IMG Bild: Oft nicht austauschbar: Smartphone-Display.
       
       BERLIN taz | In Frankreich soll das absichtliche vorschnelle Altern
       insbesondere von Elektrogeräten als Betrug bestraft werden. Ein
       entsprechender Gesetzentwurf der französischen Grünen ist im Parlament
       verabschiedet worden und bedarf jetzt noch der Zustimmung des Senats. Der
       Antrag ist Teil der großen Energiewende-Reform, mit der Frankreich seinen
       Energiebedarf halbieren will.
       
       Wenn Betriebe absichtlich die Lebensdauer ihrer Produkte verringern, wird
       das als geplante Obsoleszenz bezeichnet. Tritt das Gesetz in Kraft,
       riskieren Firmen bei einem solchen Vorgehen eine Geldstrafe von 300.000
       Euro und zwei Jahren Haft. Privatleute oder Verbraucherverbände können
       Hersteller verklagen – wenn sie nachweisen können, das beispielsweise der
       Nutzungszyklus ihres kaputten Mixers mit Absicht verkürzt worden ist. „Wir
       erwarten auch, dass Whistleblower innerhalb der Firmen Informationen
       liefern werden“, sagt der Grünen-Abgeordnete François-Michel Lambert.
       
       Das Gesetz soll auch für eine bessere Information der Verbraucher sorgen.
       Wenn Produkte mehr als ein Drittel des monatlichen Mindestlohns kosten, das
       heißt, einen Kaufpreis von über 481,79 Euro haben, müssen Firmen ihre
       voraussichtliche Lebensdauer angeben. Das Ziel sei, „die Konsumgewohnheiten
       der Bürger zu verändern, sodass wir in der Zukunft nie mehr kurzlebige und
       billige Produkte kaufen“, sagt Lambert. Außerdem müssen laut Gesetz
       Hersteller ihre Kunden künftig informieren, wenn sie wesentliche
       Ersatzteile nicht mehr produzieren. Die Gewährleistungsfrist wird auf eine
       Mindestdauer von zwei Jahren verlängert.
       
       In Deutschland gibt es bis heute keine gesetzlichen Regelungen zur
       geplanten Obsoleszenz. Stefan Schridde, Autor des Buches „Murks? Nein
       Danke!“, sagt: „Frankreich ist mutiger als Deutschland.“ In Deutschland
       seien bisher Studien geplant, um Obsoleszenz genauer zu definieren. Einen
       Versuch gab es bereits: 2013 hatte die Fraktion der Linken einen
       Gesetzentwurf zur Mindestnutzungsdauer für technische Geräte wie
       Mobiltelefone oder Drucker dem Umweltausschuss des Bundestages vorgelegt.
       Er wurde aber abgelehnt.
       
       Die Stiftung Warentest bezweifelt, dass der Gesetzgeber einschreiten muss:
       Nach ihrer im September 2013 veröffentlichten Untersuchung, die
       Haushaltsgeräte der vergangenen zehn Jahre vergleicht, gibt es keine
       Hinweise darauf, dass Hersteller die Lebensdauer ihrer Produkte gezielt
       verringern. Demnach gehen Waschmaschinen und Staubsauger heute nicht
       schneller kaputt als früher.
       
       Stefan Schridde plädiert unter anderem für austauschbare Ersatzteile, mit
       denen Verbraucher die Lebensdauer ihrer Geräte einfacher verlängern
       könnten.
       
       Und auch das französische Gesetz ist nicht auf alle Produkte anwendbar: Bei
       Sonderfällen wie schnell veraltender Software bei Smartphones sei die
       Regelung hinfällig, gibt Politiker François-Michel Lambert zu. In diesem
       Fall könnten Bürger nicht gegen gegen Apple klagen, sagt der Abgeordnete.
       Aber man könne sich vorstellen, Opensource-Software für noch
       funktionsfähige Geräte zu fordern.
       
       5 Nov 2014
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Jacques Pezet
       
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