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       # taz.de -- Auf 13 Joints mit Helmut Höge: Mercedes für den Vietcong
       
       > Helmut Höge ist taz-Autor, taz-Hausmeister und Universalgelehrter. Wir
       > treffen uns mit ihm auf 13 Joints – oder so. Teil 11: Sterben und Erben.
       
   IMG Bild: Ein Erbe kommt oft unverhofft
       
       Helmut Höge sitzt schon auf der Couch zwischen dem fünften und dem sechsten
       Stock des taz Hauses. Im Anzug, wie immer. Wir reden über den Journalisten
       Hunter S. Thompson, der während des Vietnamkrieges auf LSD durch die
       Straßen Saigons zog. Denn Krieg ist auch eine Form von Erben, ein
       kulturelles Erbe, das im kollektiven Gedächtnis der Generationen
       fortbesteht. Helmut zitiert Marx: „Die Tradition aller toten Geschlechter
       lastet wie ein Alp auf dem Gehirne der Lebenden“.
       
       Er setzt eine Brille auf und holt Tabak aus seiner Tasche. Elegant baut er
       den ersten Joint. Eine These die er „brilliant“ fand ist die eines
       Historikers, der die Unfreundlichkeit der Berliner Servicekräfte mit der
       Auseinandersetzung zwischen Berlinern und den märkischen Landesherren 1448
       erklärt. Die gesamte Ökonomie wurde auf den Hof zugeschnitten, der eine
       große Menge an Bediensteten benötigte.
       
       Wie genau er dann die Verbindung zur Unfreundlichkeit heutige Kellner
       hinkriegt erschließt sich mir im Nachhinein nicht mehr so ganz, in dem
       Moment auf der Couch aus Helmuts Mund ergibt es aber total Sinn. Es ist ein
       Genuss. Der perfekt gedrehte Joint, das Gespräch mit Helmut.
       
       Er ist nicht der Typ Kiffer, der sich sein Gras auf einer Pizza- Gourmet
       nach Hause liefern lässt um stumpfe Gespräche über Silikonbrüste zu führen.
       Mit seinem Stil würde er gut in eine edle Whiskybar passen. Nach einem
       kurzen Abdriften zu südkoreanischen Einwanderern holt er das Gespräch
       wieder zum eigentlichen Thema zurück. „Ihr redet ja sicher eher über
       materielles Erbe.“ Über die Auflösung des „Gemeinbesitzes“ und
       „zwangskollektivierte Dörfer“ kommt er auf seine Familie zu sprechen.
       Arbeiter und Handwerker waren seine Eltern, nach dem Krieg entschieden sie
       sich jedoch für die Kunst.
       
       ## Koks schmuggelnde Künstler
       
       Als seine Mutter starb hätte er eigentlich Anrecht auf Erbe gehabt,
       überließ dieses jedoch seiner Stiefmutter als vorsorgende Zahlung zur
       Pflege seines Vaters. Der wurde dann zwar nie pflegebedürftig und „ging
       noch bis ins hohe Alter Holz hacken“, während seine Stiefmutter „eher...“ -
       kurze Pause - „aber auch nicht eigentlich.“
       
       Bereut hat Helmut seine Entscheidung trotzdem nicht. Je schneller der Joint
       hin und her wechselt, desto passiver wird meine Rolle im Gespräch. Helmut
       findet Erben eine „seltsame Geschichte,“ redet darüber aber eher auf einer
       psychologisch- philosophischen denn auf einer politischen Ebene. „Das passt
       bei vielen nicht in den Lebensplan.“ Deswegen komme es auch so häufig zu
       Streitereien, denn bei Erben „kriegt man die kleinen Dollarscheine in den
       Augen.“
       
       Er erzählt vom Koks schmuggelnden Künstler Jes Petersen, redet über den
       Kunstbetrieb, kommt auf Biologie. Immer wieder schlägt er den Bogen zum
       Thema „Erben“. Zum Beispiel zum [1][grünen Politiker Tom Koenigs]. Seine
       Familie, beteiligt an einer Metallfabrik, hinterließ ihm 800.000 Mark. Die
       komplette Summe spendete er an den Vietkong. Als Ausgleich bekam er von der
       Botschaft eine Stehlampe aus Bambus. Ich stelle mir den Moment vor, in dem
       Koenigs von Freunden gefragt wird, was er sich von den 800.000 Mark Erbe
       gegönnt hat und auf eine Stehlampe deutet. Ich muss grinsen.
       
       Helmut erfuhr von einer Sekretärin der Botschaft, dass dort daraufhin über
       den Kauf von edlen Mercedes-Dienstwagen für die Mitarbeiter diskutiert
       wurde. Ich entscheide mich dazu, den Schreibblock kurz wegzulegen um mich
       besser aufs Gespräch konzentrieren zu können. Keine so tolle Idee. Was aus
       den Dienstwagen wurde weiß ich nicht mehr.
       
       Helmut indes, der zwar häufig von Thema zu Thema springt, von Kunst über
       Biologie zu Geschichte, aber dennoch nie den roten Faden zu verlieren
       scheint, erzählt inzwischen vom Apotheker Ulf Mann. Der steckte sein
       Millionenerbe in eine Stiftung die linke Projekte fördert, unter anderem
       auch die taz. Am Ende kommt der Helmut Höge auf eine eigene kleine
       Erbschaft zu sprechen, die er durch den Tod einer Tante während seiner
       Studienzeit erhielt. Als er durch den Postboten davon erfuhr, kaufte er
       sich ein kleines Auto und fuhr nach Jugoslawien. Coole Geschichte denke ich
       mir und lehne mich entspannt zurück.
       
       4 Nov 2014
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] http://de.wikipedia.org/wiki/Tom_Koenigs
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Till Kellerhoff
       
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