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       # taz.de -- UNO will Staatenlosigkeit abschaffen: „Anomalie des 21. Jahrhunderts“
       
       > Die UNO will das Problem der Staatenlosigkeit innerhalb der nächsten zehn
       > Jahre beheben. Prominente unterschrieben eine entsprechende Kampagne.
       
   IMG Bild: In Myanmar haben mehr als eine Million Rohingya-Muslime keine Aussicht auf die Staatsbürgerschaft.
       
       GENF taz | Bis 2024 soll es auf der Welt keine Menschen ohne
       Staatsbürgerschaft mehr geben. Das ist das Ziel einer Kampagne unter dem
       Motto „I belong“ (Ich gehöre wohin), die das auch für staatenlose Personen
       zuständige UN-Hochkommissariat für Flüchtlinge (UNHCR) am Dienstag in Genf
       startete. „Weltweit sind mindestens zehn Millionen Menschen staatenlos,
       alle zehn Minuten wird irgendwo in der Welt ein staatenloses Kind geboren“,
       erklärte Hochkommissar António Guterres. Das sei eine „schlimme Anomalie
       des 21. Jahrhunderts“, sagte er.
       
       „Diese Menschen existieren nicht, sie haben keine normalen Rechte und
       führen keine legale Existenz“, beklagte der UNHCR-Chef. Für die Betroffenen
       bedeute dies „oftmals ein Leben ohne Bildung, Gesundheitsversorgung und
       reguläre Arbeit, ein Leben ohne Bewegungsfreiheit, Hoffnung und
       Zukunftsperspektive“, schrieben Guterres und 20 Prominente in einem
       gemeinsam unterzeichneten Brief.
       
       Angesichts dieser Folgen sei die Klassifizierung eines Individuums als
       staatenlos „unmenschlich“. Unterzeichnet wurde der Brief unter anderen vom
       südafrikanischen Friedensnobelpreisträger Desmond Tutu.
       
       Laut UNHCR leben Staatenlose in allen Regionen der Welt, in vielen Fällen
       sind sie Opfer von ethnischer oder religiöser Diskriminierung. In 27 der
       193 UNO-Staaten werde Frauen das Recht verweigert, ihre Nationalität an
       ihre Kinder weiterzugeben. Durch diese Regelung können laut UNHCR
       Generationen von staatenlosen Menschen entstehen. Zudem verursachten Kriege
       und Konflikte wie in Syrien Staatenlosigkeit.
       
       ## Alle Länder
       
       Auch der Zerfall von Staaten wie im Fall der früheren Sowjetunion und des
       ehemaligen Jugoslawien schaffe Staatenlosigkeit. Zu den Staatenlosen
       gehören auch Millionen palästinensischer Flüchtlinge, die zum Teil seit
       1948 in inzwischen vierter Generation in Lagern in Syrien, Libanon,
       Jordanien und anderen Ländern leben.
       
       In einer 1954 vereinbarten internationalen Konvention wurde erstmals die
       rechtliche Stellung von Staatenlosen definiert und Mindeststandards zu
       ihrer Behandlung wurden durch Regierungen und Behörden festgelegt. Eine
       zweite Konvention von 1961 enthält Maßnahmen zur Abschaffung von
       Staatenlosigkeit. Bis 2011 hatten lediglich 100 Staaten die beiden
       Konventionen ratifiziert, inzwischen sind es 144. Jetzt müssten „alle
       Länder Staatenlosigkeit durch Reformen ihrer Gesetze und Bestimmungen
       beenden“. Vorrangig sei, dass nirgendwo mehr ein Kind staatenlos zur Welt
       komme.
       
       Das UNHCR verweist auch auf ermutigende Entwicklungen. In Bangladesch
       erhielten aufgrund eines Gerichtsurteils von 2008 inzwischen rund 300.000
       ehemals Staatenlose mit der Muttersprache Urdu die Bürgerrechte. In der
       Elfenbeinküste wurden infolge von 2013 umgesetzten Reformen viele frühere
       staatenlose Menschen Staatsbürger.
       
       In Deutschland lebten nach Angaben des UNHCR Anfang dieses Jahres 5.683
       Staatenlose.
       
       4 Nov 2014
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Andreas Zumach
       
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