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       # taz.de -- Blockade in Göttingen: Abschiebung fällt aus
       
       > In Göttingen haben 120 AktivistInnen die Abschiebung einer somalischen
       > Familie verhindert. Solche friedlichen Blockaden werden in Niedersachsen
       > häufiger.
       
   IMG Bild: Verhinderte Abschiebung: In Göttingen ist das zumindest annähernd gelungen.
       
       GÖTTINGEN taz | Etwa 120 Aktivistinnen und Aktivisten haben in Göttingen
       die Abschiebung einer dreiköpfigen Familie aus Somalia verhindert. Sie
       blockierten den Eingang eines Mehrfamilienhauses mit einem PKW und warteten
       mit Transparenten auf die zuständigen Beamten. Die Mitarbeiter der
       Landesaufnahmebehörde, die für den Transport zum Flughafen verantwortlich
       sind, erschienen daraufhin nicht.
       
       Auch die Polizei habe wegen der Abschiebung Kräfte vorgehalten, erklärte
       deren Sprecherin Jasmin Kaatz. Dass diese nicht angefordert worden sind,
       sei eine Entscheidung der Landesaufnahmebehörde gewesen. Der Sprecher der
       Stadt Göttingen, Detlef Johannson, sagte, nach seinem Kenntnisstand seien
       die Mitarbeiter der Landesbehörde auf halben Weg wieder umgekehrt, nachdem
       sie gehört hätten, „dass da 120 Leute vor der Tür stehen“.
       
       Das somalische Ehepaar und ihr sechs Monate altes Baby sollten im Rahmen
       der Dublin-III-Verordnung nach Italien gebracht werden. Das
       Dublin-III-Verfahren besagt, dass Flüchtlinge Asyl nur in dem Land
       beantragen können, in dem sie zum ersten Mal europäischen Boden betreten
       haben.
       
       Gerade in Italien sollen die Bedingungen für Flüchtlinge jedoch sehr
       schlecht sein. Ein Aktivist des Göttinger Bündnisses gegen Abschiebung
       spricht davon, dass der Familie dort Hunger, Armut und Obdachlosigkeit
       drohe. Ähnliches legen Berichte von Flüchtlingen nahe, die der
       Niedersächsische Flüchtlingsrat sammelt.
       
       Es ist in Göttingen in diesem Jahr bereits die dritte Abschiebung, die
       durch eine Blockade verhindert wurde. Im April wurde eine ähnliche Aktion
       durch die Polizei und ihre Göttinger Beweissicherungs und Festnahmeeinheit
       beendet. Dabei wurden mehrere Beteiligte verletzt. Das Vorgehen der Einheit
       wurde danach im Landtag kritisch diskutiert. Seitdem hält sich die Polizei
       bei solchen Aktionen zurück.
       
       Die Blockaden sind keine Göttinger Spezialität. Ähnliches gibt es in
       Niedersachsen auch in Osnabrück. Dort wurden seit Anfang des Jahres mehrere
       Abschiebungen durch friedliche Proteste verhindert. Im Juni sorgte allein
       die Anwesenheit von rund 120 Menschen vor der Haustür der Flüchtlinge für
       den Rückzug der Polizei.
       
       Kritiker befürchten, dass der neue Rückführungserlass der niedersächsischen
       Landesregierung diese Blockaden erleichtert. Die innenpolitischen
       Sprecherin der CDU-Landtagsfraktion, Angelika Jahns vermutet, dass „die
       Ankündigung von Abschiebeterminen dazu führen wird, dass Demonstranten eine
       Rückführung mit allen Mitteln zu verhindern versuchen“.
       
       Dagegen spricht jedoch, dass in diesem Jahr die meisten Blockaden noch vor
       dem Erlass, der Ende September in Kraft trat, stattgefunden haben. Dieser
       sieht unter anderem vor, dass Familien nicht durch Abschiebungen getrennt
       werden und sie nicht mehr mitten in der Nacht sowie nur noch nach
       Ankündigung stattfinden sollen.
       
       3 Nov 2014
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Jakob Epler
       
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