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       # taz.de -- Midterms in den USA: Push the Button
       
       > Am Dienstag wird in den USA gewählt. Facebook will die Leute zum Wählen
       > animieren. Sind wir wirklich so leicht zu manipulieren?
       
   IMG Bild: WählerInnen in North Carolina warten auf ihre Stimmabgabe.
       
       Knöpfe drücken, das ist eben Facebooks Ding. Die Like-Buttons sind längst
       tief in die Popkultur eingesickert. Im Sommer wurden Psychoexperimente des
       sozialen Netzwerks bekannt, in denen Facebook herauszufinden suchte, wie
       Nutzer reagieren, wenn Algorithmen ihnen vor allem positive oder negative
       Einträge ihrer Freunde anzeigen.
       
       Damit ist vielen Nutzern einmal mehr klar geworden, dass ihr Newsfeed eben
       nicht eins zu eins darstellt, was ihre Freunde tatsächlich posten – sondern
       eben das, was Facebooks Algorithmus aus welchen Gründen auch immer für
       besonders relevant erachtet. Oder eben für die eigenen Forschungszwecke.
       
       Und am Dienstag, anlässlich der Midterm Elections in den USA, wird Facebook
       auch einmal versuchen, ein paar Knöpfe bei seinen US-Nutzern zu drücken.
       Knöpfe, die seine User zum Wählen motivieren sollen.
       
       Bereits seit sechs Jahren werkelt Facebook daran herum, wie es seine Nutzer
       wirksam dazu motiviert zu wählen. Mal mit Buttons mit banalen „Statements“
       wie „Ich wähle“ oder „Ich bin Wähler“, mal, dass einigen Nutzern zunehmend
       Nachrichtentexte in den Feed gespült wurden. Experimente, die wirken: Laut
       einer Studie, die im Magazin Nature veröffentlicht wurde, motivierten die
       Wahlbuttons 2010 immerhin zusätzlich 340.000 Menschen, zur Wahl zu gehen.
       
       ## Nutzer als Versuchskaninchen
       
       Und das gezielte Hochspülen von geteilten Nachrichtentexten soll die
       Wählerquote in dieser Gruppe sogar um drei Prozent gesteigert haben. Das
       zumindest haben Recherchen des US-Magazins Mother Jones ergeben. Der
       Artikel, der seither in den USA für Aufruhr sorgt: Muss Facebook
       transparenter sein, wie es mit seinen Nutzern experimentiert? Und: Kann das
       soziale Netzwerk Wahlen entscheiden? Facebook selbst gibt sich bislang
       wenig auskunftsfreudig über dieses Experiment.
       
       Ein Motiv, das wieder und wieder in der Science-Fiction bemüht worden ist:
       Der Konzern drückt Knöpfe, die Nutzer reagieren. Der Algorithmus lenkt, die
       Menschen folgen. Unbehaglich, wenn das nun, heute, im Big-Data-Zeitalter,
       tatsächlich Realität wird. Die Nutzer als Versuchskaninchen. Der Lenkung
       der mächtigen Konzerne ausgeliefert, die die Geschicke der Welt lenken. Es
       wäre eine Antiaufklärung.
       
       Doch nun einmal einen Schritt zurück. Wenn wir nicht über „die Nutzer“
       sprechen, sondern von uns ganz persönlich: Funktionieren wir wirklich so
       billig? Ein paar Knöpfe, ein paar Posts und Links mehr, die man zu einem
       bestimmten Zeitpunkt in seinem Newsfeed sieht und schon ist man dem
       unsichtbaren Willen eines bösen Konzerns unterworfen? Im Allgemeinen sind
       die Leute vielleicht so blöd. Sich selbst nimmt man bei solchen Analysen ja
       gerne aus.
       
       Das unangenehme Ergebnis diverser Facebook-Studien ist: Ja, so einfach sind
       wir manipulierbar. So banal und billig funktionieren wir. Manchmal. Wenn
       man die richtigen Knöpfe drückt. Oder irgendwelche externen Faktoren uns
       dazu gebracht haben, unser Verhalten zu ändern. 61 Millionen Nutzer waren
       2010 Teil von Facebooks Wahlbutton-Experiment, 340.000 mehr gingen wählen.
       Das sind 0,14 Prozent der Gesamtwählerschaft. Verhaltensänderungen in
       homöopathischen Dosen. Aber doch Veränderungen – die unter bestimmten
       Umständen auch einen Wahlausgang mitentscheiden könnten.
       
       ## Algorithmen liefern Informationen
       
       Und doch bleibt der Kontrollverlust problematisch. Wer sich in Zeitung,
       Fernsehen oder Radio zu stark im Sinne seiner eigenen Meinung informiert
       fühlt, kann einfach umschalten oder ein anderes Blatt kaufen. Dass das
       publizistische Produkt nicht neutral ist, ist transparent – anders als bei
       Facebook.
       
       Steckt uns Facebook unbemerkt in Filterblasen, während wir uns in unserer
       Nachrichtenauswahl vom sozialen Empfehlungsstrom leiten lassen, nehmen wir
       von bestimmten Nachrichten unter Umständen gar keine Notiz mehr. Und fühlen
       uns zunehmend bestärkt in unserer eigenen Position – weil Facebooks
       Algorithmus uns mehr und mehr entsprechende Informationen nach oben spült.
       
       Werden wir dann auch noch Gegenstand eines Facebook-Experiments, ohne zu
       wissen, wie unser Nachrichtenstrom frisiert wurde oder dass wir überhaupt
       Teil dieses Experiments sind, ist es noch schwerer, sich zu widersetzen.
       
       4 Nov 2014
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Meike Laaff
       
       ## TAGS
       
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