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       # taz.de -- Kommentar „Brigitte“-Rausschmiss: Zauberwort „betriebsbedingt“
       
       > Gruner + Jahr kündigt Entlassungen in der „Brigitte“-Redaktion an. Das
       > journalistische Niveau soll nicht leiden. Das ist unmöglich.
       
   IMG Bild: „Brigitte“ früher und auch nicht mehr ganz so aktuell. Und in Zukunft?
       
       Ein „House of content“ möchte Gruner + Jahr sein. Wie wichtig der
       Verlagsspitze die Leute sind, die diesen „Content“ produzieren, beweist die
       neueste Nachricht aus dem Haus: Gruner + Jahr entlässt alle
       TextredakteurInnen der Brigitte. Elf der insgesamt 71 Angestellten müssen
       gehen. Von allen Sparplänen, die in den letzten Wochen vom Baumwall
       durchsickerten, ist das der drastischste.
       
       Das interne Papier zu den Kündigungen liest sich wie der blanke Hohn: von
       „modernen Strukturen“ ist da die Rede, von einem „agilen, kreativen und
       flexiblen Kompetenzteam“, das die Zeitschrift in Zukunft „denken und
       produzieren“ soll: Chefredaktion, Chef vom Dienst, geschäftsführende
       Redakteurin, Textchef und Ressort- und Redaktionsleitern. Die Texte werden
       von freien AutorInnen kommen, dadurch komme „Vielfalt und Potenzial von
       außen rein“. Brigitte stehe nach wie vor für „hohes journalistisches
       Niveau, genaue Recherche, hervorragende Texte, relevante Themen,
       Eigen-Produktionen“.
       
       Nichts als leere Floskeln sind das, die die eigentliche Nachricht
       schönfärben: Gruner + Jahr spart genau bei denen, die das Haus am
       dringendsten braucht.
       
       Die Kündigungen seien „betriebsbedingt“ heißt es in dem Papier. Dabei geht
       es besonders der Brigitte gar nicht so schlecht. Nach dem Stern ist sie
       immer noch die zweitwichtigste Publikation des Verlags. Pro Ausgabe
       verkaufte sie sich im dritten Quartal 2014 knapp 550.000 Mal. Das sind zwar
       1,7 Prozent weniger als im Quartal zuvor. Immerhin steigen die Abozahlen
       aber seit knapp einem Jahr wieder.
       
       Mit den Glanzzeiten der 70er Jahre können diese Zahlen natürlich nicht
       mithalten: Damals verkaufte sich die Brigitte rund 1,5 Millionen mal. Harte
       Reportage zu Frauenthemen, Portraits und starke Interview mit Frauen waren
       die Kernkompetenz des Heftes. Die ist in den letzten Jahren immer mehr
       verloren gegangen. Zwischen Modestrecken, Styling- und Kulturtipps, Rezept-
       und Einrichtungsideen findet man kaum noch anspruchsvolle, journalistische
       Texte. Das mag zum Einen daran liegen, dass „Frauenthemen“ längst auch in
       anderen Magazinen stattfinden. Das liegt aber auch daran, dass Brigitte
       selbst mit seinen bisher 71 MitarbeiterInnen nur dünn besetzt war. Schon
       jetzt kommen zwei Drittel der Texte von freien AutorInnen.
       
       Und trotzdem braucht es eine feste Redaktion, die Themen entwickelt, Ideen
       spinnt, Schwerpunkte setzt und an Texten feilt. Das wird das
       „Kompetenzteam“, und mag es noch so „agil“ sein, nicht leisten können. Die
       Kündigung der TextredakteurInnen wird aus dem ehemals wichtigsten
       Frauenmagazin weiter ein Werbeblättchen machen. Ein „House of Content“
       stellen sich viele LeserInnen wohl anders vor.
       
       29 Oct 2014
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Anne Fromm
       
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