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       # taz.de -- Kommentar Wahl in Tunesien: Gewerkschaft bändigt Islamisten
       
       > Tunesien geht weiter unaufgeregt und sicher seinen Weg in Richtung
       > Demokratie. Nicht zuletzt, weil es eine gut artikulierte
       > Zivilgesellschaft hat.
       
   IMG Bild: Stimmberechtigte vor einem Wahllokal in Tunis am 27.10. 2014.
       
       Tunesien bleibt Vorbild. Anders als Ägypten – vom Nachbarn Libyen ganz zu
       schweigen – geht das Geburtsland der Arabellion seinen Weg zur Demokratie
       mit sicherem, ruhigem Schritt. Am Sonntag wählten die Tunesier ihr erstes
       Parlament auf Grundlage der neuen Verfassung. Nach den Wahlen zur
       Verfassungsgebenden Versammlung 2011 waren es die zweiten freien Wahlen im
       nordafrikanischen Land.
       
       Es ist das erste Mal, dass die politische Mehrheit im Lande wechselt,
       friedlich, per Stimmzettel. Die Islamisten von Ennahda, die vor drei Jahren
       stärkste Partei wurden, mussten sich von den Wählern für ihre
       Regierungsarbeit abstrafen lassen. Mit Nidaa Tounes gewann eine säkulare
       Kraft die Wahlen. Ennahda gratuliert artig den Gewinnern, noch bevor das
       vorläufige Wahlergebnis vorliegt.
       
       Tunesien ist anders, nicht zuletzt, weil es eine gut artikulierte
       Zivilgesellschaft hat. Deren Kern bildet – in Zeiten neoliberaler Politik
       mag dies viele verwundern – die mächtige Gewerkschaftszentrale UGTT. Dass
       Tunesien trotz zweier politischer Morde 2013 nicht im Chaos versank, dass
       die damals regierende Ennahda den Regierungspalast einem
       Technokratenkabinet räumte, und dass die neue Verfassung dann zügig
       fertiggestellt wurde, all das geht auf die Arbeit der Gewerkschaft zurück.
       Sie verstand es den notwendigen Druck aufzubauen, um alle politische Kräfte
       zu einem Nationalen Dialog für einen geordneten Übergangs zur Demokratie zu
       bewegen.
       
       Bereits während der Proteste, die schließlich am 14. Januar 2011 zum Sturz
       der Diktatur Ben Alis führte, hatte sich die UGTT schützend hinter die
       demonstrierende Jugend gestellt.
       
       Hinzu kommt eine politische Klasse, die nie ganz vergessen hat, dass unter
       Ben Ali alle gemeinsam von den gleichen Richtern in die gleichen
       Gefängnisse gesteckt wurden. Auch in Zeiten hitzigster Diskussionen – und
       an denen fehlte es in den vergangenen drei Jahren nicht – rissen die
       Kontakte zwischen Islamisten und säkularen Politikern nie völlig ab. Der
       politische Gegner wurde so nur in den seltensten Fällen zum politischen
       Feind. Das ist eine ziemlich gute Grundlage für eine heranwachsende
       Demokratie.
       
       28 Oct 2014
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Reiner Wandler
       
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