URI: 
       # taz.de -- Kommentar Präsidentschaftswahl Brasilien: Das Alte hat verloren
       
       > Dilma Rousseff bleibt Präsidentin von Brasilien, und das ist gut so. Nun
       > kann über Zukunftsperspektiven zumindest weiter gestritten werden.
       
   IMG Bild: Brasiliens Präsidentin Dilma Rousseff wurde wiedergewählt.
       
       Bei dieser Wahl ging es nicht um Wende oder Erneuerung, um sogenannte
       Dritte Wege oder Amtsmüdigkeit. Das haben nur die völlig einseitigen
       Privatmedien herbeigeschrieben. Auch ging es nicht um Korruption, denn alle
       wissen, dass sowohl Rousseffs PT wie die PSDB vom Herausforderer Aécio
       Neves korrupt sind. Es ging auch nicht um Wirtschaftsprobleme, denn beide
       Parteien verfolgen eine recht rücksichtslose Wachstumspolitik, die sich
       kaum für Ökologie oder Menschenrechte interessiert, aber den Unternehmen
       prächtige Bilanzen beschert.
       
       Es ging lediglich um die Wahl zwischen zwei Verteilungsmodellen, die
       Lateinamerika und auch Brasilien zu Genüge kennen: Das Alte, bei dem fast
       alle Staatseinnahmen den Bessergestellten zugute kommen. Oder das Neue, bei
       dem mittels Sozialleistungen die Armen erstmals am Reichtum beteiligt und
       somit Teil der Gesellschaft werden.
       
       Ein Sieg des unternehmerfreundlichen Neves hätte in Sachen Sozialpolitik
       und aufgrund seiner Koalitionspartner auch bei anderen Themen, ein Rollback
       eingeläutet. Zudem hätten andere eher links regierte Staaten des Kontinents
       bald sehr unangenehm zu spüren bekommen, dass sich die Regionalmacht
       Brasilien wieder an den USA und der EU, und nicht mehr an regionaler
       Integration orientiert.
       
       ## Streit um Verteilung
       
       Auch Rousseff ist nicht viel mehr als das kleinere Übel. Aber nichts dient
       der notwendigen Kritik an ihr weniger als ihre Abwahl und Ersetzung durch
       eine Regierung, die einfach nur die Uhren zurückdreht. Dass es auf
       parlamentarischer Ebene noch keine Alternative gibt, hat der Fall Marina
       Silva deutlich gezeigt: Ihre vorbehaltlose Unterstützung für Neves bei der
       Stichwahl hat gezeigt, dass es ihr nicht um ein fortschrittliches Projekt
       ging.
       
       Die Wahl hat aber auch gezeigt, wie ernst der Disput zwischen den beiden
       Verteilungsmodellen ist. Erstmals hat die Rechte versucht, einen richtigen
       Hass auf die PT zu schüren und Rousseff als Gefahr für das Land
       darzustellen. Mit Hilfe der Medien ist das in Teilen der Wählerschaft
       geglückt. Damit rückt Brasilien in Richtung einer gesellschaftlichen
       Spaltung, wie sie aus Venezuela oder Ecuador bekannt ist.
       
       Rousseff und ihr Vorgänger Lula haben stets alles daran gesetzt, einer
       solchen Spaltung vorzubeugen. Statt sich auf ihr Regierungsprogramm zu
       konzentrieren wird Rousseff viel Kraft investieren müssen, um diesem Hass
       den Wind aus den Segeln zu nehmen.
       
       27 Oct 2014
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Andreas Behn
       
       ## TAGS
       
   DIR Brasilien
   DIR Dilma Rousseff
   DIR Aécio Neves
   DIR Präsidentschaftswahl
   DIR Luiz Inácio Lula da Silva
   DIR Marina Silva
   DIR Schwerpunkt Korruption
   DIR Brasilien
   DIR Brasilien
   DIR Brasilien
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Brasiliens Präsidentschaftskandidatin: Marina Silva gibt nicht auf
       
       Zuletzt war es still geworden um Marina Silva. Doch die streitbare Ökologin
       wird nun wieder als Präsidentin kandidieren – zum dritten Mal.
       
   DIR Korruptionsskandal in Brasilien: Der Ölriese und seine „Autowäsche“
       
       Petrobras hat Schmiergelder für die Regierungspartei PT gesammelt. Der
       Vorstand des Staatskonzerns musste gehen. Folgt nun Präsidentin Rousseff?
       
   DIR Oppositionsbündnis in Brasilien: Alle gegen Dilma
       
       Vor der Stichwahl in Brasilien hat sich ein breites Bündnis gegen
       Präsidentin Rousseff gebildet. Unterstützt wird Aécio Neves von der
       Sozialdemokratischen Partei PSDB.
       
   DIR Kommentar Präsidentschaftswahl Brasilien: Die erzkonservativen Medien
       
       Marina Silva war Liebling der Medien, gegen Dilma Rousseff wurde Stimmung
       gemacht. Gewonnen hat die Chefin der Arbeiterpartei dennoch – vorerst.
       
   DIR Kommentar Wahlkampf in Brasilien: Öl und Korruption
       
       Der neueste Korruptionsskandal macht Präsidentin Dilma Rousseff zu
       schaffen. Dabei kann ihr bislang nichts nachgewiesen werden.