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       # taz.de -- Kommentar V-Leute im NSU-Umfeld: Quellenschutz verhindert Quellennutz
       
       > Der Verfassungsschutz will die Aussage eines V-Mannes im NSU-Prozess
       > verhindern. Damit wird das V-Leute-System selbst ad absurdum geführt.
       
   IMG Bild: 14.10.2014: NSU-Prozess in München.
       
       Das NSU-Trio war, vor allem in seiner Frühphase, umgeben von V-Leuten des
       Verfassungsschutzes und wurde trotzdem nie gefasst. Kein Wunder, dass es
       abenteuerliche Spekulationen gab und gibt. Vor allem in rechten Kreisen
       hält man die NSU-Morde für eine Auftragsarbeit des Verfassungsschutzes. Das
       soll offensichtlich die Nazi-Szene entlasten, ist aber sehr
       unwahrscheinlich.
       
       Wenig Hinweise gibt es auch für die These, dass der Verfassungsschutz die
       Nazi-Urheber der Morde kannte und die Polizei trotzdem weiter ihre
       vorurteilsgeladenen Ermittlungen gegen türkische Mafia-Kreise fortführen
       ließ.
       
       Der stichhaltigste Vorwurf gegen den Verfassungsschutz lautet: Er hat
       gewusst oder hätte wissen können, wo sich die drei Neonazis Mundlos,
       Böhnhardt und Zschäpe versteckten. Er wäre dann mitschuldig daran, dass die
       drei Untergetauchten nicht frühzeitig verhaftet wurden und stattdessen ihre
       Mordserie beginnen und fortsetzen konnten.
       
       Ein zentraler V-Mann war Carsten Sz., alias Piatto, der demnächst im
       Münchner NSU-Prozess aussagen soll. An seiner Verpflichtung für staatliche
       Spitzeldienste gab es heftige Kritik, weil er bei einer Nazi-Attacke einen
       Mann fast getötet hatte. Heute wäre so eine Zusammenarbeit nicht mehr
       möglich, heißt es, es gebe neue Richtlinien zur V-Mann-Anwerbung.
       
       Das geht aber völlig am eigentlichen Problem vorbei. Zwar ist es moralisch
       sicher problematisch, wenn der Staat mit Typen wie Carsten Sz. kooperiert.
       Und es wäre sogar kriminell, wenn er bei Ermittlungen gedeckt wurde.
       
       ## Führer und Vorgesetzte als Problem
       
       Aber er war ein nützlicher V-Mann und lieferte wichtige Hinweise auf das
       NSU-Trio – die dann im Verfassungsschutz versandeten. Auch andere V-Leute
       im NSU-Umfeld haben durchaus brauchbare Tipps geliefert. Mit Blick auf das
       NSU-Desaster sind also nicht die V-Leute das Problem, sondern die
       V-Mann-Führer und vor allem ihre Vorgesetzten.
       
       Der Schutz der eigenen Quellen scheint den Geheimdienstlern so wichtig
       gewesen zu sein, dass man die Informationen der Quellen lieber ungenutzt
       ließ. Damit hatte sich das V-Leute-System selbst ad absurdum geführt. Die
       Störmanöver des Verfassungsschutzes, der die Aussage von Carsten Sz. nun
       verhindern oder zumindest behindern will, machen umso neugieriger.
       
       27 Oct 2014
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Christian Rath
       
       ## TAGS
       
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