URI: 
       # taz.de -- Ex-Nationalspieler Friedrich in Indien: „Es wird mitunter vogelwild“
       
       > Ex-Nationalspieler Manuel Friedrich über sein Engagement in Indien, die
       > Bedeutung des Monsunregens und die indische Liebe zur englischen Premier
       > League.
       
   IMG Bild: „Anfangs hatte ich mein eigenes Handtuch dabei“: Manuel Friedrich beim Training seines Klubs Mumbai City FC
       
       taz: Herr Friedrich, Sie spielen für Mumbai City FC in der Indian Super
       League. Was sind Ihre Eindrücke? 
       
       Manuel Friedrich: Indien ist ein riesiges Abenteuer. Das fängt an beim
       Verkehr, der scheinbar gar keine Regeln hat. Dann das Wetter, die
       Luftfeuchtigkeit, die völlig andere Kultur. Es ist alles sehr aufregend und
       spannend.
       
       Sie sprechen das Wetter an. Für einen Fußballer aus Europa sicherlich nicht
       unwichtig. 
       
       Ich muss extrem viel schwitzen. Wenn ich beim Training nur zuschaue, komme
       ich schon ins Schwitzen. Nach wenigen Minuten auf dem Platz hat man zwei
       Liter Schweiß in den Socken.
       
       Wie sieht Ihr Trainingsalltag aus? 
       
       Wir trainieren auf Kunstrasen, dadurch ist die Belastung für die Knie, für
       die Gelenke und für den Rücken höher. Aber wenn wir beim Monsunregen auch
       nur einmal auf Naturrasen trainieren würden, könnte man den Rasen sofort
       wegschmeißen.
       
       Ist die Vorbereitung in Indien mit der in Deutschland zu vergleichen? 
       
       Auf keinen Fall. Würde man unter diesen Umständen, vor allem bei dem
       Wetter, eine normale Vorbereitung durchziehen, hätte man nach spätestens
       drei Tagen etliche Ausfälle. Derzeit trainieren wir einmal am Tag auf dem
       Platz, zudem gibt es Einheiten im Kraftraum und im Pool.
       
       Wie fällt der Vergleich von indischem zu deutschem Fußball aus? 
       
       Das ist schwer einzuschätzen. Ich kann nicht sagen: Das ist auf dem Niveau
       der Zweiten oder der Dritten Liga. Bei dem Wetter kann man nicht das
       gleiche Tempo gehen oder dauernd Pressing spielen. Die meisten Partien
       verlieren nach 50 Minuten an Tempo. Dann wird es mitunter vogelwild.
       Plötzlich rennt einer los, ohne Sinn und Verstand. Er versucht den Ball zu
       erobern, ganz allein, rennt quer über den Platz. Aber das ist klar, der
       Sauerstoffgehalt im Kopf lässt nach.
       
       Welches Verständnis haben die indischen Spieler von Fußball? 
       
       Ihnen fehlt die taktische Schulung. Angefangen beim taktischem Anlaufen,
       über Verlagern des Spiels, über Pressing und Gegenpressing, das Feld
       kompakt zu halten bis hin zum Warten auf den richtigen Moment zum
       Attackieren – das alles haben die Inder schlicht nie gelernt. Kräfte
       einteilen ist auch ein Problem. Viele geben 50 Minuten Vollgas, und die
       restliche Zeit retten sie sich dann ins Ziel.
       
       Was hat sie dazu bewegt, ausgerechnet nach Indien zu wechseln? 
       
       Ich wollte das Abenteuer, sonst hätte ich auch nach Amerika oder Australien
       wechseln können. Außerdem ist hier alles neu: neue Liga, neue Mannschaften.
       Als ich in Indien angekommen bin, gab es den Verein gar nicht. Es gab kein
       Büro, keine Trikots, nicht einmal Trainingsleibchen. Zum Training sind wir
       in Privatklamotten gekommen und haben so gekickt. Ich hatte mein eigenes
       Handtuch dabei.
       
       Wohingegen in Deutschland …? 
       
       … alles gemacht wird: Deine Wäsche wird gewaschen, Schuhe werden geputzt,
       alles wird dir hingelegt. Nach dem Training schmeißt du alles in den
       Wäschekorb, und am nächsten Tag ist es wieder sauber am Platz.
       
       Und jetzt kommen Sie nach Indien und verhelfen den Fußball zum Durchbruch? 
       
       Ganz so wird es wohl nicht sein. Der Ansatz der Liga ist es, das in Jahren
       zu ändern. Das soll jetzt beginnen mit der Super League, mit ausländischen
       Stars und Liveübertragungen im indischen Fernsehen.
       
       Wird Fußball den Kricket überholen? 
       
       Na ja, Fußball ist hier Sportart Nummer drei oder vier. Aber es ist nicht
       so, dass man in Indien Fußball nicht kennt. An manchen Ecken in den Parks
       sieht man auch Kinder Fußball spielen. Die Inder haben nicht nur Kricket im
       Kopf, sondern hier wird auch viel Fußball geschaut. Häufig wird die
       englische Premier League gesehen. Das müssen wir auf jeden Fall ändern.
       
       29 Oct 2014
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Michael Radunski
       
       ## TAGS
       
   DIR Indien
   DIR Fußball
   DIR Kolumne Über den Ball und die Welt
   DIR Kolumne Über den Ball und die Welt
   DIR Indien
   DIR Fußball
   DIR Indien
   DIR Ice Bucket Challenge
   DIR FC Bayern München
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Wie Indien Fußballmacht werden will: Visionen von gestern
       
       Indien möchte zu den besten vier asiatischen Fußballnationen zählen. Mit
       „Vision 2047“ gibt es auch einen Plan dafür – und ein Problem.
       
   DIR Indiens historischer Fußballerfolg: Pokalsieg gegen den Imperialismus
       
       1911 gewann der Mohun Bagan AC gegen eine britische Kololnialistenelf den
       Landespokal. Es ist bis heute der größte Erfolg des indischen Fußballs.
       
   DIR Kolumne Über Ball und die Welt: Südasienmeister? Na und?
       
       Die U17-Weltmeisterschaft in Indien ist nur der Anfang. Auch an eine
       Fußball-WM auf dem Subkontinent wird schon gedacht.
       
   DIR Frauen-WM auf Kunstrasen: „Das ist wie Beton“
       
       Die Fußball-WM der Frauen in Kanada wird auf Kunstrasen gespielt. Die Fifa
       ignoriert die Proteste. Das wäre bei den Männern undenkbar.
       
   DIR Profi-Fußball in Indien: Ein neuer Markt für den Fußball
       
       Mit Stars wie Anelka und Del Piero startet die indische Super League. Klubs
       wie Inter Mailand geben Geld. Und Fans? Gibt es auch.
       
   DIR Die Woche: Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?
       
       Kiffer Cem macht die Ice-Bucket-Challenge, Genosse Wowi hat Flugverbot und
       die Union „bemautet“. Außerdem sollten alle die Bibel lesen.
       
   DIR Fußball-Bundesliga, 20. Spieltag: HSV mit neuem Niederlagenrekord
       
       Das 0:3 gegen Hertha BSC war die sechste Pleite in Folge für die Hamburger.
       Noch höher verlor am Nachmittag Werder Bremen. Frankfurt und Wolfsburg
       schafften wichtige Siege.