# taz.de -- Geheime Übung von Bund und Ländern: Nicht bereit für den Super-GAU
> Behörden haben einen schweren Reaktorunfall in Deutschland simuliert. Das
> Katastrophenmanagement ist gründlich schiefgegangen, zeigt eine
> taz-Recherche.
IMG Bild: Die Warnung vor der radioaktiven Wolke kam mit bis zu fünf Stunden Verspätung.
BERLIN taz | Deutschland ist nur unzureichend auf einen atomaren Super-GAU
vorbereitet. Wie die taz.am wochenende unter Berufung auf interne
Ministeriums-Akten berichtet, traten bei einer geheimen Übung der
Krisenstäbe von Bund und Ländern eklatante Mängel zutage.
Nach einer simulierten Atom-Katastrophe im AKW Emsland wurde die
Bevölkerung erst zu einem Zeitpunkt gewarnt, zu dem die radioaktive Wolke
bereits Millionen Menschen erreicht hätte. „Die Empfehlung, Fenster und
Außentüren geschlossen zu halten, kam für einige Regionen fünf Stunden zu
spät“, [1][heißt es in einem Auswertungsbericht].
In stundenlangen Telefonkonferenzen stritten die mehr als 200 beteiligten
Beamten über Zuständigkeiten von Bund und Ländern, dabei „mangelte es an
Disziplin bei den Teilnehmern“, wie [2][später festgehalten wurde]. [3][Im
Ernstfall drohten] wegen des Kompetenzgerangels „unabsehbare Konsequenzen“.
Bei einem Nachbereitungstreffen von Bund und Ländern [4][wurde
festgehalten]: „Zusammenfassend besteht die Sorge, dass die zuständigen
Behörden aufgrund dieser rechtlichen Unklarheiten derzeit nicht
handlungsfähig sind.“
Das Bundesumweltministerium [5][sagte daraufhin zu], sich für eine
Gesetzesänderung einzusetzen: „Die Forderung nach Anpassung des
Strahlenschutzvorsorgegesetzes wurde durch das Referat aufgegriffen.“ Zu
einer solchen Gesetzesänderung ist es allerdings bis heute - ein Jahr nach
der Übung - nicht gekommen.
Die als Bund-Länder-Kommunikationsübung bezeichnete Super-GAU-Simulation
fand nach sechs Monaten Vorbereitung am 17. September 2013 statt. Sie
beschränkte sich darauf, wer wann welche Entscheidungen trifft und wann
welche Informationen weitergegeben werden. Die Umsetzung der
Katastrophenschutz-Maßnahmen wurde nicht geübt. Die taz veröffentlicht mehr
als 1.000 Seiten mit internen Akten zur Super-GAU-Übung und mehrere
thematische Zusammenfassungen.
Das Protokoll „Was am Tag X passiert“ und weitere Materialien zur Recherche
[6][können Sie im taz-Rechercheblog nachlesen].
Die Titelgeschichte „Auslegungsüberschreitender Kühlmittelverluststörfall“
lesen Sie in der taz.am wochenende vom 25./26. Oktober.
24 Oct 2014
## LINKS
DIR [1] http://www.documentcloud.org/documents/1306783-gau-bund-plus-2.html#document/p20/a181968
DIR [2] http://www.documentcloud.org/documents/1306783-gau-bund-plus-2.html#document/p19/a181886
DIR [3] http://www.documentcloud.org/documents/1306783-gau-bund-plus-2.html#document/p40/a181875
DIR [4] http://www.documentcloud.org/documents/1306752-gau-berlin-plus-7.html#document/p711/a183907
DIR [5] http://www.documentcloud.org/documents/1306752-gau-berlin-plus-7.html#document/p615/a182936
DIR [6] http://blogs.taz.de/rechercheblog/2014/10/24/der-super-gau/
## AUTOREN
DIR Sebastian Heiser
## TAGS
DIR Atomkraftwerk
DIR Störfall
DIR Radioaktivität
DIR Strahlenschutz
DIR Katastrophenschutz
DIR Schwerpunkt Atomkraft
DIR Fukushima
DIR Tschernobyl
DIR Schwerpunkt Atomkraft
DIR Japan
DIR Atomenergie
## ARTIKEL ZUM THEMA
DIR Zwischenlager: Problem bis ins 22. Jahrhundert: Die Risiken des Auslaufmodells Atomkraft
Terroranschläge, Unfälle, Hochwasser – der Umweltverband BUND
veröffentlicht ein Gutachten über die Gefahr, die von den Atomkraftwerken
ausgeht.
DIR Atomruine in Fukushima: Tepco bereitet Reaktorabriss vor
Der Atombetreiber plant den Rückbau eines der defekten Reaktoren in
Fukushima. Probleme machen auch die Massen an radioaktiv verseuchtem
Wasser.
DIR Atomruine in Tschernobyl: Kein Geld mehr für den Sarkophag
Über eine halbe Milliarde Euro fehlen für die längerfristige Sicherung des
Katastrophenkraftwerks. Die G7-Staaten suchen nach einer Lösung.
DIR Folgekosten von Atomkraft: Wo ist die Kohle?
Die Bundesländer fordern Klarheit: Wer zahlt den Abbau eines AKW, wenn der
Betreiber pleite ist? Was passiert, wenn sich ein Konzern verweigert?
DIR Drei Jahre nach Fukushima: Angst vor einem neuen „Unfall“
Japans Ex-Regierungschef Kan warnt vor einer erneuten Atomkatastrophe. Die
Sicherheitsmaßnahmen im Land seien nach wie vor „nicht ausreichend“.
DIR Jahrestagung Kerntechnik: Es könnte alles so schön sein
Auf dem Atomlobby-Forum spricht die Branche viel von Chancen.
Arbeitsplätzen. Wissen. Solchen Sachen. Aber gibt es nicht noch ein Monster
im Keller?