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       # taz.de -- Luxemburg scheint baggern zu lassen: Große Schiffe auf tiefen Flüssen
       
       > Der Europäische Gerichtshof signalisiert grünes Licht für die Vertiefung
       > von Weser und Elbe für Riesen-Containerfrachter.
       
   IMG Bild: Bald noch größer im noch tieferen Fluss: Containerschiff auf der Weser.
       
       HAMBURG taz | Der Weg für die größten Containerschiffe nach Bremerhaven und
       auch Hamburg wird voraussichtlich freigemacht. Das ist die Essenz aus dem
       Schlussantrag des finnischen Generalanwalts Niilo Jääskinen am Donnerstag
       vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg.
       
       Die Ausbaggerung der Weser sei „unter strengen Auflagen“ zu erlauben, sagte
       Jääskinen in seinem Plädoyer. Die EU-Regeln zum Gewässerschutz seien
       „streng auszulegen“, deshalb müssten Projekte, die den Zustand von
       Gewässern verschlechtern können, „in jedem Einzelfall durch gute Gründe
       gerechtfertigt werden“. Dazu zähle vor allem ein „übergeordnetes
       öffentliches Interesse“ sowie das Fehlen von Alternativen.
       
       Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) in Leipzig hatte voriges Jahr das
       Verfahren über die Weservertiefung ausgesetzt und dem EuGH konkrete Fragen
       zur Auslegung der EU-Wasserrahmenrichtlinie vorgelegt. Diese untersagt
       bauliche Maßnahmen, die zu einer Verschlechterung des ökologischen
       Zustandes eines Gewässers führen können – es sei denn, es gibt
       übergeordnete ökonomische und gesellschaftliche Interessen. Eben deshalb
       bemüht Hamburgs Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) das pathetische Wort
       „Schicksalsfrage“. Von der Elbvertiefung hinge „der Wohlstand Hamburgs und
       des ganzen Nordens“ ab.
       
       Denn von der Entscheidung des EuGH zur Weser, mit der Anfang nächsten
       Jahres zu rechnen ist, hängen auch die Pläne zur Ausbaggerung der Elbe ab.
       Am 2. Oktober hatte das BVerwG auch dieses Verfahren gestoppt, um die
       Auskunft aus Luxemburg abzuwarten. Denn die Auslegung von EU-Recht durch
       das höchste Gericht der Europäischen Union ist verbindlich.
       
       Die rund 65 Kilometer lange Außenweser soll um mehr als einen Meter
       ausgebaggert werden, damit Containerschiffe mit einem Tiefgang bis 13,80
       Meter Deutschlands zweitgrößten Hafen Bremerhaven unabhängig von Ebbe und
       Flut erreichen können. Auch bis zum 57 Kilometer entfernten Bremen soll der
       Fluss vertieft werden. Die Kosten wurden im Jahr 2000 mit rund 50 Millionen
       Euro angegeben.
       
       Hamburg will die Elbe von der Nordsee bis zum Hafen auf rund 136 Kilometer
       Länge für Containerschiffe mit einem Tiefgang von 13,50 Meter ausbaggern
       lassen. Mit der Tide sollen sogar Riesen-Frachter mit einem Tiefgang von
       14,50 Meter den Hafen erreichen können. Die Kostenschätzung beläuft sich
       inzwischen auf mehr als 700 Millionen Euro.
       
       In den meisten Fällen folgt der Europäische Gerichtshof den Empfehlungen
       seines Generalanwalts. Wie exakt er es im vorliegenden Fall tun wird, ist
       noch offen. Das wahrscheinliche Ergebnis dürfte sein, dass eine besonders
       strenge Auslegung der Wasserrahmenrichtlinie für die Zukunft als
       verbindlich definiert wird. In der Konsequenz würden die aktuellen Pläne
       für die Vertiefung von Weser und Elbe im Grundsatz letztmalig akzeptiert,
       aber mit zusätzlichen ökologischen Auflagen versehen, um die
       Verschlechterung der Wasserqualität in Grenzen zu halten.
       
       So hatte schon das Bundesverwaltungsgericht vor drei Wochen bei der
       Aussetzung des Elbe-Verfahrens zwar zahlreiche Verstöße der Planungen gegen
       Gewässer- und Artenschutz gerügt. Zugleich hatte es erklärt, dass diese
       „weder einzeln noch in ihrer Summe zur Aufhebung der Beschlüsse führen“
       würden. Auch Kläger Manfred Braasch, Hamburger Geschäftsführer der
       Umweltschutzorganisation BUND, hatte eingeräumt, das es nach Auffassung des
       Gerichts den Planern „theoretisch möglich ist, diese Mängel zu beheben“.
       
       Ähnlich äußerte sich am Donnerstag der Bremer BUND-Geschäftsführer Martin
       Rode, Kläger gegen die Weservertiefung. Nach dem Plädoyer von Jääskinen
       müssten Politik und Wirtschaft „dem Gewässerschutz zukünftig wesentlich
       größere Beachtung schenken“. Wann diese Zukunft beginnt, entscheiden EuGH
       und BVerwG im nächsten Jahr. Mit großer Wahrscheinlichkeit gibt es in
       dieser Zukunft Riesenfrachter auf tiefen Flüssen.
       
       23 Oct 2014
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Sven-Michael Veit
       
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