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       # taz.de -- Verfassungsbeschwerde zurückgezogen: BND muss sich nicht sorgen
       
       > Der Anwalt Niko Härting hat seine Verfassungsbeschwerde gegen
       > nachrichtendienstliche Massenüberwachung teils zu spät eingereicht.
       
   IMG Bild: Der BND mus sich vorerst für die Überwachung des Email-Verkehrs nicht verantworten.
       
       KARLSRUHE taz | Das Bundesverfassungsgericht kann nicht über die
       strategische Fernmeldekontrolle des BND entscheiden. Der Berliner Anwalt
       Niko Härting hat seine Verfassungsbeschwerde teilweise zu spät eingereicht
       und inzwischen zurückgezogen.
       
       Spätestens seit 1968 überwacht der Bundesnachrichtendienst (BND) den
       Telefonverkehr von und nach Deutschland. Seit 2001 wird auch der
       E-Mail-Verkehr gescannt. Dabei werden anhand von E-Mail-Adressen,
       Telefonnummern und inhaltlicher Suchbegriffe bestimmte Nachrichten
       ausgefiltert. Darin sucht der BND dann Hinweise auf Terrorismus, unerlaubte
       Rüstungsexporte und die illegale Einschleusung von Ausländern.
       
       Das Verfahren nennt sich strategische Fernmeldekontrolle und ist im
       G-10-Gesetz geregelt – benannt nach dem Grundgesetzartikel 10, der das
       Fernmeldegeheimnis schützt.
       
       Als bekannt wurde, dass der BND im Jahr 2010 rund 37 Millionen E-Mails als
       vermeintliche Treffer überprüfte, von denen am Ende aber nur zwölf
       „nachrichtendienstlich“ relevant waren, klagte der Berliner Anwalt und
       Datenschutzexperte Niko Härting. Diese anlasslose Massenüberwachung sei
       „völlig unverhältnismäßig“, kritisierte er.
       
       Im Mai 2014 beschäftigte sich das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig in
       einem viel beachteten Prozess mit Härtings Klage. Rund sieben Stunden
       fühlten die Richter dem BND auf den Zahn, kamen am Ende aber zum
       überraschenden Schluss, dass Härtings Klage unzulässig sei. Er habe nicht
       bewiesen, dass auch E-Mails seiner Kanzlei vom BND überprüft wurden.
       
       Gegen diese Rechtsschutzverweigerung legte Härting Verfassungsbeschwerde
       beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe ein. Da die Überwachung heimlich
       ablaufe, könne von ihm nicht verlangt werden, eine persönliche
       Betroffenheit zu beweisen.
       
       ## Die Anlagen kamen zu spät
       
       Die Verfassungsbeschwerde galt als durchaus aussichtsreich. Allerdings hat
       Härting seine Verfassungsklage inzwischen zurückgezogen. Was war passiert?
       Härting hatte die Beschwerde zwar kurz vor Fristablauf nach Karlsruhe
       gefaxt. Die Anlagen, zum Beispiel das angegriffene Urteil, kamen aber
       später per Post.
       
       Dem Verfassungsgericht genügt es nicht, dass Härting das Urteil ausgiebig
       zitiert hatte, die Beschwerde sei deshalb unzulässig, wurde dem Anwalt
       signalisiert. Also nahm der konsternierte Anwalt seine Klage wieder zurück.
       Der BND muss sich also keine Sorgen mehr machen.
       
       Härting tröstet sich nun damit, dass die Verfassungsbeschwerde doch eher
       rückwärtsgewandt gewesen sei. „Hätte ich in Karlsruhe gewonnen, dann hätte
       das Bundesverwaltungsgericht über die BND-Überwachung im Jahr 2010
       entscheiden müssen.“
       
       Er wolle sich nun lieber mit neuen Erkenntnissen über die BND-Überwachung
       beschäftigen. So sei im NSA-Untersuchungsausschuss die Datei „VERAS“
       (Verkehrsanalysesystem) bekannt geworden, bei der Millionen Verkehrsdaten
       (wer kommuniziert wann mit wem wie lange) gespeichert sind. „Dabei werden
       Kontakte bis in die fünfte Ebene erfasst: Ist jemand der Bekannte eines
       Bekannten eines Bekannten eines Mandaten eines Rechtsanwalts?“ Anwalt
       Härting bereitet jetzt eine neue Klage vor.
       
       21 Oct 2014
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Christian Rath
       
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