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       # taz.de -- Flüchtlinge: Nicht neben meiner Tür
       
       > Anwohner klagen gegen den Bau einer Flüchtlingsunterkunft in
       > Harvestehude. Die Behörden geben sich dennoch zuversichtlich.
       
   IMG Bild: Spaltet Harvestehude: das geplante Flüchtlingsheim im ehemaligen Kreiswehrersatzamt.
       
       HAMBURG taz | In Harvestehude klagen Anwohner gegen die geplante
       Flüchtlingsunterkunft an der Sophienterrasse. Laut NDR haben sie drei
       Klagen gegen die Baugenehmigung beim Hamburger Verwaltungsgericht
       eingereicht. Das Bezirksamt Eimsbüttel will in einem ehemaligen
       Kreiswehrersatzamt etwa 220 Flüchtlinge unterbringen, der Umbau soll bis
       Ende des Jahres fertig sein.
       
       Der Sprecher des Bezirksamts Eimsbüttel, Elmar Schleif, zeigte sich
       optimistisch, dass es trotz der Klagen dabei bleiben wird. „Wir gehen davon
       aus, dass die Baugenehmigung Bestand haben wird“, sagte er. Geklagt hätten
       „Personen aus dem näheren Umfeld vor Ort“.
       
       Dass die Pläne für eine Flüchtlingsunterkunft in Harvestehude ein
       unterschiedliches Echo fanden, hatte sich auf einer
       Informationsveranstaltung des Bezirks gezeigt. Zwar hatte eine Mehrheit
       Bezirksamtsleiter Torsten Sevecke (SPD) unterstützt, der die Umbaukosten
       von fünf Millionen „überschaubar“ und gut investiert nannte. Kritiker
       hatten eingewandt, dass der Stadtteil für Flüchtlinge als Umfeld ungeeignet
       sei und mit den Mitteln an anderer Stelle mehr Unterkünfte geschaffen
       werden könnten.
       
       Gegenüber der taz erneuerte der Harvestehuder Markus Wegner, ehemals
       Mitglied der Statt-Partei und der AfD, die Kritik, die er bereits auf der
       Informationsversammlung geäußert hatte. Er sei nicht grundsätzlich gegen
       Flüchtlingsheime an irgendeinem Standort, man könne jedoch mit den 20
       Millionen Euro für 220 Flüchtlinge in Harvestehude deutlich mehr
       Flüchtlinge an anderen Standorten unterbringen. Hier würden 100.000 Euro
       pro Flüchtling ausgegeben, im Durchschnitt seien es weniger als 30.000
       Euro.
       
       Zudem stelle er sich die Frage, „ob der Ort der geeignete“ sei. Es gebe im
       Umfeld keinen Supermarkt, kein Café und in der Schule vor Ort
       Flüchtlingskinder zu integrieren, hieße, Extreme miteinander zu mischen.
       
       In der Sozialbehörde hält man von dieser Kostenrechnung wenig. Das
       ehemalige Kreiswehrersatzamt, so sagt Behördensprecher Marcel Schweitzer,
       habe nicht die Sozial, sondern die Finanzbehörde gekauft. Zudem läge der
       Kaufpreis bei elf Millionen, die Umbaukosten beliefen sich auf vier
       Millionen.
       
       Jenseits dessen müsse die Rechnung ohnehin anders gestellt werden. Der
       Kostensatz bei angemieteten Flüchtlingsunterkünften liege pro Platz und Tag
       bei 13 Euro, pro Jahr seien das 4.745 Euro. Dieses Geld überweise die
       Sozialbehörde dem Betreiber der Unterkunft, Fördern und Wohnen, der davon
       Miete, Instandhaltung und Betreuung bezahlen müsse.
       
       Welcher Bezirk wie viele Flüchtlinge aufnimmt, unterliegt keinem festen
       Schlüssel, sondern wird in einer Lenkungsgruppe ausgehandelt. Bislang gibt
       es durchaus Ungleichgewichte bei der Verteilung, ärmere Bezirke wie
       Bergedorf und Hamburg Mitte nehmen fast doppelt so viele Flüchtlinge auf
       wie etwa das betuchtere Eimsbüttel oder Wandsbek.
       
       Wann über die Klagen der Anwohner in Harvestehude entschieden wird, ist
       bislang unklar. Die Anwältin und Harvestehuderin Hendrikje
       Blandow-Schlegel, die den Verein „Flüchtlingshilfe Harvestehude“ gegründet
       hat, kann den Klagen sogar etwas abgewinnen. „Wir sind da völlig
       entspannt“, sagt sie. „Vielleicht schafft es Klarheit für alle Anwohner.“
       Der Verein habe nach wie vor großen Zulauf, inzwischen seien es 70
       Mitglieder und viele Unterstützer.
       
       In der Sozialbehörde zeigt man sich nahezu kämpferisch, obwohl oder weil
       man in der Vergangenheit vor Gericht bei Anwohnerklagen unterlegen ist, so
       etwa 2013 in Lokstedt. „Wir bauen weiter, bis das Gericht es uns
       verbietet“, sagt Marcel Schweitzer. „Damit können Sie mich ruhig zitieren.“
       
       20 Oct 2014
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Friederike Gräff
       
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