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       # taz.de -- „Good Morning Karachi“ im ZDF: Kein Sozialkitsch
       
       > Regisseurin Sabiha Sumar hat sich davor gehütet, aus der Emanzipation der
       > jungen Pakistanerin Rafina ein zweites „Slumdog Millionär“ zu machen.
       
   IMG Bild: Rosie (Beo Raana Zafar, r.) unterstützt Rafina (Amna Ilyas): Sie hat ihr einen Job im Schönheitssalon verschafft.
       
       „Du brauchst einen Mann und Kinder. Dafür sind Frauen da.“ Hierzulande wäre
       man mit so einer Aussage links der bayerischen Herdprämien-Partei natürlich
       nicht satisfaktionsfähig. „Das kleine Fernsehspiel“ hat aber ein Herz für
       das Weltkino.
       
       Der Film „Good Morning Karachi“ spielt 2007, im Jahr der Ermordung der
       gerade aus dem Exil zurückgekehrten Benazir Bhutto. Und dort, im
       pakistanischen Karatschi, findet ein auf vielen Feldern ausgetragener
       Kulturkampf statt. Zum Beispiel um die Sprache. Die einfachen Leute
       sprechen Urdu. Eine hedonistische, westlich orientierte Oberschicht
       unterhält sich auf Englisch. Durch Verzicht auf die Synchronisation wird
       diese Trennlinie nicht verwischt.
       
       Die Mutter der schönen, jungen Rafina (Amna Ilyas) meint also, dass diese
       einen Mann brauche und Kinder, weil Frauen dafür da seien. Rafina aber
       sieht die überlebensgroßen Plakatwände überall in Karatschi und will genau
       dahin. Das heißt: da drauf. Sie sieht sich als Model. „Ich werde sein wie
       die Frauen in Paris, New York und London. Mit meinem eigenen kleinen
       Apartment, meinem eigenen Leben.“
       
       Der Kompromiss läuft auf die Verlobung mit dem netten Nachbarsjungen Arif
       hinaus. Der entpuppt sich als fanatischer Anhänger von Urdu, Bhutto,
       Familie und Kopftuch. Dass seine künftige Ehefrau arbeitet, kommt nicht
       infrage. Der Konflikt spitzt sich zu. Rafina macht Model-Karriere. Arif
       wird von Schergen Musharrafs verschleppt.
       
       Auf der einen Seite eine abstoßend überhebliche Jugend, eine Jeunesse
       dorée, und auf der anderen die hassverzerrten Gesichter der Demonstranten:
       „Nieder mit den amerikanischen Huren!“, skandieren sie. Kaum steht die
       Plakatwand mit Rafinas Konterfei, wird sie auch schon verbrannt. Es ist
       kein allzu positives Bild, das Regisseurin Sabiha Sumar von ihrem Land
       zeichnet. Kein „Slumdog Millionär“-Sozialkitsch.
       
       20 Oct 2014
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Jens Müller
       
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