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       # taz.de -- Innenminister zu Dschihadisten: Bei Verdacht Personalausweis weg
       
       > Potenzielle Dschihad-Touristen sollen einen Ersatzausweis erhalten, um
       > nicht ausreisen zu können. Ein Salafist wird in die Türkei abgeschoben.
       
   IMG Bild: Diese betenden Salafisten stehen wohl bald ohne Papiere da. Oder sie werden abgeschoben. Oder beides.
       
       BERLIN taz | Um radikalen Islamisten die Ausreise in Kriegsgebiete zu
       erschweren, soll Verdächtigen künftig auch der Personalausweis entzogen
       werden können. Darauf habe man sich jetzt verständigt, gab
       Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) nach einer Sonderkonferenz der
       Innenminister von Bund und Ländern am Freitag in Berlin bekannt.
       
       Die Verdächtigen bekämen ein vorläufiges Ersatzpapier ausgestellt, um sich
       weiterhin ausweisen zu können. Dieses Dokument berechtige aber nicht zur
       Ausreise. Es könnte das gleiche Papier sein, das Deutsche als Ersatz
       erhalten, wenn sie etwa im Ausland ihren Personalausweis verloren haben.
       
       De Maizière sprach von einem „Grundrechte schonenden und effektiven Mittel“
       und einem „vollen Schulterschluss“ zwischen Bund und Ländern. Diese
       verständigten sich auch darauf, den Informationsaustausch der Behörden zu
       verstärken, um Reisepläne radikaler Islamisten früh zu erkennen.
       
       Bisher sollen sich bis zu 450 Menschen aus Deutschland den Milizen
       angeschlossen haben, die in Syrien und Irak für den sogenannten Islamischen
       Staat (IS) kämpfen. Die nötigen Gesetzesänderungen werde der Bund
       „unverzüglich vorlegen“, so de Maizière. Nur der Bundesrat müsse dann noch
       zustimmen.
       
       ## Auch Kurden betroffen
       
       „Wir wollen nicht, dass der Terrorismus von Deutschland aus exportiert
       wird“, betonte der Innenminister. Ebenso solle verhindert werden, dass
       radikalisierte Islamisten aus Kriegsgebieten nach Deutschland zurückkehrten
       und hier Anschläge verübten. Dafür müssten die Verdächtigen aber auch an
       den EU-Außengrenzen erkannt werden.
       
       Auch die Ausreise von jungen Kurden, die sich im Nordirak oder in Syrien
       dem Kampf gegen den IS anschließen wollen, will der Bundesinnenminister mit
       diesen Maßnahmen verhindern. „Das ist zumindest meine Überzeugung“, sagte
       de Maizière. Bundesbürgern den Reisepass zu entziehen, die im Verdacht
       stehen, entsprechende Reisepläne zu hegen, ist bereits möglich. Für Reisen
       etwa in die Türkei, die an Syrien und den Irak grenzt, reicht aber der
       Personalausweis aus. De Maizières ursprüngliche Idee, den Ausweis bei
       Dschihadismusverdacht zu markieren, scheint indes vom Tisch.
       
       Ralf Jäger (SPD), der Vorsitzende der Innenministerkonferenz, hob die von
       Bund und Ländern geplante „Doppelstrategie“ von Repression und Prävention
       bei der Bekämpfung des islamistischen Terrors hervor. Bestehende Projekte
       zur Prävention sollen „fortentwickelt und finanziell unterlegt“ werden,
       heißt es in einem gemeinsamen Positionspapier der Innenminister. Außerdem
       soll es mehr Aufklärungsangebote im Netz geben, um die radikalsalafistische
       Propaganda zu kontern.
       
       ## Abschiebung in die Türkei
       
       Das Bundesland Bayern hat indessen den 22-jährigen Salafisten Erhan A. in
       die Türkei abgeschoben. Der gebürtige Allgäuer, der einen türkischen Pass
       besitzt, hatte in einem Interview mit dem Magazin der Süddeutschen Zeitung,
       das vor zwei Wochen erschien, seine Sympathien mit der Terrormiliz
       Islamischer Staat bekundet, die Enthauptung von Journalisten gerechtfertigt
       und gesagt, er würde sogar seine Familie umbringen, wenn sie sich gegen den
       IS stelle. Daraufhin wurde er in Abschiebehaft genommen. Sein Anwalt
       Michael Murat Sertsöz sagte Focus Online, sein Mandant sei weder
       vorbestraft, noch habe er sich irgendwelcher Verbrechen schuldig gemacht,
       und nannte die Abschiebung eine rechtswidrige „ungeheuerliche
       Nacht-und-Nebel-Aktion“.
       
       Auch Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius, der in der Konferenz die
       SPD-regierten Bundesländer vertritt, machte deutlich, dass er die
       Entscheidung Bayerns kritisch sieht. „Für uns steht im Vordergrund, die
       Ausreise zu verhindern.“ Zwischen deutschen Staatsbürgern und solchen zu
       unterscheiden, die eine zweite Staatsbürgerschaft besitzen, mache
       „sicherheitspolitisch keinen Sinn“.
       
       17 Oct 2014
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Daniel Bax
       
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